Hochwasser: Die letzten Jahrzehnte gehörten zu den schlimmsten
Österreichische Wissenschaftler haben in einer Fleißarbeit Daten über europäische Flusshochwasser der letzten 500 Jahre zusammen getragen
Die zurückliegenden drei Jahrzehnte gehören in Sachen Hochwasser für West- und Mitteleuropa zu den schlimmsten innerhalb der letzten 500 Jahre. Das berichtet der New Scientist unter Berufung auf Günther Blöschel von der Technischen Universität in Wien.
Dieser hat mit seinen vielköpfigen Team alte Akten, Kirchenchroniken, Gerichtsunterlagen und ähnliches gewälzt, um Näheres über die Hochwasser vergangener Jahrhunderte herauszufinden. Aus Zeiten also, in denen noch keine standardisierten Pegelmessungen durchgeführt wurden.
In mehr als sieben Jahren wurde so eine Datenbank aufgebaut, in der für 103 europäische Ströme und Flüsse alle dokumentierten Hochwasser seit dem Jahre 1500 aufgeführt sind. Von denen wurden 9.576 als bemerkenswert, groß oder außerordentlich klassifiziert. Die Arbeit wurde dieser Tage im renommierten naturwissenschaftlichen Fachmagazin Nature veröffentlicht.
Die Periode mit den meisten Hochwassern entlang der Flüsse waren die Jahre 1760 bis 1800, danach kommen die Jahre 1840 bis 1880 und dann die Jahre 1990 bis 2016. Die Jahrzehnte ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts bis 1990 waren hingegen relativ arm an Hochwassern gewesen. Daher seien viele von der Häufung und der Höhe der Überschwemmungen überrascht worden. Die Menschen hätten keine Erinnerung mehr gehabt, wie häufig und wie hoch die Fluten auflaufen können, wird Blöschel vom New Scientist zitiert.
Hochwasser inzwischen häufiger im Sommer
Die jüngste Periode unterscheidet sich von den vorhergehenden insofern, als diese in Phasen kälteren Klimas auftraten. Die jüngste Häufung von Überschwemmungen an den Flüssen ereignete sich hingegen in einem deutlich wärmeren Klima. Außerdem treten die Hochwasser inzwischen häufiger im Sommer auf. Mit 55 Prozent waren es zwischen 1990 und 2016 mehr als die Hälfte. In den oben genannten Perioden hingegen nur 41 und 42 Prozent.
Bereits im September 2019 hatte Emanuele Bevacqua, Meteorologe an der Universität im britischen Reading, gemeinsam mit Kollegen in einer Arbeit darauf hingewiesen, dass die niedrig gelegenen Küsten Großbritanniens, Nordfrankreichs und an der östlichen Nordsee einer doppelten Bedrohung entgegensehen.
Nicht nur, dass der mittlere Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts im globalen Mittel um bis zu einen Meter steigen könnte. Sie müssten auch mit vermehrten Hochwassern an den Unterläufen der Flüsse aufgrund von Starkniederschlägen rechnen und es bestehe ein erhöhtes Risiko, dass diese zusammen mit Sturmfluten auftreten.
Ein Zusammentreffen von Sturmfluten und Starkniederschlägen ist besonders verheerend, weil das Wasser sich bei einer Sturmflut ohnehin in den Flüssen zurückstaut. Schon ohne besonders starke Regenfälle kann es vorkommen, dass die Flüsse nahe dem Meer über die Ufer treten, weil das Wasser aufgrund einer über mehrer Tage anhaltenden Sturmflut nicht abfließen kann.