Japan: Premierminister zündelt
Shinzo Abe provoziert mit seinem Besuch im umstrittenen Schrein seine Nachbarn und irritiert seine Schutzmacht
Japans Premierminister, Shinzo Abe, hat am 26. Dezember den Yasukuni-Schrein besucht und damit empörte Kommentare der Regierungen in Beijing (Peking), Taipeh und Seoul provoziert. In dem shintoistischen Heiligtum werden 2,5 Millionen gefallene Soldaten verehrt, die vor allem in Japans Kolonial- und Eroberungskriegen seit 1874 ihr Leben verloren. Unter ihnen sind auch 14 hochrangige Kriegsverbrecher, die 1948 von einem Gericht der Allierten zum Tode verurteilt worden waren.
Taiwans Außenminister David Lin bezeichnete den im japanischen Fernsehen übertragenen Schrein-Besuch als unverzeihlich: "Wir hoffen, Japan kann den historischen Tatsachen ins Auge sehen und alle Handlungen unterlassen, die die Gefühle seiner Nachbarn verletzen." Taiwan wurde 1895 von Japan erobert und bis 1945 besetzt.
Lins volksrepublikanischer Kollege in Beijing, Wang Yi, bestellte den japanischen Botschafter ein und teilte diesem mit, dass "Japan die volle Vernatwortung für die ernsten politischen Konsequenzen tragen muss". Yang Jiechi, im chinesischen Staatsrat für außenpolitische Fragen zuständig, bezeichnete Abes Handlung als einen Affront für alle Länder, die unter japanischer Aggression und Kolonialherrschaft zu leiden hatten. Abe treibe Japan auf einen gefährlichen Weg, der die fundamentalen Interessen aller Länder einschließlich seines eigenen gefährde.
Das südkoreanische Verteidigungsministerium kündigte unterdessen an, dass es angesichts des Verhaltens des japanischen Premierministers keine weitere militärische Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern geben könne. Als symbolischer Ausdruck dessen werde eine im Südsudan als UN-Truppe stationierte koreanische Einheit Munition an ihre japanischen Kollegen zurück geben, die sie von diesen ausgeliehen hatte. Im vergangenen Jahr hatten die Regierungen in Seoul und Tokio erstmals ein Abkommen über militärische Zusammenarbeit ausgearbeitet. Allerdings sorgte das in der südkoreanischen Öffentlichkeit für erheblichen Unmut, sodass der Vertrag nicht zustande kam.
Abes hoch symbolisches Handeln fällt in eine Zeit vermehrter Spannungen mit China und zielt vor allem auf die japanische Gesellschaft. Dort will der Ministerpräsident Anhänger für militärische Aufrüstung und die Änderung der Verfassung mobilisieren.
Gleichzeitig ist er aber offensichtlich dabei, seine Verbündeten zu verprellen. Auch die US-Regierung ist offensichtlich indigniert, wie die in Hongkong erscheinende South China Morning Post berichtet.
Die Regierung in Beijing vermeide nach der Zeitung, Japan direkt zu drohen. Proteste wegen der zwischen China und Japan umstrittenen Diayu-Inselgruppe würden derzeit nicht gestattet und eine in diesem Zusammenhang von Hongkonger Aktivisten eingereichte Klage gegen japanische Behörden sei von den chinesischen Gerichten zurück gewiesen worden. Offenbar, so gibt die Zeitung die Analyse eines chinesischen Politikwissenschaftlers wieder, wolle Beijing Tokio nicht direkt unter Druck setzen. Denn das würde wiederum Washington zwingen, das verbündete Japan zu unterstützen.