Lindner: Der Profi und der Wirkungsgrad
Wir wissen nicht, ob Christian Lindner sein Frühstücksei mit dem Vorschlaghammer pellt. Auf jeden Fall will er aber Benzin- und Dieselersatz mit Strom synthetisieren
Was sagen eigentlich Profis so zur Verkehrswende? Christian Lindner, der Chef der Liberalen, der gerne einen strengeren Umgang mit politisch selbstbewussten Jugendlichen sähe, möchte gerne mehr synthetische Kraftstoffe für PKW haben.
Die einstmals große Koalition – in den Umfragen derzeit zusammen bei 48 Prozent – würde Arbeitsplätze gefährden, wenn sie nur aufs Elektroauto setzt, verkündet der FDP-Vorsitzende auf Twitter. Oder anders ausgedrückt: Lindner möchte, dass in Deutschland bis in alle Ewigkeit weiter Autos mit Verbrennungsmotoren gebaut werden.
Betanken kann man diese nach seinen Vorstellungen dann mit Biokraftstoff und vor allem mit Kraftstoffen, die mit elektrischer Energie gewonnen werden, E-Fuel im Fachjargon. Man könnte auch Synthesesprit sagen.
Dazu muss zunächst Wasser per Elektrolyse in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt werden. Dafür sind eine ganze Reihe von Anlagen bereits im Bau oder in der Planung und einige bereits im Betrieb.
Der Wasserstoff wird aber bisher meist dem Erdgas im Netz beigemischt und kann so im Prinzip perspektivisch über den Umweg Gaskavernen und -kraftwerke als indirekter Stromspeicher genutzt werden. Tatsächlich wird er aber eher mit dem Erdgas vermarktet und zum Beispiel in Haushalten zum Kochen oder Heizen verwendet.
Synthetische Kraftstoffe und ihr großer Haken
Mit nochmaligem Energieaufwand (und begleitenden -verlust) können aber aus Wasserstoff und CO2 auch Kohlenwasserstoffe wie zum Beispiel synthetischer Kraftstoff hergestellt werden. Diese Verfahren, da liegt Lindner nicht einmal ganz falsch, werden durchaus diskutiert und zwar besonders gern vom Verband der Automobilindustrie. Offensichtlich will die Bundesregierung für sie sogar ein Forschungszentrum aufbauen.
Zumindest taucht ein entsprechendes Projekt in dem Eckpunktepapier des Bundeswirtschaftsministeriums auf, über das der Spiegel kürzlich berichtete. Das Dokument beschreibt, wie die in der Kohlekommission verabredeten Strukturmittel für die Braunkohleregionen verteilt und eingesetzt werden könnten. Nach der Sommerpause soll das Ganze in ein Gesetz gegossen werden.
Der große Haken an synthetischen Kraftstoffen ist allerdings der Wirkungsgrad – mal davon abgesehen, dass der Verbrennungsmotor auch mit klimaneutral produziertem Synthese-Benzin oder -Diesel noch ein Problem wegen der Lärm-, Feinstaub- und ggf. auch Stickoxidemissionen darstellt.
Ein Verbrennungsmotor hat ohnehin schon das Problem, dass er nicht viel mehr als etwa 20 Prozent der im Kraftstoff enthaltenen chemischen Energie tatsächlich in den Antrieb umsetzt. Das hat zum einen damit zu tun, dass etwas über die Hälfte in Wärme umgesetzt wird, die nicht genutzt werden kann. Zum anderen gibt es beim System Reifen-Asphalt spürbare Reibungsverluste. Bei Stahlrädern auf Schienen auf ebener Strecke sind diese wesentlich geringer.
Zu diesen hohen Verlusten kommen dann die nicht unerheblichen Umwandlungsverluste bei der Synthese des Kraftstoffes hinzu. Eine von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft erstellte Übersicht über verschiedene Studien zum Thema kommt zu dem Ergebnis, dass für jede Kilowattstunde E-Treibstoff zwei bis drei Kilowattstunden Strom eingesetzt werden müssen.
Von zwei bis drei Kilowattstunden Strom würde der PKW also über den Umweg Synthesesprit und Verbrennungsmotor nur rund 0,2 Kilowattstunden wirklich nutzen. Da sollte man vielleicht doch lieber den Strom direkt einsetzen, zumal E-Motoren einen Wirkungsrad von 0,95 haben. Berücksichtigt man Verluste in den Akkus kommt man immer noch auf eine Ausnutzung des Stroms von mindestens 80 Prozent. Beim E-Sprit sind es hingegen nur zehn Prozent oder sogar weniger.
Und dann wäre da noch das Problem, dass man leider mit seinem Verbrennungsmotor-PKW nicht mehr ins Ausland wird fahren können. In vielen Nachbarländern gibt es nämlich schon Fristen, wann dort die Neuzulassung von Verbrennungsmotoren eingestellt wird. Spätestens wenn keine Benziner mehr neuzugelassen werden, wird dort auch die Infrastruktur nach und nach abgebaut werden, aber vermutlich wird das Tankstellensterben schon vorher einsetzen, je mehr sich E-Autos ausbreiten.
Danke also an Herrn Lindner für die Aufklärung, wie Profis so ticken.