Mehr als 90 Tote in Norwegen
Der norwegische Täter versteht sich als Nationalist, war antiislamisch eingestellt und bei den Freimaurern und christlicher Fundamentalist
Mehr als 91 Menschen hat der mutmaßliche Täter, der 32-jährige Norweger Anders Behring Breivik, an einem Tag getötet. Bei der gewaltigen Explosion im Regierungsviertel, deren Ausmaße noch immer nicht abzusehen sind, starben mindestens 7 Menschen. Ob es sich um eine Autobombe handelte, ist weiterhin unklar.
Danach hat Breivik, verkleidet in einer Polizeiuniform, ebenso wahllos und kaltblütig mindestens 84 Menschen, meist Jugendliche, erschossen oder gezielt durch Kopfschuss exekutiert. Zeugen berichten, er hätte gejubelt, wenn er wieder einen Menschen erschossen hat. Rettungskräfte suchen auf der Insel Utøya, wo sich mehr als 500 Jungsozialisten in einem Ferienlager der sozialdemokratischen Partei aufhielten, weiter nach Verletzten und Toten. Panisch haben sich viele Jugendliche auf der Insel versteckt oder haben sich ans Festland retten können.
Zunächst waren viele, auch die sogenannten Terrorexperten, davon überzeugt, dass die Anschläge ein Werk von Islamisten aus dem Umkreis von al-Qaida waren. Verwiesen wurde aber auch auf Libyen, da Norwegen an der militärischen Mission teilnimmt. Nun scheint klar zu sein, dass der Einzeltäter aus rechtsextremen und/oder cristlich fundamentalistischen Kreisen Norwegens stammt. Im Deutschlandfunk sagte Peter Burgess, der Leiter des Sicherheitsforschungsprogramms am PRIO-Friedensinstitut in Oslo, dass Norwegen unter Schock stünde. Dies auch deswegen, weil die Rechtsradikalen in Norwegen eigentlich als moderater als in Deutschland gelten würden: "Die Rechtsradikalen sind liberal und nicht sehr radikal." Das war offenbar einmal.
Regierungschef Jens Stoltenberg sprach von der größten Katastrophe seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs: "Es ist wie ein Alptraum." Für ihn sei die Insel in seiner Jugend ein Paradies gewesen, das sich nun in eine Hölle verwandelt habe.
Erschreckend freilich ist auch, welche Vernichtungsmacht ein einzelner Mensch mit Schusswaffen und Sprengstoff ausüben und eine ganze Nation in Schrecken versetzen kann. Gegen den Terrorismus von innen lässt sich noch weniger machen als gegen internationalen Terrorismus islamistischer Prägung. Zudem lernen die Menschen, die aus welchen Gründen auch immer mit blutigen Spektakeln Aufmerksamkeit erregen, ein Zeichen setzen und in die Geschichte eingehen wollen, von den Methoden, die islamistische Terroristen ausgearbeitet haben. Ob Breivik Mithelfer hatte, ist noch unbekannt. Bislang bekannt sei er der Polizei nicht gewesen. Er war wohl bis vor kurzem Geschäftsführer einer Firma, die Gemüse angebaut hat. In Internetforen gab er antiislamische Äußerungen von sich und bezeichnete sich als nationalistisch. Er besitzt legal mehrere Schusswaffen und gehört den Freimaurern an.Auf Twitter schrieb er, was er wohl umzusetzen versucht hat: "Ein Mensch mit einem Glauben hat so viel Kraft wie 100.000, die nur Interessen verfolgen."