Was heißt hier grün?
Kriege, Hartz IV, Autobahnbau, Buhlen für die Autoindustrie. Wieso sollte man noch Grüne wählen?
Was ist an den Grünen eigentlich noch grün, das heißt, ökologisch, gewaltfrei und basisdemokratisch? Nun, die Frage kann man sich natürlich seit 1998, sei ihrem Eintritt in die Koalition mit der SPD, stellen.
Doch der Kosovo-Krieg 1999 und die mit ihm verbundenen Verbrechen und schamlosen Lügen, der faule Kompromiss von 2001 mit mehr als 20 weiteren Jahren Atomkraft und der Bau neuer Kohlekraftwerke, die nur am Widerstand der Bevölkerung und mangelnder Wirtschaftlichkeit scheiterten, sind längst aus dem Gedächtnis vieler Menschen verschwunden.
Die Jüngeren wissen davon meist ebenso wenig wie darüber, wer eigentlich dem Verelendungsschub der letzten Jahre 2005 mit der Einführung von Hartz IV und ähnlichem den Weg ebnete.
In jüngster Zeit haben sich allerdings die hessischen Grünen sehr verdient darum gemacht, diese Erinnerungen wieder ans Tageslicht zu zerren. Mit ihrer Treue zum Koalitionspartner und dem mit ihm vereinbarten Autobahnbau, demonstrierten sie aller Welt, wo ihre Partei heute steht.
"Der Grundsatz der Gewaltfreiheit bedeutet vielmehr, daß zur Verteidigung lebenserhaltender Interessen von Menschen gegenüber einer sich verselbständigenden Herrschaftsordnung unter Umständen auch Widerstand gegen staatliche Maßnahmen nicht nur legitim, sondern auch erforderlich sein kann (z.B.Sitzstreiks, Wegesperren, Behinderung von Fahrzeugen)."
Grundsatzprogramm der Partei Die Grünen von 1980 (in 1982 überarbeiteter Fassung)
Selbst massive Polizeigewalt an der A49-Baustelle im mittelhessichen Dannenröder Forst konnte an ihrer Haltung nichts ändern. Lang, sehr lang ist es her, dass 1990 die Berliner Alternative Liste, dortiger Grünen-Vorläufer, die Koalition mit der SPD platzen ließ, weil diese meinte, in der Ostberliner Mainzer Straße Bürgerkrieg spielen zu müssen.
Auch im Ländle ist man sehr bemüht, keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Nachdem über VW Anfang Dezember mal wieder Hinweise auf einen neuen Abgasbetrug kursierten, sprang dann kurz vor Weihnachten Baden-Württembergs Grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann für die deutsche Autoindustrie in die Bresche.
In einem Brief an Baden-Württembergs Abgeordnete im EU-Parlament warnt er vor zu scharfen Abgasnormen. Eine Überforderung der Automobilhersteller durch zu viel Klimaschutz sei zu vermeiden, wie die Stuttgarter Zeitung schreibt.
Ob es so mit der Wiederwahl im Frühjahr klappen wird? Noch liegen die Grünen in den Umfragen vorn, aber eine neue Umweltpartei macht sich mit der Klimaliste gerade an den Startlöchern warm.