Windenergie: Rekordmonat März
Produktion der Windenergie und der anderen erneuerbaren Energieträger liefert erstmals in einem vollen Monat mehr als die Hälfte der Erzeugung und rund 60 Prozent des Bedarfs
Der März war für die Windenergie und die erneuerbaren Energieträger im Allgemeinen ein Monat der Rekorde, wie die Daten des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme zeigen. Noch nie wurde in einem Monat so viel Windstrom ins Netz eingespeist.
Mit 16,6 Milliarden Kilowattstunden lieferten Windkraftanlagen im März mehr Strom als alle Braun-, Steinkohle- und Gaskraftwerke zusammen. Das ist auch in sofern beachtlich, da die bisherigen Rekordhalter jeweils im Dezember lagen, einem Monat, der für gewöhnlich viel stürmisches Wetter mit sich bringt.
Und da im März auch die Sonne schon reichlich schien, wurde der Monat auch zum neuen Rekordhalter für alle Erneuerbaren. Mit 54,4 Prozent Anteil an der Nettostromerzeugung lieferten Sonne, Wind & Co. erstmals im Monatsmittel mehr als die Hälfte des ins öffentliche Netz eingespeisten Stroms. Der letzte Rekord war im sonnenreichen Mai 2018 mit 48,6 Prozent aufgestellt worden.
60 Prozent des Inlandsverbrauchs
Wenn man dann noch berücksichtigt, dass Deutschland auch viel Strom ins Ausland liefert – netto waren es im März 4,46 Milliarden Kilowattstunden – dann wird deutlich, dass der Anteil der Erneuerbaren an der Deckung des Inlandsbedarfs noch größer ist. Im März lag dieser bei wirklich beachtlichen rund 60 Prozent.
Ein Blick auf die dritte Grafik ("Tägliche Anteile erneuerbarer Energien") zeigt, dass der Strom der Erneuerbaren ungleichmäßig anfällt. Biomasse und Wasserkraft sind sehr beständig, aber Wind- und Sonnenenergie sind vom Wetter und im Falle der Sonne auch von der Tageszeit abhängig. Das ist nichts Neues, aber die gezeigten Daten liefern einen Eindruck davon, wie viel Strom mit Speichern und Speichermedien bei einer 100prozentigen Versorgung mit Erneuerbaren umverteilt werden muss.
Für die kurzzeitige Umverteilung gibt es bereits die Pumpspeicherwerke, die heute noch meist dafür genutzt werden, Kohle- und Atomstrom besser zu verteilen. Die könnten umgewidmet werden, sind aber sicherlich noch nicht ausreichend. Hier und da wird bereits an weiteren Lösungen gearbeitet. In Schwerin wurde zum Beispiel ein Batteriespeicher ans Netz genommen, im nordfriesischen Braderup experimentiert man mit unterschiedlichen Batterietypen.
Das sind zugegebenermaßen bisher kleine Lösungen, eher Beispiele für das, was gemacht werden könnte und müsste. – Aber am Rande bemerkt: Der Versorgungssicherheit wäre es ohnehin viel zuträglicher, wenn Netz, Speicher und Erzeugung viel kleinteiliger und dezentraler organisiert würden.
Der große Wurf könnte auf jeden Fall – durchaus auch dezentral – mit Gas gemacht werden. Mit Biogas, das mit Blumenwiesen erheblich umweltfreundlicher als bisher erzeugt wird, und mit Windgas.
Biogas könnte gereinigt und ins Erdgasnetz eingespeist werden. In Gaskraftwerken mit Kraft-Wärme-Koppelung – zu diesem Zweck müssen diese eher kleiner ausgelegt und dezentral errichtet werden – könnten sie sowohl zur Wärmeversorgung beitragen, als auch Lückenbüßer der Erneuerbaren spielen.
Wenn, wie in Dänemark inzwischen eingeführt, auch die Option des Beheizens der Fernwärmesysteme mit Überschussstrom an besonders windigen Tagen angelegt wird, ließe sich das System weiter optimieren.
Wenn in Biogasanlagen gleichzeitig Elektrolyse mit sauberem Strom betrieben wird, lässt sich dort die Methanproduktion erheblich steigern und zugleich die unerwünschte Produktion von Treibhausgasen vermindern. Durch die Elektrolyse entsteht Wasserstoff (H2), der sich mit dem im Biogas-Fermenter im Überfluss vorhandenen CO2 zu Methan (CH4) verbindet.
Power to Gas
Elektrolyse ist auch das Stichwort für die Power-to-Gas-Verfahren, die Solar- oder Windstrom nutzen, um Gas ins Erdgasnetz einzuspeisen. Meist handelt es sich dabei noch um Wasserstoff. Im Prinzip ist aber auch Methanisierung möglich.
Bei Greenpeace Energy, ein von Greenpeace gegründetes Unternehmen, das ab 2020 im schleswig-holsteinischen Haurup Wasserstoff mit Überschussstrom produzieren will, ist man in Sachen Umwandlung in Methan aber noch vorsichtig.
Erst soll das Aufnahmepotenzial des Erdgasnetzes für Wasserstoff ausgenutzt werden, heißt es auf Nachfrage von Telepolis. Der Stand der Technik für den Wirkungsgrad der Elektrolyse sei 70 Prozent. Das heißt, mehr ist bisher nicht drin, und der effektive Wirkungsgrad hängt auch davon ab, ob die Anlage optimal gefahren wird. (Aber: Der Wirkungsgrad lässt sich durch die Nutzung der Abwärme auf über 90 Prozent steigern.) Wird zusätzlich der Wasserstoff mit CO2 zu Methan verbunden, sinkt der Gesamtwirkungsgrad weiter.
Dennoch scheint die Power-to-Gas-to-Power-Variante für das Speicherproblem der Königsweg, und zwar vor allem, weil der größere Teil der Technik entwickelt und die Infrastruktur – vor allem leistungsfähige Gasspeicher und ein weitverzweigtes Netz – vorhanden sind.