Windkraft: Wohin mit all dem Strom?
Sonne und vor allem Wind liefern zur Zeit so viel Strom, wie selten zuvor. Fragt sich, wie dieser künftig gespeichert werden soll
Als kleine Ergänzung zur gestrigen Energie- und Klimawochenschau sei hier eine Grafik des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE nachgereicht. Gestern hatte ich eine leicht fehlerhafte Grafik der Agora Energiewende gezeigt. Dort hat man das Problem inzwischen erkannt und ist dabei, die Datenaufbereitung zu überarbeiten.
Besser noch als in der Agora-Grafik ist hier zum einen der neue Windenergierekord vom Freitag auszumachen. Zum anderen wird deutlich, welch enormen Beitrag die erneuerbaren Energieträger zur Zeit zur Stromversorgung liefern. Um die Grafik besser einzuordnen, muss vielleicht erwähnt werden, dass der bundesweite Verbrauch im Winter Wochentags zwischen um die 60 Gigawatt des Nachts und nicht ganz 80 Gigawatt während der Tagesspitzen schwankt. Am Wochenende und an Feiertagen ist er niedriger.
Die Erneuerbaren decken also in diesen Tagen rund 50 Prozent des Strombedarfs ab, am vergangenen Wochenende auch deutlich mehr. Es lässt sich somit leicht vorstellen, dass künftig an Tagen wie diesen viel Energie gespeichert werden muss, die dann in wind- und sonnenscheinarmen Zeiten wieder in Strom umgesetzt werden kann. Dafür kommen diverse Konzepte in Frage, wie hier auf Telepolis bereits eingehend geschildert wurde.
Batteriespeicher, wie sie aufgrund des Preisverfalls demnächst bei den Besitzern kleiner Solaranlagen im Kommen sein dürften, sind hierfür weniger geeignet. Sie machen eher Sinn, den Sonnenstrom für den Abend und den nächsten Morgen zu speichern. Die Anpassung der täglichen Produktionsspitzen an den Bedarf ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt des Umbaus der Stromversorgung, aber ein anderer als der oben angesprochene.
Bei der längerfristigen Speicherung geht es um ganz andere Mengen, für die größere Kapazitäten zu günstigeren Preisen gefragt sind. Dafür bieten sich unter anderem Pumpspeicherkraftwerke an, auch neuartige, die in die alten Stollen und Schächte des Bergbaus eingebaut werden könnten. Gearbeitet wird an solchen Konzepten unter anderem an der TU Clausthal, einer traditionsreichen Bergbau-Hochschule.
Für viele Fachleute ist allerdings vor allem die Produktion von Wasserstoff und Methan mittels überschüssigem Strom das Mittel der Wahl. Diese könnten dann als Brennstoff in Gaskraftwerken dienen, die wiederum für Sonne und Wind den Lückenbüßer machen. Flächendeckende Infrastruktur und erhebliche Speicherkapazitäten sind für das Gas bereits vorhanden.
Idealer Weise käme es in Zukunft vor allem in Blockheizkraftwerken zum Einsatz, das heißt in der kombinierten Produktion von Strom und Wärme. Dazu würde gehören, dass nicht nur Strom, sondern auch Wärme gespeichert wird. So könnten die Gaskraftwerke in wind- und sonnenarmen Zeiten auch dann Strom sinnvoll produzieren, wenn der Wärmebedarf gerade gering ist. Andererseits könnte ein Teil des überschüssigen Stroms auch direkt, sozusagen per Tauchsieder, als Wärme genutzt oder zunächst gespeichert werden. In Dänemark gibt es derlei Zusätze zu den dort weit verbreiteten Blockheizkraftwerken bereits.
Außerdem könnte mit Wärmspeicherung auch Solarwärme aus dem Sommer in den Winter herüber gerettet werden. Herkömmliche Wärmespeicher haben dafür allerdings noch viel zu große Verluste, doch ein Projekt in Mecklenburg-Vorpommern zeigt, dass das nicht so bleiben muss. Mit einer Mischung aus Schafwolle, Spiegelfolie und intelligentem Design der Speichertanks lassen sich Wärmeverluste auf 0,3 Prozent pro Tag reduzieren.
Noch erscheint derweil die Power-to-Gas-Lösung als relativ teuer. Zudem wirft sie die Frage auf, woher das CO2 zur Methanisierung stammt. Wird es aus den Abgasen von Kohlekraftwerken – energieaufwendig – gewonnen, ist der Nutzen fürs Klima fraglich. Das Treibhausgas würde, wenn auch über einen Umweg, doch in der Atmosphäre landen. Wesentlich interessanter ist da ein Ansatz, den das Karlsruher Institut für Technologie verfolgt.
Die Forscher haben eine Pilotanlage entwickelt, die zum einen die Abfallprodukte einer Biogasanlage, also Wasserstoff, CO2 und CO, mittels eines Katalysators in Methan umwandelt. Zum anderen kann sie, wenn überschüssiger Strom zur Verfügung steht, per Elektrolyse zusätzlichen Wasserstoff erzeugen und die Methanausbeute weiter erhöhen. Wasserstoff ist bei der Methanproduktion in Biogasanlagen meist ein begrenzender Faktor.
"Wenn Öko-Strom zur Verfügung steht", schreiben die Karlsruher in einer Presseerklärung, "wird er zur Elektrolyse und Erzeugung von zusätzlich einbindbarem Wasserstoff genutzt. Dann kann sich der Volumenstrom in der Anlage verdoppeln, die Ausnutzung des Kohlenstoffs aus der Biomasse auf nahezu 100 Prozent steigen und eine große Menge nutzbarer Abwärme am Katalysator entstehen (PtG-Betrieb)."
Die Anlage ist leicht skalierbar und in einem transportablen Container untergebracht. Ab demnächst soll sie sich im schwedischen Köping im Dauereinsatz bewehren. Die Forscher hoffen, zukünftig auch kleine, dezentrale Biogasanlagen mit ihr nachrüsten und deren Methanusbeute verbessern zu können.