Die Bundesregierung wird im Netz veräppelt

Noch ist www.deutsche-bundesregierung.de online

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Natürlich war Bundeskanzler Gerhard Schröder nie Ouzo-Vorsitzender in Göttingen, auch die Swinger-Club-Vereinigung "Rasierte Hamster" hat er nie geleitet. Und seine Frau Doris weiß bestimmt genau, dass man Kolumne nur mit einem kleinen "l* schreibt. Dennoch findet man dies und noch Komischeres seit kurzem im Internet unter www.deutsche-bundesregierung.de. Eine Seite, die nicht nur auf den ersten Blick (Screenshot ) gewaltig an das offizielle Netzangebot der Bundesregierung erinnert, sondern auf der von der Regierung im Netz publizierte amtliche Nachrichten gar heftig und erstaunlich aktuell durch den Kakao gezogen werden.

So wird beispielsweise aus der korrekten Meldung von bundesregierung.de, dass Minsterin Künast konjakhaltige Gelee-Süßwaren wegen Gesundheitsgefahr verbieten möchte, bei deutsche-bundesregierung.de nun die Scherzmeldung:

Künast verbreitet kokainhaltige Gelee-Süßwaren Mit einer Dringlichkeits-Verordnung hat Bundesverbraucherministerin Künast heute die Verwendung des Geliermittels Glukokannan (Kokain) für die Herstellung sämtlicher Gelee-Süßwaren veranlasst.

Auch über Joschka Fischer gibt es was Neues zu lesen:

Interview mit Bundesaußenminister Fischer in "Die Zeit" vom 11. April 2002
Außenminister Joschka Fischer spricht in dem Interview über Vorschläge zur Lösung des Nahost-Konflikts und stößt auf scharfe Kritik. Fischer: "Die bekommen rund 20.000 $ für einen Selbstmordattentat. Bei 1,5 Millionen Palästinensern bräuchten wir also rund 30 Milliarden. Das muss uns der Frieden wert sein.

Und in einer gefälschten langen Rede des Kanzlers zum deutsch-französischen Verhältnis wird der Kultursender Arte kritisiert wegen seiner tristen französischen Filme, die eine deutsch-französische Perspektive unmöglich werden ließen. Das würde Gerhard Schröder nie sagen und hat er natürlich auch nicht gesagt. Verantwortlich für die satirische Netzseite ist nämlich ein gewisser Claus C. aus Berlin, der sich jetzt vermutlich ganz schön warm anziehen muss.

Wie vergleichbare Fälle zeigen, hört in Deutschland bei solchen Parodien schnell der Spaß auf und die Anwälte schreiten stattdessen zur Tat (Der politische Nutzen des Urheberrechts). Ganz im Unterschied zu den USA, wo die offizielle Homepage des US-Präsidenten schon seit langem und ganz legal auf der Seite www.whitehouse.org veräppelt wird. Aber dort ist das Recht auf freie Meinungsäußerung eben ein hohes schützenwertes Gut, während bei uns im Land der beleidigten Leberwürste der alte Tucholsky-Satz, dass die Satire alles dürfe, zwar gern zitiert, aber leider viel zu selten im Fall der Fälle auch umgesetzt wird.