Eingekreist von Lautsprechern

Wie bekommt man HiFi und Dolby-Surround-Sound unter einen Hut?

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Inzwischen gibt es zwei Sorten gehobener Wohnzimmerbeschallung: Klassisches Stereo mit zwei großen Lautsprechern und modernes Sorround mit fünf Krümelböxchen und dazu einem unterm Sofa versteckten Subwoofer. Letzteres freut die Hausfrau, abgesehen von dem Problem, dass sich nun bei Hempels nichts anderes mehr unters Sofa schieben lässt, klingt aber nur in Actionfilmen gut.

Früher war die Sache mit dem HiFi-Sound recht klar: Die Größe – des Lautsprechers – machts. Satirisch auf die Spitze getrieben wurde dies in der genialen Verkaufsszene im HiFi-Laden in der Komödie "Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone", die auch zeigt, wie Lautsprecher üblicherweise verkauft werden: Das teure Modell, das verkauft werden soll, wird im Vorführraum an die optimale Stelle platziert, die anderen Lautsprecher dagegen in weniger attraktive und vor allem akustisch weniger vorteilhafte Ecken. Zuhause wundert man sich dann, warum das gute Stück plötzlich so muffig klingt wie noch gar nicht ausgepackt…

Canton Reference 2 Surroundaufbau (Bild: W.D.Roth)

Eine andere Lautsprecherverkaufsvariante ist die, den Kunden erstmal zu fragen, was er denn so gerne hört. Sagt der dann "Classic Rock", kommt die nächste Frage: "Eher der 60er oder der 70er?". Und auf "60er" präsentiert der Lautsprecherhändler plötzlich eine "ganz seltene Rarität", eine Originalbox der 60er-Jahre "restauriert mit neuen Systemen", die aussieht wie Frankensteins Sarg mit leicht mottengeschädigter und nur von Spinnweben befreiter Bespannung und auch so klingt. Gruselig, aber natürlich das Richtige für den Oldie jener Zeit, dem seine neue Anlage einfach zu grell und modern klingt und der sich nach seinem alten originalen Muffeldröhnsound zurücksehnt.

Kein Feuermelder: Elac FS-608-4PI mit Bändchenhochtöner (Bild: W.D.Roth)

Es ist schwierig, Lautsprecher zu bewerten, da ihr Klang sehr vom Aufstellungsort abhängt: Stehen sie in der Zimmerecke, so dröhnen die Bässe – sitzt der Zuhörer in der Ecke, dröhnt es ebenfalls in seinem Kopf. Besonders dumm läuft es, wenn der Nachbar in einer Zimmerecke sitzt und es in seinem Kopf dröhnt, obwohl er gar keine Lautsprecher besitzt. Sind Lautsprecher und Zuhörer dagegen richtig positioniert, so klingen gute Exemplare wiederum fast etwas fad, wenn man auf Effekt getrimmte Billigware mit überzogenen zischenden Höhen oder per Bassreflexresonanz übertrieben wummernden Bässen gewohnt ist.

Der Innenaufbau einer Bassreflexbox – die Basslautsprecher sind in diesem Fall nicht einmal von außen zu sehen (Bild: W.D.Roth)

Bei geringen Lautstärken enttäuschen moderne Anlagen oft auch, weil sie im Gegensatz zu klassischen Stereogeräten früherer Jahre keine "physiologische Lautstärkeregelung" mehr kennen, auch als "Ohrkurvenanpassung" bekannt: Bei geringen Lautstärken nimmt das Ohr Bässe und Höhen schwächer wahr als bei einer auf voller Lautstärke spielenden Anlage. Dafür ist die gute Anlage auch höher aufgedreht noch angenehm und wird gar nicht als laut empfunden – die billige Anlage wird dagegen unangenehm. Doch führt dies oft dazu, irrtümlich besonders effektvolle und nicht musikalisch harmonische Lautsprecher zu erstehen.

Mit Geld sind gute Lautsprecher kein Problem

Keine Klangsorgen hat, wer pro Lautsprecherbox den Gegenwert eines Kleinwagens anlegen will: High-End-Wunschobjekte wie die auch designmäßig interessanten Bowers & Wilkins (B&W) Nautilus sind für die HiFi-Musikwiedergabe über jeden Zweifel erhaben. Für Discothekenlautstärke sind sie allerdings nicht gebaut und bei Surround mit fünf Lautsprechern bekommt nicht nur das Bankkonto eine Existenzkrise und der Platz auch im größten Wohnzimmer geht aus: Bei extrem tiefen Bassfrequenzen können die edlen Teile schon einmal Schaden nehmen. Wo rohe Action-Kräfte sinnlos walten, sind sie schlicht fehl am Platz.

Die berühmte "Nautilus" von B&W (Bild: W.D.Roth)

Die gängige Alternative sind Surround-Systeme mit einem dicken Subwoofer fürs Grobe und fünf niedlichen kleinen Böxchen für die Mitten und Höhen. Fast ohne Probleme aufzustellen – nur der Subwoofer darf mal wieder nicht in die Ecke, weil es sonst mehr scheppert, als es soll. Auch Risse in Wänden und Decken wie einst nach der Vorführung des Katastrophenfilms "Erdbeben" in einigen Münchner Kinos machen sich in den eigenen vier Wänden nicht so gut. Doch auch bei richtiger Aufstellung haben diese Systeme, die es auch für Computerbetrieb gibt, wenig mit HiFi zu tun: Es zischt, rummst und kracht im Heimkino bestens, aber Musik klingt nur mäßig.

Vor den Avantgarde-Hornlautsprechern liefen auf der High End 2004 die meisten Besucher davon – ob es daran lag, dass darauf Volksmusik abgespielt wurde? (Bild: W.D.Roth)

Oft gewählte Lösung ist es, neben der alten guten Stereoanlage noch einen billigen "Surround-Ghettoblaster" oder eins der PC-Surroundsets zu kaufen und mit dem Fernseher zu verheiraten. Klar, für die meisten Filme reicht das vollauf. Doch steigt so das Gerätesammelsurium im Wohnzimmer: Nun braucht man einen DVD-Spieler an der Videoanlage und einen CD-Spieler an der HiFi-Anlage, der für wirklich gute Qualität dann auch noch DVD-Audio oder/und SACD können sollte. Und was macht man mit den über Satellit empfangbaren Radioprogrammen? Ja kann man denn nicht die Surround-Lautsprecher mit an die HiFi-Anlage klemmen?

Kino oder HiFi?

Natürlich kann man. Dazu benötigt man zunächst einen entsprechend mehrkanaligen Verstärker – oder zumindest Vorverstärker und zusätzliche Endstufen. Manche Modelle wie beispielsweise die von Onkyo weisen dabei auch noch klassische HiFi-Optionen wie Plattenspielereingang für magnetische Tonabnehmer oder technisch hochwertigen FM-Radioempfang auf, sodass man auf diese Funktionen mit der Umstellung nicht verzichten muss.

Ungewöhnlich: MBL 101 E Radialstrahler (Bild: W.D.Roth)

Schwieriger sind die Lautsprecher: Fünf gleiche Exemplare mögen ja akustisch optimal sein, doch wie bekommt man die Centerbox auf oder unter den Fernseher? Und was, wenn das Lautsprechermodell gar nicht mehr hergestellt wird? Zudem sind fünf gleiche Lautsprecher für HiFi gut geeignet, doch nicht mit der THX-Kinosoundnorm vereinbar.

Es ist jedoch kein Problem, für Center- und Rücklautsprecher andere, kleinere und preiswertere Modelle zu verwenden. Als Rücklautsprecher gehen notfalls auch weniger gute Exemplare, da hier meist nur Effekte übertragen werden. Der Centerlautsprecher muss allerdings akustisch zu den vorhandenen Hauptboxen passen – sonst quäkt der Filmton plötzlich sehr aufdringlich aus der Mitte oder ist umgekehrt kaum verständlich.

Nubert Nuline Surround-Komplettset (Bild: Nubert)

Am sichersten ist es natürlich, auch die Lautsprecher komplett neu zu kaufen. Es gibt auch HiFi-taugliche Satelliten-/Subwoofer-Kombinationen, doch sind diese nur sinnvoll, wenn hauptsächlich Heimkino geguckt und nur selten Musik gehört wird. Ist es jedoch genau umgekehrt, fährt man mit zwei guten Stereo-Standboxen, die den Hauptpreis der Ausrüstung ausmachen, und dazu kleineren Center- und Rückboxen auch bei Neukauf klanglich am Besten. Was Platzbedarf und Optik betrifft, steht diese Lösung den Mini-Böxchen nicht nach und wenn es beim Heimkino noch kräftiger scheppern soll, kann man ja immer noch einen zusätzlichen Subwoofer dazustellen.

Teufel Design-System "Motiv 4 you" (Bild: Teufel)

Was das Problem "im Laden klang es aber noch so gut, aber jetzt ist es nur noch schrecklich" betrifft, so gibt es auch da pragmatische Abhilfe, die zudem durch den Verzicht auf Händlermargen preisgünstig ist: Direktversender, bei denen man die Lautsprecher per Post oder Internet bestellt und dann mehrere Wochen in Ruhe ausprobieren kann, um dann festzustellen, ob man lieber kleine Boxen mit Subwoofer, große Boxen ohne Subwoofer oder gar alles zusammen haben möchte. Bei Nichtgefallen muss man nicht ein zweites Mal mit überladenem Auto durch die Lande fahren – abgeholt wird die Rücksendung kostenfrei von zu Hause.

Marktführer sind hier Teufel in Berlin für die primär am Heimkino Interessierten mit Subwoofer und Mini-Böxchen, die teilweise auch am Computer verwendbar sind und Nubert in Schwäbisch Gmünd für HiFi-Liebhaber, die klassisch große Stereoboxen mit zusätzlichen Center- und Rücklautsprechern sowie Subwoofern kombinieren. Nur für den PC gibt es bei Nubert nichts: Die Nubert-Boxen sind für den Betrieb auf größeren Flächen optimiert, nicht dafür, so nah an ihnen zu sitzen, wie am PC üblich.

Lautsprecher fürs Auge

Wer an technisch und optisch besonders ungewöhnlichen Lautsprechersystemen interessiert ist, konnte davon auf der Messe High End 2004 gerade etliche Exemplare sehen. Während bei Cantons Reference 2 nur ungewöhnlich war, dass die Baßreflexöffnung seitlich und nicht hinten an den Boxen ist, fiel der Bändchen-Hochtöner der Elac FS-608-4PI sofort auf: Mancher fühlt sich in der Form an einen roten Knopf erinnert und die Box wird es deshalb auch in rot geben. Noch deutlich ungewöhnlicher: Die Radialstrahler mbl 101 E.

Alle allerdings auch ungewöhnlich belastend für den Geldbeutel. Die auf der High End 2004 erstmals präsentierten flachen neuen Biegewellenwandler von Göbel Audio schauen dagegen ebenfalls nicht nach Lautsprecher aus, sondern wie Bilderrahmen ohne Bild, werden mit einem Subwoofer kombiniert und liegen preislich durchaus auf dem Level eines älteren Gebrauchtwagens.

Heimkinoanlage mit Göbel-Audio-Flachlautsprechern (Bild: W.D.Roth)