Frankreich: 78 Prozent stufen FN weiterhin als "rechtsextrem" ein

Die Partei ist der bürgerlichen Mitte nicht geheuer, ihre politischen Ideen finden aber Zustimmung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Geht es nach einer aktuell veröffentlichten Umfrage, so ist die Imagekorrektur des FN (FN: Suspendierung und Redeverbot für den Patriarchen Le Pen) an der Zeit. Zwar wird der Partei in Medienberichten seit vielen Monaten eine große, geradezu unheimliche Anziehungskraft auf die französische Wählerschaft zugeschrieben, aber die tatsächlichen Mandatsgewinne bei den Wahlen hielten sich doch sehr in Grenzen.

Weswegen aus politischen Kreisen auch häufig die Annahme zu hören war, dass es zwar einen Protest-Trend gegen die etablierten Parteien gebe, von dem der FN profitiere. Bei großen Wahlen, wie bei der im nächsten Jahr anstehenden Präsidentschaftswahl, müsse sich der Unzufriedenheitstrend aber nicht unbedingt in Wählerstimmen für den FN niederschlagen.

Die im Auftrag von Le Monde jährlich durchgeführte Umfrage "Fractures françaises" stützt diese Annahme in manchen Punkten. So wird der Front National weiterhin von einer großen Mehrheit - 78 Prozent - als "rechtsextrem" eingeordnet. Mehr als zwei Drittel der Befragten, 69 Prozent, trauen der Partei nicht zu, dass sie das Land regieren kann. Um 9 Prozent auf 60 Prozent ist zudem der Anteil derjenigen gestiegen, die der Auffassung sind, dass die Partei "gefährlich für die Demokratie ist". 61 Prozent halten die Partei für "fremdenfeindlich".

Bei diesem Thema zeigt sich ein anderes Phänomen, das die FN-Führung beschäftigen dürfte. Während die Partei weiterhin auf größere Hindernisse stößt, um in der bürgerlichen Mitte akzeptiert zu werden, werden manche politischen Auffassungen dort auch geteilt, kommen aber möglicherweise den rechten Flügeln anderer, im republikanischen Konsens verankerten Parteien zugute.

Laut Umfrage vertreten 67 Prozent der Befragten die Überzeugung, dass es "zuviele Fremde" in Frankreich gebe. Wie auch in anderen Ländern fällt das Misstrauen gegen Muslime auf: 54 Prozent gaben an, dass sie den Islam als "nicht kompatibel mit den Werten der französischen Gesellschaft einstufen". Das ist eine der Hauptzugnummern der FN-Kampagnen.

Auch die Zustimmung zur Todesstrafe, für die der FN eintritt, ist um 7 Prozentpunkte auf 52 Prozent gestiegen. Bei Sympathisanten der sozialdemokratischen PS sogar um 15 Prozentpunkte auf 36 Prozent. PS-Anhänger bekundeten in diesem Jahr auch deutlich häufiger (+ 16 Prozent) Zustimmung für den Satz "Frankreich braucht einen echten Chef, damit wieder Ordnung hergestellt wird", der insgesamt 78 Prozent(!) Zustimmung erhält. Für die Verfasser der Umfrage ist ein Rechtstrend bei Anhängern der linken Mitte ablesbar.

Die Umfrage wurde vom 22.-27. April per Internetbefragung durchgeführt.