Gesellschaft ohne Vertrauen: Die German Angst ist zurück

Seite 4: Mut und positive Arroganz

Die Lehre aus diesen ersten Analysen liegt auf der Hand: Nicht nur Fußballmannschaften, jeder Teil der deutschen Gesellschaft muss mutiger werden in der ganzen Denkstruktur. Muss positive Arroganz entwickeln, Stolz: Wir schaffen das! Aber dann auch etwas dafür tun.

Das ist der Kern der oft erwähnten, aber viel geschmähten Mentalitätsfrage.

Der deutsche Fußball ist wie Mercedes, wie Bayer, wie Thyssen, der Spiegel"' und Krauss-Maffei, ja sogar SAP und viele andere ein Produkt der alten Bundesrepublik. In der neuen Bundesrepublik hat es fast nichts gleichwertiges, gutes Neues gegeben.

Stattdessen wuchernde Organisations-Tentakel, zunehmende Verwaltung und Verplanung aller Lebensbereiche, die sich selbst lähmt und zur Karikatur der ihr zugrunde liegenden guten Absichten geworden ist, Bürokratie, Formulare bis zur Bahre.

Stattdessen zugleich die feste Überzeugung, letztlich in der besten aller Welten zu leben, die schon immer eine Vorstufe der Idiotie war, und daher von Anderen nichts lernen zu müssen. Ignoranz und klammheimliche Verzagtheit gehen eine innige Mischung ein.

Wie der deutsche Fußball seit 1990 trotz zweier Titel kontinuierlich schlechter wird und nicht nur, weil die Welt aufholt, sondern weil man selber nicht in der Lage ist, sich dauerhaft auf die Bedingungen der Globalisierung und auf das Neuere, Flexiblere unseres Lebens einzustellen.

Weil man panzerartig einfach immer weiter geradeaus fährt, funktioniert es nicht mehr. Man kann den Gegner auch heute nicht mehr mit seinem großen Namen einschüchtern, sondern man baut den Gegner damit eher auf. Nicht nur im Fußball, versteht sich.

So ist Fußball wieder einmal die Lehrmeisterin des Lebens. Gerade weil Fußball keine Botschaft hat, sich nicht begrifflich einfangen lässt, zeigt er etwas.