Ukraine-Krieg: Was spricht für einen Waffenstillstand mit Teilungsplan?

Seite 2: Was von den Bedenken gegenüber Putin zu halten ist

Obwohl Putin in letzter Zeit häufig seine Bereitschaft zu Verhandlungen zum Ausdruck gebracht hat, gibt es erhebliche und verständliche Bedenken, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass er sich an einen Waffenstillstand hält, auch weil er möglicherweise weiter reichende Ziele verfolgt, vielleicht auch Pläne, die übrige Ukraine oder andere Länder in der Nachbarschaft, wie Polen, anzugreifen.

Jede Vereinbarung über eine Teilung würde eine Wette darauf enthalten, dass Putin keine derartigen Ambitionen hegt. Es stimmt, dass er einmal sagte: "Wer die Sowjetunion nicht vermisst, hat kein Herz". Aber er fügte hinzu: "Wer sie zurückhaben will, hat kein Hirn".

Und angesichts der militärischen Probleme, die auf den russischen Einmarsch in der Ukraine folgten, scheint es unwahrscheinlich, dass er ähnliche Unternehmungen an anderen Orten starten wird, wo die Verteidiger besser vorbereitet wären oder die Sicherheit hätten, dass mächtigere Verbündete zu ihrer Verteidigung eingreifen.

Seine Prahlerei vor dem Krieg, russische Soldaten könnten "in zwei Tagen in Kiew sein", hat sich, gelinde gesagt, als hohl erwiesen. Darüber hinaus scheint es klar zu sein, dass die Ukraine in den Augen Russlands eher ein Sonderfall als ein Sprungbrett für weitere Abenteuer ist – Russland braucht kaum mehr Land.

Putins Krieg als historisches Fiasko

Putin hat also möglicherweise keine Pläne für Gebiete, die er derzeit nicht kontrolliert, und er könnte bereit sein, eine Aufteilung wie in Korea zu akzeptieren und sich danach zu verhalten. Es würde ihm also entgegenkommen, das kostspielige Kriegschaos mit zumindest einem Anschein von Würde hinter sich zu lassen, und das russische Volk will das sicherlich auch.

Um die Medizin weniger bitter zu machen, könnte die Ukraine die (sinnlosen) Gesetze zur Herabwürdigung der russischen Sprache fallen lassen, wie z. B. das Gesetz, das von Geschäftsinhabern verlangt, alle Kunden auf Ukrainisch zu begrüßen. Auch die unzureichend wirksamen Sanktionen gegen Russland könnten verringert oder aufgehoben werden.

Insgesamt wird Putins Krieg wahrscheinlich als ein Fiasko in die Geschichte eingehen. Der ukrainische Nationalismus und die Feindseligkeit gegenüber Russland haben stark zugenommen, der Gebrauch der russischen Sprache geht weiter zurück, das Nato-Bündnis wurde erweitert und gestärkt, und der riesige westliche Markt für russisches Öl ist weitgehend weggebrochen.

Schon vor dem Krieg hielten Ökonomen die Aussichten auf ein substanzielles russisches Wirtschaftswachstum im nächsten Jahrzehnt in Putins wirtschaftlich niedergehender Kleptokratie für "düster". Und sein Krieg dürfte potenzielle Käufer und Investoren für lange Zeit verprellt haben.

Westen muss Russland Garantien geben

Selbst wenn die Ukraine nicht offiziell der Nato beitritt (was mehrere Mitglieder aufgrund der Korruption und anderer Missstände im Lande ohnehin ablehnen), kann das Bündnis dennoch eine Art Sicherheitsgarantie bieten, indem es der Ukraine Waffen und andere Unterstützung zusagt, falls Putin versuchen sollte, seinen Einfluss auszuweiten.

Gleichwohl wird Putin sicherlich versuchen, ein Teilungsabkommen als Sieg auszugeben. So könnte er beispielsweise behaupten, dass er nun eine Landbrücke zu den bedrängten Russen auf der Krim kontrolliert, obwohl das nicht zu seinen Forderungen gehörte, als er den Krieg begann.

Noch wichtiger ist, dass er den Erfolg für sich reklamieren wird, weil er, wie er beim Kriegsbeginn fantasierte, eine militärische Aufrüstung der Nato in der Ukraine unterlaufen habe, die das Bündnis schließlich dazu bringen würde, in Russland einzumarschieren, wie es Deutschland 1941 getan hatte.

In seinem Interview mit Putin sagte Tucker Carlson, diese Vorstellung sei "paranoid". Daraufhin erging sich Putin in einem von Mängeln durchzogenen Monolog über den "historischen Hintergrund", der etwa zwanzig Minuten dauerte.

Dennoch betont Putin nach wie vor, dass er eine Art Garantie dafür benötigt, dass seine Albtraumfantasie nicht Wirklichkeit wird, und diese Sichtweise scheint sich in Russland gut zu verkaufen (wie immer glauben die Menschen, was sie glauben wollen). Es muss dem Westen möglich sein, eine solche Garantie zu geben – effektiv auf das zu verzichten, was man ohnehin nicht zu tun beabsichtigt.

Der Artikel erscheint in Kooperation mit Responsible Statecraft. Das englische Original finden Sie hier. Übersetzung: David Goeßmann.

John Mueller ist Politikwissenschaftler an der Ohio State University, Senior Fellow am Cato Institute und Mitglied der American Academy of Arts and Sciences.