Weltweiter Aktionstag gegen eine Hinrichtung

Mumia Abu-Jamal legt neues Beweismaterial vor

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Der 1982 in den USA zum Tode verurteilte Journalist und Black-Panther-Aktivist Mumia Abu-Jamal ist international zum Synonym für manifeste Zweifel am amerikanischen Justizsystem geworden. Solidaritätsgruppen, die auch im Internet sehr präsent sind, fordern seit Jahren seine Freilassung. Zum ersten Mal sagte er nun selbst zum Tathergang aus und legte neue Beweise vor.

Das US-Justizsystem ist immer wieder in Diskussion geraten, aber es sind besonders zwei Fälle, die in den Medien und in der Öffentlichkeit immer wieder präsent sind: der in der Todeszelle sitzende ehemalige Black-Panther-Aktivist Mumia Abu-Jamal und Leonard Peltier, der für die Rechte der Lakota Nation, eines Stammes der Native Americans kämpfte. Nicht nur Unterstützer bezeichnen die beiden als politische Gefangene.

Keiner hat so richtig begriffen, wieso es Bill Clinton bei seinem Ausscheiden aus dem Amt vorzog, einige Steuersünder statt diese beiden Inhaftierten zu begnadigen. Unter George W. Bush werden sie sicher nicht mit Gnade rechnen können.

International gab und gibt es für beide eine Fülle an Solidaritätsbekundungen und -bewegungen. Der Fall Mumia Abu-Jamals mobilisiert seit Anfang der 80er Jahre am meisten Anhänger, die sich mindestens für eine Aussetzung der verhängten Todesstrafe und die Wiederaufnahme des Verfahrens einsetzen. Wird über die Todesstrafe (Die Todesstrafe ist ein infames System) diskutiert, fällt sicher früher oder später auch sein Name.

Amnesty International fordert ein neues und faires Verfahren für Abu-Jamal (Amnesty fordert neues und faires Verfahren für den zum Tode verurteilten Journalisten Mumia Abu Jamal) und veranstaltet regelmäßig Mahnwachen gegen die drohende Hinrichtung. Nach einer längeren öffentlichen Debatte und mehreren parteiübergreifenden Anträgen stellt der deutsche Bundestag im November vergangenes Jahr fest:

Der Deutsche Bundestag bekräftigt seinen Beschluss ..., wonach die Todesstrafe das grundlegendste Menschenrecht, nämlich das Recht auf Leben verletzt. Sie ist eine durch nichts zu rechtfertigende Form grausamer, erniedrigender und unmenschlicher Behandlung oder Strafe. (....) Ein diesbezüglich prominenter Fall ist Mumia Abu-Jamal. In einem Verfahren, an dessen einwandfreier juristischer Durchführung ernstzunehmende Zweifel begründet sind, wurde der schwarze Journalist wegen der Ermordung eines weißen Polizisten zum Tode verurteilt. Der Deutsche Bundestag hofft auf eine rasche Wiederaufnahme des Verfahrens

Drucksache 14/4800

Im Netz wird weiter mobil gemacht. Aktivisten nutzen das Netz, um eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen, unterdrückte Nachrichten zu verbreiten und Aktionen zu vernetzen (Multimedial und auf der Strasse gegen George W. Bush). Aber die Gegenseite, vor allem die Befürworter der Todesstrafe sind nicht untätig und haben längst den Informationskrieg erklärt, nicht zuletzt, wenn es um Mumia Abu-Jamal geht (Politisches Cybersquatting). Trotzdem lassen sich die Solidaritätsgruppen nicht einschüchtern und rufen unter Adressen wie www.mumia2000.org oder www.freemumia.org zu Aktionen und Demonstrationen auf. Für heute, den 12. Mai 2001, wird zu einem weltweiten Aktionstag aufgerufen, dessen Schwerpunkte San Francisco an der West- und Philadelphia an der Ostküste sein werden. Die deutsche Solidaritäts-Site Mumia.de ist vorsichtig: sie kündigt nur einen X-Tag an (der Tag an dem Mumia Abu-Jamal vor der Anhörung erscheinen wird), es wird Demos, Kundgebungen und Partys "Free Mumia Abu-Jamal" geben. Über das Datum wird per E-mail-Liste informiert.

In Philadelphia, wo vor dem Bundesbezirksgericht die Anhörung zur Wiederaufnahme des Verfahrens läuft, findet am Wochenende vom 11.-13.5. ein großes Camp mit vielen Aktionen statt. Bei der Anhörung wird darüber entschieden, ob Abu-Jamals verfassungsmäßige Rechte während des ersten Gerichtsverfahrens 1982 und bei der Berufung 1995 verletzt worden sind. Sollte der Richter eine Wiederaufnahme des Verfahrens ablehnen, kann der 1998 gerichtlich verfügte Hinrichtungsstopp sofort aufgehoben werden.

Das erste Mal hat sich nun auch Mumia Abu-Jamal zum Tathergang geäußert und seine Anwälte haben weiteres Entlassungsmaterial vorgelegt, u.a. die Erklärung eines Berufskillers, der die Erschießung des Polizeibeamtens gesteht. Arnold R. Beverly gibt an, von Unterwelt-Bossen angeheuert worden zu sein, um den Beamten zu töten, denn der habe beim Zahlen von Bestechungsgeldern an andere korrupte Polizisten gestört:

I was hired, along with another guy, and paid to shoot and kill Faulkner. I had heard that Faulkner was a problem for the mob and corrupt policemen because he interfered with the graft and payoffs made to allow illegal activity including prostitution, gambling, drugs without prosecution in the center city area. Faulkner was shot in the back and then in the thee before Jamal came on the scene. Jamal had nothing to do with the shooting.

Mumias neues Anwaltsteam wandte sich mit den neuen Beweisen in einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit und auf der Site Mumia2000 sind die Dokumente online veröffentlicht. Mumia Abu-Jamal hatte sich im ersten Gerichtsverfahren nicht geäußert, da sein Pflichtverteidiger total unfähig und er selbst die meiste Zeit ausgeschlossen war. Er wollte sich selbst verteidigen, was aber abgelehnt wurde. Im Berufsverfahren hatten ihm seine neuen Anwälte geraten, zu schweigen.

Nun erklärt er mit voller Klarheit:

I did not shoot Police Officer Daniel Faulkner. I had nothing to do with the killing of Officer Faulkner. I am innocent. (...) I never confessed to anything because I had nothing to confess to. I never said I shot the policeman. I did not shoot the policeman. I never said I hoped he died. I would never say something like that.

In einer ersten Stellungnahme bezeichnete die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Cathie Abookire die eidesstattliche Erklärung des Berufskillers als lächerlich, wie die Washington Post berichtete: "The affidavit ... is so clearly ridiculous that it should be obvious to any fair-minded person that it is a complete fabrication."