Wenn Hühner so klug sind, warum essen sie dann nicht uns?

Tierschützer gegen Kentucky Fried Cruelty

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Zinger heißt in den Hühnerbratereien der Kette Kentucky Fried Chicken eine Art Hamburger, der aus scharf gewürztem Hähnchenbrustfilet, Dressing, Salatblatt und einem labbrigen Weizenbrötchen besteht. Das ist sozusagen das Begräbnis, das einem kurzen Hühnerlebens folgt und nur dem Zwecke dient, zuletzt verspeist zu werden. Zubereitet wird das Huhn unter Druck in einer Fritteuse nach einem Geheimrezept mit elf Kräutern und Gewürzen. Was die einen lecker finden, lässt den Tierschützern die Haare zu Berge stehen. Jetzt protestieren sie in den USA öffentlich gegen KFC.

Die Organisation PETA führt seit Jahren erfolgreiche Kampagnen gegen Tierquälerei durch. Firmen öffentlich an den Pranger zu stellen, ist ein Mittel, das sie erst nach Jahren der Verhandlungen einsetzen. Aber KFC ließ nach Meinung der Tierfreunde nicht mit sich reden und in Variation des eigenen Logos der Hühnchengriller lautet nun das Motto:

Kentucky Fried Cruelty. We do chicken wrong

(sinngemäß auf Deutsch: Kentucky gebratene Grausamkeit. Wir misshandeln Hühner). Es wird auf Plakaten, Aufklebern und Flugblättern unter die Leute gebracht, um KFC unter Druck zu setzen.

PETA ist nicht nur dafür weltbekannt, dass sie immer wieder Prominente dazu bringen, sich für Anti-Pelzkampagnen entkleidet ablichten zu lassen. Vor rund zwei Jahren war es den engagierten Kämpfern für die Rechte der Tiere nach einer fast einjährigen Kampagne gelungen, den Konzern McDonald's zu entscheidenden Zugeständnissen zu zwingen (vgl. McCruelty). Die Zulieferer der Hamburgerkette in den USA müssen nun Mindeststandards bei der Tierhaltung und Schlachtung nachweisen. Ähnlich erging es Burger King (vgl. Murderking) und Wendy's (vgl. Wicked Wendy's.

Bisher erwies sich KFC aber resistent gegen die Forderung der PETA-Aktivisten, obwohl bereits seit fast zwei Jahren verhandelt wird. Die Hühnerbrater verwiesen auf ihr eigenes Tierschutzprogramm (vgl. Animal Welfare Program), das Richtlinien für die Lieferanten vorsieht, von PETA aber als unzureichend gebrandmarkt wird. Die Organisation sieht schwere Defizite sowohl in den Hühnerfarmen, beim Transport, wie in den Schlachthäusern, die für KFC tätig sind. Die Spanne reicht von der Haltung der Hühner in Hallen auf Rosten bis zur Forderung, sie am Ende ihres Lebens zu vergasen, statt ihnen den Hals durchzuschneiden. Sie verlangen eine echte artgerechte Haltung, anstatt der andauernden Tierquälerei. PETA formuliert es deutlich und drastisch:

Die Hühner, die für Kentucky Fried Chicken gemästet werden, haben keine Möglichkeit, irgendetwas davon auszuleben. Sie werden mit tausenden anderer Individuen in dunkle, dreckige Hallen eingepfercht, die nach Ammoniakdämpfen stinken, die von den sich häufenden Exkrementen ausgehen; sie haben kaum Platz sich zu bewegen (jedes Huhn vegetiert auf einem Raum der Größe einer A4-Seite dahin). Sie erleiden regelmäßig gebrochene Beine, weil sie auf maximale Gewichtszunahme in kürzester Zeit gezüchtet, wüst behandelt werden (Arbeiter packen sie bei den Beinen und stopfen sie in Kisten) und in Schlachthäusern kopfüber ins Fliessband eingehängt werden. Hühner sind oft bei vollem Bewusstsein, während ihnen der Hals durchgeschnitten wird oder sie durch ein Brühbad gezogen werden, um die Federn zu entfernen.

Es wird eng für Kentucky Fried Chicken, wenn den Kunden diese Fakten auf Kentucky Fried Cruelty-Flugblättern vor der Tür in die Hand gedrückt bekommen - es könnte so manchem spontan der Appetit vergehen.

Heiterkeit in der Presse löste der einleitende Satz der neuen PETA-Kampagne aus:

Hühner sind neugierige und interessante Tiere und man geht davon aus, dass sie zumindest so intelligent wie Hunde und Katzen sind.

Das ist wohl doch etwas übertrieben und soll wohl die Solidarität der Haustierbesitzer herauf beschwören. Die New York Times titelte daraufhin:

Wenn Hühner so klug sind, warum essen sie dann nicht uns?

Nur im Bereich der Forschung an Künstlicher Intelligenz hat schon ein Huhn Karriere gemacht. Bezeichnenderweise hört es auf den Namen K.F. Chicken und wird von einem menschlichen Gehirn gesteuert (vgl. Wie man Computer intelligenter macht). Auch nur ein dummes Huhn.

Wer Hühnern jemals länger zugesehen hat, würde sicher nicht ausgerechnet ihre Intelligenz preisen, obwohl Truthähne nachweislich noch viel dämlicher sind. Hahn, Huhn und Küken pflegen zweifelsfrei ein differenziertes Sozialverhalten, hacken nach einer ausgefeilten Ordnung aufeinander ein und verständigen sich mittels mehr als 30 verschiedene Lautäußerungen (vgl. Die Biologie des Haushuhnes).

Tierschützer haben in der Vergangenheit oft erfolgreich gegen die abstoßende Tierquälerei in der Hühnerzucht protestiert. Die Erfolgsgeschichte Bio-Ei ist das prägnanteste Beispiel dafür. Wer hat nicht schon die Bilder der verkrüppelten Käfighühner gesehen und sich gegruselt?

Die europäische Hühnerröstkette Wienerwald) war auch schon das Ziel von Tierrechts-Aktionen, nicht zuletzt, als sie mit dem Spruch

Das erste Huhn, das Sie zu Tränen rührt

für ein scharf gewürztes Gericht warb.

Selbst gegen das beliebte Computerspiel Moorhuhnjagd protestierten Tierschutzvereine, weil sie befürchteten, das reale Jagdfieber würde durch die virtuelle Ballerei angeheizt (vgl. Deutschland vom Moorhuhnfieber gepackt). Da lachen ja die Hühner!

PETA hat sich mit Kentucky Fried Chicken wieder einen sehr großen Gegner ausgesucht und wer sich in Deutschland der Kampagne anschließen will, kann das vor 39 Restaurants von Aschaffenburg bis Würselen tun (Standorte siehe Website). KFC gehört zur international präsenten Restaurantkette YUM!Brands, der u.a. Pizza Hut und Taco Bell angehören. Außerhalb der USA gibt es 11 500 dieser Fastfood-Läden in mehr als 100 Ländern. Gerade wird der chinesische Markt erobert, 700 KFC-Selbstbedienungsrestaurants gibt es dort bereits. Der Konzern beschäftigt weltweit insgesamt 725 000 Mitarbeiter und machte zuletzt 223 Milliarden US-Dollar Umsatz jährlich. Ein Gigant, der global seine Profite einstreicht.

Der Tierschutz ist eine mächtige Lobby und immer wieder in erstaunlichem Ausmaß zur Mobilisierung fähig. Dabei würde es sich auch lohnen, gegen die Arbeitsbedingungen der menschlichen Angestellten von Kentucky Fried Chicken und der anderen Fastfood-Ketten zu protestieren, die meistens von ihrem Lohn noch nicht einem existieren können, sondern auf Zweitjobs angewiesen sind. Die amerikanische Journalistin Barbara Ehrenreich hat in ihrem letzten Buch "Arbeit poor" eindrücklich auf diese Misere aufmerksam gemacht (vgl. Die Kehrseite des amerikanischen Jobwunders). Und gegen die Sweatshop-Arbeitsbedingungen bei den Zulieferern der Taco Bell-Kette, die auch zu YUM!Brands gehört, machen Landarbeiter seit Jahren mobil und rufen zum Boykott auf (vgl. Tomatenpflücker gegen Taco Bell).

Menschliche Schicksale und Existenzbedingungen scheint nur leider viel weniger Leute zu interessieren und zu Protest zu motivieren. Die Landarbeiter konnten jedenfalls ihre Kampagne noch nicht erfolgreich abschließen, sie planen jetzt sogar einen öffentlichen Hungerstreik vor der Taco Bell-Zentrale.