Zentrum für digitale Geisteswissenschaften

Naturwissenschaftler zählen, messen und rechnen - aber was machen Geisteswissenschaftler?

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Die Bayerische Staatsbibliothek (BSB) und die Bayerische Akademie der Wissenschaften haben im letzten Jahr einen Kooperationsvertrag über die Gründung eines Zentrums für digitale Geisteswissenschaften abgeschlossen. Gregor Horstkemper, den Koordinator der Zentrumsaktivitäten auf Seiten der Bibliothek, erklärt, worum es dabei geht.

Herr Horstkemper - Ihr Zentrum für digitale Geisteswissenschaften ist ja noch recht neu, im Juli vergangenen Jahres wurde der Gründungsvertrag unterzeichnet. Was ist bis jetzt passiert?

Gregor Horstkemper: Wir haben zum Beispiel zwischen der Akademie der Wissenschaften und der bayerischen Staatsbibliothek bilaterale Themen, die wir miteinander bearbeiten. Das heißt, wir haben auf beiden Seiten Personal, das an digitalen Projekten arbeitet, für die schon große Mengen an digitalen Ressourcen vorliegen. Und das Zentrum haben wir unter anderem als Kooperationsplattform für unsere bilateralen Projekte etabliert.

Wieviel Personal und wieviel Geld stehen für das Zentrum denn zur Verfügung?

Gregor Horstkemper: Bei der Akademie sind im Moment zweieinhalb Stellen vorhanden. Und in der BSB sind wir zu viert, die besonders viel für das Zentrum tun. Hier haben wir zwei Referate, die im Prinzip im digitalen Bereich arbeiten, mit insgesamt, schätze ich mal, ungefähr 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Diese arbeiten natürlich primär an Projekten hier im Hause, in der BSB, aber für bestimmte Zwecke, Themenfelder und Kommissionsprojekte kooperieren sie mit der Akademie. Das Zentrum ist keine eigene Institution, sondern eine Arbeitsplattform.

Sie selbst sind auf der Seite der BSB der Leiter des Zentrums für elektronisches Publizieren - das ist eines der beiden Referate?

Gregor Horstkemper: Ja, wir im Zentrum für elektronisches Publizieren arbeiten eher im Bereich des genuin digitalen Publizierens, arbeiten also an Publikationen, die von Anfang an als digitale Veröffentlichung geplant sind. Es wurde vor fünf Jahren neu gegründet, wir operieren also erst seit einigen Jahren und erproben auch noch neue Publikationsformen. Das ist ja eher ein experimentelles Feld: Man kann natürlich PDF-Dateien und HTML bereitstellen, aber das Spannende, denke ich, ist es ja auch, in neue Richtungen vorzugehen und diese so genannten Documents of the Future, Mobilformate, Dynamische Dokumente zu unterstützen.

Beim anderen Referat handelt es sich um das Referat Digitale Bibliothek - da wurde zum Beispiel seit 1997 das Münchner Digitalisierungszentrum aufgebaut. Dies Referat kümmert sich unter anderem um Retrodigitalisierung und Langzeitarchivierung und verantwortet damit diesen Riesenbestand der BSB an digitalen Werken.

Gibt es anderswo ähnliche Projekte?

Gregor Horstkemper: Ja, allein in Deutschland gibt es mehrere. Zum Beispiel das Trierer Zentrum für digitale Geisteswissenschaften, ähnliche Einrichtungen gibt es in Göttingen und in Köln. In Bayern wären der neu gegründete Lehrstuhl für Digital Humanities an der Universität Passau zu nennen, und das Zentrum in Würzburg, das wohl jetzt demnächst eine Nachwuchsgruppe für Digital Humanities Projekte gründen wird, da ist Fotis Jannidis tätig, auch ein Protagonist in dem Bereich.

Und Berlin: Dort hat sich ein großer Arbeitskreis gegründet, und es gibt dort mehrere Zentren an der Akademie der Wissenschaften und an den Universitäten. Mit Sicherheit ist das die Akademie in Deutschland, die schon am weitesten vorangeschritten ist beim digitalen Arbeiten, die hat einen eigenen Bereich, Telota, das ist das Kürzel für "The Electronic Life of the Academy" - über den Namen mag man streiten, aber die haben wirklich sehr umfangreiche digitale Projekte. Und es gibt eben die großen Universitäten, Humboldt-Universität, Freie Universität - die sind sehr stark im Bereich Digital Humanities. Auf der internationalen Ebene sind es typischerweise Großbritannien, USA, Niederlande, in bestimmter Weise auch Frankreich, die Länder also, die man im Digitalen auch schon immer ein bisschen weiter vorne gesehen hat.

Was wird, gerade bei Ihnen, digitalisiert und digital gearbeitet?

Gregor Horstkemper: Man muss wissen, dass die Bayerische Staatsbibliothek zwar eine separate Einrichtung ist, aber auch gleichzeitig als Bibliothek für die Akademie fungiert. Insofern sind wir ohnehin verknüpft. Digitales Arbeiten bei den Wissenschaftlern in der Akademie lässt sich zum Beispiel beim Repertorium Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters nachvollziehen: Das ist ein umfassendes Erschließungsinstrument für alles erzählende Quellenmaterial für das Hoch- und Spätmittelalter, das eben für die deutsche Geschichte relevant ist.

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