Zugriff für die Betreiber einer regierungskritischen Website in Österreich gesperrt

Grund ist eine angebliche "Aufforderung zum Widerstand gegen die Staatsgewalt", Kritiker sehen in dem Vorgehen eine Bedrohung der Meinungsfreiheit

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Gerade findet im Nachbarland Österreich eine Auseinandersetzung um die Freiheit der Medien statt, nachdem befürchtet wird, dass ein neues Gesetz Medien- und Strafrecht verbindet und die Verwendung geheimer Verfahrungsakten unter Strafe stellt (Österreichs Journalisten mobilisieren für Wahrung der Pressefreiheit). Da scheint es gut in das Klima zu passen, dass auch eine linke Website Schwierigkeiten bekommen hat.

Nachdem die Gruppe Mayday 2000 Graz, die im Zuge des Widerstands gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung gebildet wurde, festgestellt hatte, dass sie ihre Website nicht mehr verändern konnten, stellte sich auf Nachfrage beim Provider home.pages.at, der die Site hostet, heraus, dass offenbar ein Verfahren der Staatsanwaltschaft wegen "Aufforderung zum Widerstand gegen die Staatsgewalt" läuft. Der Provider musste den Zugriff zur Website sperren, da ihm mit einem Gerichtsbeschluss gedroht worden sei. Die Staatspolizei habe ihm mitgeteilt, so der Standard, dass er das "Beweismaterial", was in diesem Fall offenbar hieß: die gesamte Homepage, einzufrieren, so dass nichts mehr verändert werden kann.

Die Betreiber berichten, dass sie keinerlei Benachrichtigung erhalten hätten, dass und auf welcher Rechtsgrundlage der Provider den Zugang zur Website gesperrt hatte. Für Mayday ist das ein Willkürakt und ein unbegründeter "Eingriff in die Medienfreiheit".

Das Verfahren der Staatsanwaltschaft bezieht sich offenbar auf einen Text mit Rechtshilfetipps bei Demonstrationen, der ansonsten als Flugblatt verteilt wird. Zur Gewalt wird darin nicht aufgerufen, ganz im Gegenteil: "Keine Gewalt! Keine sinnlose Sachbeschädigung oder sogar Angriffe auf PolizistInnen! Das Ziel der Demo ist nicht, irgendwas zu zerstören oder irgendwen zu verletzen. Jede solche Handlung lenkt von unserem Ziel ab. Jede solche Handlung liefert der Presse Bilder von "gewalttätigen" DemonstrantInnen! Jede solche Handlung gibt der Polizei einen Vorwand, um die ganze Demo niederzuprügeln. Wer sich nicht beherrschen kann, soll daheim bleiben." Möglicherweise bezieht sich das Verfahren auf eine Formulierung in einer Passage, die als Widerstand gegen die Staatsgewalt ausgelegt werden könnte: "Ruhe bewahren, bleibt zusammen, wenn es zu Übergriffen und Festnahmen kommt! Lauft nicht davon, sondern helft den Betroffenen, indem ihr versucht, sie zu befreien und in die Mitte der Demo zu retten! Falls das nicht gelingt, versucht die Namen der Verhafteten festzustellen und gebt sie an die Rechtshilfe weiter!"

Mayday 2000 fordert jetzt alle dazu auf, sich die Homepage selbst anzuschauen, um das Vorgehen der Polizei zu beurteilen. Die Zeitschrift Der Standard warnt, dass das Vorgehen der Staatsanwaltschaft, sollte es Schule machen, "ein Ende - oder zumindest massive Probleme - für viele regierungskritische Seiten bedeuten" könnte.