Belgisches Atomkraftwerk schaltet sich automatisch ab

Gerade hatte die deutsche Umweltministerin um die Abschaltung der Meiler gebeten

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Gerade am Mittwoch hatte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks Belgien darum gebeten, die beiden alten Atommeiler in Tihange und Doel aus Sicherheitsbedenken abzuschalten, da tut ihr der Reaktor Doel 3 schon heute den Gefallen und schaltete sich automatisch ab. Es ist unklar, was zu dieser neuen Sicherheitsabschaltung geführt hat.

"Während periodischer Tests hat sich die Zentrale selbst in Sicherheit versetzt", sagte Geetha Keyaert. Der Sprecher der Betreiberfirma Engie Electrabel meinte, es sei das "normale Verfahren", wenn etwas nicht ganz funktioniere. "Wir gehen dem nach, wo das Problem liegt."

AKW Doel. Bild: Torsade de Pointes/CC0

Es ist nur einer von vielen Störfällen in den altersschwachen Reaktoren. Dazu kommt eine offensichtlich mangelnde Sicherheitskultur in Belgien, die sogar schon von der atomfreundlichen Atomaufsicht (AFNC) gerügt wurde. Zudem wurde kürzlich auch bekannt, dass ein IS-Terrorist drei Jahre lang im Hochsicherheitsbereich von Doel arbeiten konnte, bevor er sich nach Syrien abgesetzt hat. Sogar eine Sabotageaktion gab es in Doel schon, die bis heute nicht aufgeklärt werden konnte (Belgiens und Frankreichs Atomstromversorgung in Gefahr).

Hendricks bezog sich in ihrer Bitte aber um die Klärung offener Sicherheitsfragen, da in den Druckbehältern der Reaktoren Wasserstoffflocken gefunden worden waren. Gemeint sind zahllose feine Risse - kleine Einschlüsse von atomarem Wasserstoff -, die vermutlich wohl schon bei der Fertigung des Stahls entstanden sind. Hendricks hatte die unabhängige Reaktorsicherheitskommission (RSK) um eine Stellungnahme gebeten. Die RSK meinte zwar, es gebe aus heutiger Sicht "keine konkreten Hinweise, dass die Sicherheitsabstände aufgezehrt" seien. "Es kann aber auch nicht bestätigt werden, dass diese sicher eingehalten werden."

Hendricks meinte deshalb: "Die unabhängigen Experten der RSK können mir nicht bestätigen, dass die Sicherheitsreserven von Tihange 2 und Doel 3 eingehalten werden können. Deshalb halte ich es für richtig, die Anlagen vorübergehend vom Netz zu nehmen, jedenfalls so lange, bis die weiteren Untersuchungen abgeschlossen sind. Ich habe die belgische Regierung um diesen Schritt gebeten. Er wäre ein starkes Zeichen der Vorsorge. Und er würde zeigen, dass Belgien die Sorgen seiner deutschen Nachbarn ernst nimmt."

Die Antwort aus Belgien, wo man sich "erstaunt" - also auf den Schlips getreten - fühlt, war eine klare Ablehnung. Die Anlagen erfüllten internationale Sicherheitsstandards, erklärte die AFNC. Es bestehe keine Notwendigkeit, sie herunterzufahren. "Unsere Schlussfolgerung bleibt unverändert, ungeachtet dessen, was Ministerin Hendricks sagt", erklärte der AFNC-Generaldirektor Jan Bens.

Es gebe keine neuen Aspekte von deutscher Seite. Die AFNC meint, der Betreiber habe beweisen können, dass die Wasserstoffflocken im Stahl nicht grundsätzlich die Eigenschaft des Stahls beeinflussen. Eingeräumt wird aber, dass die Risse die Stärke oder Bruchzähigkeit des Stahls beeinflussen können, aber das sei im Fall der beiden Reaktoren nicht der Fall.

Man fragt sich, ob hier die Abhängigkeit vom Atomstrom dazu führt, dass erhöhte Risiken eingegangen werden. Belgien hatte erklärt, dass man auf den Strom aus den beiden 40 Jahre alten Meilern angewiesen sei, denn die beiden Meiler produzieren etwa 30% des benötigten Stroms.

Für die Umweltministerin ist das kein Argument. "Tihange 2 und Doel 3 sind zwischen April 2014 und Ende 2015 schon einmal etwa 21 Monate lang abgeschaltet gewesen", antwortete sie. Das habe für die Stromversorgung keine negativen Auswirkungen gehabt. Deswegen hatte sie gehofft, dass die Belgier der Bitte folgen könnten. Die Bundesregierung hält an der Forderung nach Abschaltung derweil fest.