Privatarmeen in Goldgräberstimmung

Strategieberatung, militärische Ausbildung, Kampftruppen: Private Militärunternehmen bieten in einer boomenden Branche weltweit ihre Dienstleistungen an

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"Der Krieg gegen den Terrorismus ist eine Vollbeschäftigungsgarantie für diese Jungs", meinte kürzlich David Des Roches, Sprecher der Defense Security Cooperation Agency des US-Verteidigungsministeriums. Des Roches sprach von einer kaum bekannten Branche, in der derzeit Goldgräberstimmung herrscht, den sogenannten Privat Military Enterprises - privaten Militärunternehmen.

Ob militärische Ausbildung, Strategieberatung oder private Kampftruppen, es gibt im Kriegshandwerk wenig, was die Unternehmen nicht verkaufen. Im Auftrag von Regierungen oder transnationalen Konzernen trainieren Firmen wie Military Profesional Ressources Inc. (MPRI), DynCorp oder Sandline Militärs und Polizeitruppen. In Krisenregionen sichern sie teure Investitionen wie Ölpipelines. Und manchmal greifen sie im Auftrag ihrer Zahlmeister in Bürgerkriege ein. Meist wurden die Unternehmen von ehemaligen Militärs gegründet, die mit ihrem Know-how nach langen Jahren mit magerem Sold nun richtig Geld verdienen wollen.

Ein modernes Söldnerwesen entsteht

Seit dem 11. September erleben die Aktienkurse der offiziell registrierten Unternehmen einen Höhenflug. Im Auftrag des Pentagon bilden bereits jetzt private Militärberater Truppen zur "Terrorbekämpfung" in Georgien aus. Über den Einsatz der Unternehmen zur Ausbildung der neuen afghanischen Armee und in anderen Ländern Zentralasiens wird derzeit verhandelt. Pentagon-Sprecher Des Roches erklärt, die Unternehmen seien "besser in diesen Missionen als irgendjemand anderes, den ich mir vorstellen kann".

Für das Pentagon haben die privaten Militärunternehmen den Vorteil, dass sie kostengünstiger und flexibler arbeiten als die Armee. Das "Outsourcing" der Militärberatung folgt so einem generellen Trend in der US-Armee, die immer mehr Aufträge, wie beispielsweise den Bau von Feldlagern in Kriegsgebieten, an private Unternehmen vergibt, die meist in enger geschäftlicher Verbindung mit hochrangigen Regierungsfunktionären stehen.

Aber nicht nur das Preisargument spielt eine Rolle. Private Militärunternehmen bieten außerdem den Vorteil, dass die US-Regierung nicht für ihre Fehler haftbar gemacht werden kann. Und sie können in Konflikten eingesetzt werden, in denen ein Einsatz offizieller US-Militärs für politische Probleme sorgen könnte.

Operation Sturm

Das Paradebeispiel für einen solchen Fall bietet der Einsatz von MPRI im Jugoslawienkrieg. Dieses wohl bekannteste der Militärunternehmen mit Sitz in Alexandria, Virginia, wurde 1988 von ehemaligen hochrangigen US-Militärs gegründet. Generalleutnant Harry E. Soyster, früher Chef des Militärischen Geheimdienstes DIA, jetzt in der MPRI-Chefetage, erklärt stolz: "Wir haben hier mehr Generäle pro Quadratmeter als im Pentagon" und erläutert die Firmenphilosophie: "Wir gehen irgendwo hin, weil wir von der US-Regierung geschickt oder von einer anderen Regierung unter Vertrag genommen werden. Wir machen das für Geld, ich schäme mich nicht das zu sagen, aber wir machen es richtig."

Im Jugoslawienkrieg sah das 1995 so aus: Um den Vormarsch der serbischen Truppen in Bosnien und ihre Aktivitäten in den mehrheitlich serbisch besiedelten Teilen Kroatiens zu stoppen, unterstützten die US-Regierung kroatische und bosnisch-muslimische Verbände. Aber dazu musste ein von den Vereinten Nationen verhängtes Waffenembargo gegen alle Kriegsparteien umgangen werden. Also bot sich MPRI als privates Unternehmen an, um die kroatische Armee für eine Offensive gegen die Serben fit zu machen. Die entscheidende Militäraktion fand im August 1995 unter dem Namen Operation Oluja ("Sturm") statt. Kroatische Truppenverbände rückten in die mehrheitlich serbisch besiedelte Krajina-Region ein und verübten eine der größten "ethnischen Säuberungen" des zehn Jahre währenden Krieges in Jugoslawien. Während sich die serbischen Truppen zurückzogen, verwüsteten die kroatischen Soldaten Tausende Häuser und vertrieben 150.000 bis 200.000 serbische Zivilisten. Hunderte wurden getötet.

Die Operation Oluja machte aus Kroatien einen weitgehend "ethnisch-gesäuberten" Nationalstaat und leitete den Rückzug der Serben im Bosnien-Krieg ein. Der Befehlshaber der Operation Oluja, General Ante Gotovina, wird nun wegen der Kriegsverbrechen in der Krajina vom Den Haager Kriegsverbrechertribunal gesucht. In der Den Haager Anklageschrift wird detailliert geschildert, wie die Kroatischen Truppen an den Krajina-Serben systematisch Kriegsverbrechen begangen haben. Gotovina tauchte im vergangenen Jahr in den Untergrund ab und fordert jetzt von der US-Regierung die Freigabe von Dokumenten über die Unterstützung der USA bei der Operation Oluja. Davon verspricht sich der General Entlastung in einem anstehenden Gerichtsverfahren.

Nach weiteren Einsätzen in Bosnien, Mazedonien, Kosovo, Nigeria, Saudi Arabien, Kolumbien und allen zwölf ex-sowjetischen Republiken, die seit 1991 unabhängig geworden sind, steht MPRI nun ganz oben auf der Liste der Militärunternehmen, die vom Pentagon mit neuen Aufgaben in Afghanistan und Zentralasien betraut werden soll.

Doch MPRI ist in der Branche bei weitem kein Monopolist. Neben vielen kleinen, oft im halbdunkel agierenden Firmen, die tausenden ehemaligen Militärs der bankrotten Sowjetarmee an Krisenherden in Afrika und Asien ein gutbezahltes Auskommen sichern, agieren mit Dyncorps und Sandline zwei Unternehmen, die sich ähnlich respektabel verkaufen wie MPRI.

So beschäftigt das in Fort Worth, Texas, ansässige Dyncorps weltweit 23.000 teilweise hoch qualifizierte Mitarbeiter. Das Haupteinsatzgebiet der Firma ist Lateinamerika, wo sie im Auftrag des United States Southern Command (USSOUTHCOM) der US-Army unter anderem im Rahmen des Plan Colombia eingesetzt wird (Bomben statt Waffenstillstand). Mit den von der US-Regierung angeheuerten Militärunternehmen kommen dort Söldner zum Einsatz, die bereits in den 80er Jahren in Zusammenarbeit mit der CIA bei der Niederschlagung von Aufstandsbewegungen in Zentralamerika gekämpft haben.