Amerikanisch-südkoreanisches Killerkommando gegen Kim Jong-un?

Kim Jong-un bei seiner Neujahrsansprache.

Nordkorea droht damit, in diesem Jahr eine Langstreckenrakete zu testen, die die USA erreichen könnte

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Der designierte US-Präsident Donald Trump hat sich bei China bitter darüber beklagt, dass das Land den USA nicht dabei helfe, das Nordkorea-Problem zu lösen, obgleich es wirtschaftlich einseitig von den USA profitiere. Trump reagierte auf die Ankündigung von Kim Jong-un in seiner Neujahrsrede, dass Nordkorea sich in der Abschlussphase für den Test einer Langstreckenrakete befinde, mit der sich die USA erreichen lässt.

Bekannt ist, dass Nordkorea, das über einige atomare Sprengköpfe verfügen soll, an einer ballistischen Langstreckenrakete des Typs KN-08 arbeitet, die eine Reichweite von 13.000 km haben soll und womöglich die USA erreichen könnte. Bislang wurde eine solche Rakete noch nicht von Nordkorea getestet. Mit der angeblichen Bedrohung durch Atombomben Nordkoreas und Irans hatte die Bush-Regierung Ende 2001 den ABM-Vertrag gekündigt und mit dem Aufbau des Raketenabwehrschilds (NMD) begonnen. Den Plan, Raketenabwehrsysteme in Europa an der Grenze zu Russland zu installieren, hatte die Beziehungen zwischen Moskau und Washington und der Nato drastisch verschlechtert und den gegenwärtigen Konflikt eingeleitet. Im Mai 2016 war in Rumänien der erste Standort mit SM-3-Raketen eröffnet worden, ein weiterer Stützpunkt ist für 2018 in Polen geplant.

Japan hat sich am NMD nach dem Abschuss einer nordkoreanischen Rakete 2012 beteiligt und sechs Aegis-Schiffe mit SM-3-Abfangraketen von den USA gekauft. Geplant ist von der japanischen Regierung, die allgemein eine offensivere Militärpolitik verfolgt und die nach dem Zweiten Weltkrieg umgesetzte pazifistische Doktrin aufweicht, der Bau weiterer Schiffe und die Modernisierung von zwei Aegis-Schiffen sowie womöglich der Erwerb des landgestützten Terminal High Altitude Area Defense System (THAAD). Japan kann von nordkoreanischen Mittelstreckenraketen erreicht werden. Südkorea hat beschlossen, ein THAAD-System zu erwerben. Die USA haben größere Militärstützpunkte in Südkorea, Japan, v.a. in Okinawa, und Guam, die von Nordkorea im Fall eines Konflikts angegriffen werden könnten. Die Frage ist, ob das NMD in der Lage wäre, mehrere Langstreckenraketen abschießen zu können. China protestiert gegen den Ausbau des NMD in Südkorea und sieht dadurch seine Sicherheitsinteressen ähnlich bedroht wie Russland durch die NMD-Stützpunkt in Osteuropa.

In Südkorea geht man davon aus, dass Nordkorea versuchen wird, in diesem Jahr die Entwicklung einer Langstreckenrakete abzuschließen und mehrere provokative Tests durchzuführen. Letztes Jahr führte das Regime zwei Atomwaffentests durch und schoss mehrere Mittelstreckenraketen ab, darunter auch welche von einem U-Boot. Nach Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, zuletzt 2270 und die Resolution vom November 2016, darf Nordkorea keine ballistischen Raketen abschießen und soll deren Entwicklung ebenso sofort stoppen wie das Atomwaffenprogramm. Nordkorea setzt sich weiterhin darüber hinweg.

Gestern verbreitete das nordkoreanische Fernsehen ein Interview mit einem Sprecher des nordkoreanischen Außenministeriums, der erklärte, das Land habe bereits einsatzfähige nukleare Sprengköpfe entwickelt. Und es wurde gemeldet, so die südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap dass das Regime eine Langstreckenrakete jeder Zeit auf Befehl der Führung starten würde.

Der Sprecher des US-Außenministeriums erklärte am 3. Januar, Nordkorea sei derzeit noch nicht imstande, eine Rakete mit einem nuklearen Sprengkopf zu bestücken. Er sagte überdies, die US-Regierung schließe sich nicht Trumps Meinung an, dass China nicht im Hinblick auf Nordkorea helfe. Trumps Sprecher bestätigte, ohne konkreter zu werden, dass das Weiße Haus unter Trump Nordkorea, wie er getweetet hatte, hindern werde, eine Langstreckenrakete zu entwickeln.

Geordnete Massenaufmärsche in Nordkorea

"Mit jedem Tag wird die Bedrohung größer"

Vergangenen Donnerstag trafen sich Vertreter der USA, Südkoreas und Japans. Vizeaußenminister Antony Blinken sagte nach der Konferenz, dass Nordkorea im letzten Jahr mit den Atomwaffen- und Raketentests eine "qualitative Verbesserung in ihren Kapazitäten" erreicht habe: "Mit jedem Tag wird die Bedrohung größer", sagte er. Man müsse die Verteidigungsmaßnahmen hochfahren, aber auch weiter Druck ausüben, um Nordkorea zurück an den Verhandlungstisch zu bringen. Allerdings kriselt es gerade zwischen Japan und Südkorea, nachdem Südkorea ein Denkmal in Busan errichet hat, das an die Sexsklavinnen während der japanischen Besatzung erinnern soll. Japan zog seine höchsten Diplomaten aus Protest aus Südkorea ab. Die südkoreanische Regierung ist derzeit wenig handlungsfähig, nachdem Präsidentin Park Geun-hye in einen Korruptionsskandal verwickelt ist.

Die Sicherheitsberaterin der Präsidentin Kim Kwan-jin ist nach Washington geflogen, um dort den Konflikt mit Nordkorea zu besprechen. Die Situation sei sehr ernst, sagte er: "Nordkoreas Raketenprogramme stellen nicht nur für Südkorea, sondern für die USA eine Bedrohung dar." Allerdings werden die angeschlagene südkoreanische Regierung und die Obama-Regierung in den letzten Tagen keine Weichenstellungen mehr ausführen können. Möglicherweise werden auch Kontakte mit der kommenden Trump-Regierung gesucht.

Welche Bedeutung die jetzt südkoreanischen Medien zugespielte Information hat, dass sich US-Sondereinheiten einer südkoreanischen Mission anschließen würden, um Kim Jong-un und andere Führungspersonen zu ermorden, ist schwierig einzuschätzen. Quelle der Meldung seien militärische Informanten, so die Korea Times. Angeblich plane Südkorea noch in diesem Jahr eine Brigade mit 1000 bis 2000 Mann aufzustellen, um die nordkoreanische Führung zu stürzen. Es seien Übungen mit Soldaten der Delta Force, der Green Berets, der Navy Seals und der Rangers geplant. Nach der Meldung heißt es aus dem südkoreanischen Verteidigungsministerium, dass der Plan, eine solche Brigade aufzustellen, wegen der zunehmenden Bedrohung vorgezogen wurde. Die Brigade soll Pyongyang vordringen, dort die für das Militär zuständige Führung ausschalten und die Kommandoposten zerstören. Das klingt angesichts der großen und hochgerüsteten Streitkräfte Nordkoreas doch wenig realistisch. Soll die nordkoreanische Führung provoziert oder geängstigt werden? Wird Trump damit herausgefordert?

2014 wurde in dem von Sony Pictures produzierten satirischen Film "The Interview" ein CIA-Plan behandelt, den nordkoreanischen Führer zu töten. Bei einem Interview eines US-Talkshow-Moderators mit Kim Jong-un soll dieser getötet werden, was aber misslingt und erst später in absurden Kämpfen gelingt. Kim Jong-un war sauer, möglicherweise führte Nordkorea dann einen Cyberangriff auf Sony als Rache durch. Sony erlitt schwere Schäden, das Weiße Haus machte Nordkorea dafür verantwortlich und erließ neue Wirtschaftssanktionen. Möglicherweise wurde auch zeitweise das Internet in Nordkorea lahmgelegt.

Der Vorfall führte dazu, die cyberstrategischen Richtlinien neu zu formulieren und die Schwelle, bei Cyberangriffen mit einem Cyberwar oder gar mit einem Angriff kinetischer Waffen zurückzuschlagen, zu erhöhen. Die zurückhaltende Strategie Barack Obamas hat ihn schließlich angesichts der angeblichen russischen Angriffe und "Beeinflussungsoperationen" im Kontext der US-Wahl unter Druck gebracht, doch Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Das hatte aber vermutlich eher innenpolitische Gründe, nämlich Donald Trump und seinem eher prorussischen Kurs zu schaden.