Nanotech-Pflaster lässt Mäuse abnehmen

Das von den Forschern entwickelte Pflaster in der Vergrößerung: Foto: Columbia-Universität

Weißes Speicherfett wird in braunes verbrennungsfertiges Fett umwandelt

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Forschern an der New Yorker Columbia-Universität und an der University of North Carolina haben in der Nanotechnologie-Fachzeitschrift ACS nano die Ergebnisse eines Experiments mit Mäusen veröffentlicht, das zeigt, dass Abnehmen auch ohne Essverzicht und Sport möglich ist: Mittels eines Pflasters, das über winzige Nadeln nebenwirkungsfrei ein Medikament verabreicht, welches weißes Speicherfett in braunes verbrennungsfertiges Fett umwandelt.

Dieses braune Fett kennt man auch unter dem Namen "Babyspeck", weil es bei Erwachsenen in der Natur eigentlich nicht mehr vorkommt. Substanzen, die weißes in braunes Fett umwandeln können, sind schon länger bekannt. Verabreicht man sie über Tabletten oder herkömmliche Spritzen, haben sie jedoch Nebenwirkungen: Sie verursachen Übelkeit und machen Knochen brüchiger. Diese Nebenwirkungen blieben bei der Verabreichung mittels Pflaster aus, weil das in Nanopartikel mit einem Durchmesser von rund 250 Nanometern eingeschlossene Medikament ausschließlich an den Stellen verabreicht werden konnte, an denen es seine Wirkung entfalten soll.

Behandlung von Diabetes

Weil nach einer vierwöchigen Behandlung, bei denen die etwa fingerkuppengroßen Pflaster alle drei Tage ausgetauscht wurden, nicht nur der Fettanteil an den behandelten Mäusekörperstellen um 20 Prozent zurückging, sondern auch die Zuckerwerte massiv sanken, hofft Li Qiang, einer der Autoren der Studie, dass sich die Methode auch zur Bekämpfung von Diabetes einsetzen lässt, wenn sie für die Behandlung von Menschen zugelassen wird.

Außerdem könnte sie eine Alternative zu chirurgischen Gewichtsverringerungsmaßnahmen wie Magenbändern, Magenverkleinerungen, Magen-Darm-Umgehungen und Fettabsaugungen sein, bei denen es zu Komplikationen kommen kann. Nichtoperative Behandlungen wirken häufig nur zeitlich begrenzt oder gar nicht, weil der menschliche Körper evolutionsgeschichtlich bedingt eine Begrenzung der Kalorienzufuhr in vielen Fällen ebensowenig dauerhaft akzeptiert wie eine künstliche Verpflichtung zur Muskelanstrengung.

Verbotene Appetitzügler

An wirksamen Appetitzüglern ist in Deutschland derzeit nur noch der unter dem Markennamen "Xenical" bekannte Wirkstoff Orlistat erhältlich, der dafür sorgt, dass Fett aus der Nahrung unverdaut über den Stuhlgang ausgeschieden wird. Da das zu schwerem Vitaminmangel führen kann, wird bei längerfristiger Einnahme zu ärztlicher Aufsicht geraten.

Bei der Alternative wie Sibutramin ruht die Zulassung wegen eines "erhöhten Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse"; bei Rimonabant (das über die Cannabinoid-Rezeptoren wirkt), bekam man Bedenken wegen möglicher psychischer Nebenwirkungen - und der früher sehr beliebte Appetitzügler X-112 ist schon lange verboten, weil er als Rauschmittel missbraucht wurde.

Übergewicht kann, muss aber nicht mit gesundheitlichen Problemen verbunden sein. Vor zwei Jahren ergab eine Studie sogar, dass es mit einem niedrigeren Demenzrisiko einhergeht (vgl. Übergewicht senkt Demenzrisiko). In den Jahren zeigen andere Studien, dass übergewichtige Personen nicht nur eine höhere Lebenserwartung haben als untergewichtige, sondern auch als normalgewichtige. Einige Mediziner versuchen das damit zu erklären, dass Übergewichtige öfter zum Arzt gehen. Andere, wie beispielsweise Werner Bartens, sehen eine angemessenere und einfachere Lösung des Problems darin, das, was jetzt als Übergewicht gilt, zum neuen Normalgewicht zu erklären.

Das wäre für Bartens, der nicht nur Mediziner, sondern auch Historiker ist, auch deshalb angemessen, weil er mit seiner diachronischen Sichtweise darauf hinweist, dass nicht nur Körperformen, sondern auch Verhaltens- und Gesundheitsvorstellungen Modetrends unterliegen, die keine Erkenntnisgrundlage haben - man denke nur daran, wie sehr sich das Ideal des weiblichen Körpers von der Belle Époque bis in die späten 1960er Jahre verändert hat. Geht man bis bis zur Venus von Willendorf zurück, wird dieses Phänomen noch deutlicher sichtbar.

"Dad Bods" und "stereotyp feminine" Body Builder

Wenn es keine gesundheitlichen Probleme damit gibt, kann man Übergewicht auch belassen und sich in kulturellen Bereichen bewegen, in denen es als schön gilt: Zum Beispiel in Bayern, wo der langjährige Landesvater Franz Josef Strauß dieses Ideal verkörperte. Strauß starb zwar im Alter von 73 Jahren, während sein kettenrauchender und magerer Widersacher Helmut Schmidt 96 Jahre alt wurde, aber der laut Berliner Zeitung mit "mindestens 250 Pfund Gewicht nach dem Abspecken" noch deutlich schwerere Helmut Kohl wurde immerhin 87.

In Indien hat sich dagegen das Schönheitsideal in den letzten Jahren eher zum Schlankeren hin gewandelt - dafür haben junge Amerikaner vor zwei Jahren den "Dad Bod" entdeckt: Einen nicht adipösen, aber doch leicht bierbäuchigen Männerkörper, der seitdem stolz in Sozialen Medien präsentiert wird. Die Gegenbewegung dazu, das Body Building, wird dem Eindruck des amerikanischen Essayisten William Giraldi nach paradoxerweise immer "stereotyp femininer" - mit engen Kleidungsstücken, rasierter Haut, Diäten, ständigem Wiegen und künstlicher Bräune.

Abnehmpflaster für Mäuse. Video: Columbia-Universität