"Die AfD ist in einem politischen Vakuum entstanden"

Telepolis-Salon: Der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron im Gespräch mit Florian Rötzer

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Zu Gast im Telepolis-Salon war neben Nina Horaczek, Chef-Reporterin des Falter und Expertin für Rechtsextremismus in Österreich, der neue AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron, der auch der Landesvorsitzende in Bayern ist.

Auf den Videos, die Bulgan Molor-Erdene, Leon Pfannenmüller und Lion Bischof (Prismen) für den Salon gemacht haben, war er bereits neben Ates Gürpinar von den Linken und dem Kommunikationswissenschaftler Benjamin Krämer zu hören: Sind Rechte dumm und haben Linke einen erhobenen Zeigefinger?, Was ist Heimat? und "Rechts ist gut und Links ist schlecht".

Die AfD-Fraktion im Bundestag, sagte er, als er von der ersten Fraktionssitzung aus Berlin in den Salon kam, strebe als eines der ersten Vorhaben an, einen "Untersuchungsausschuss Merkel" zu installieren. Gefragt, ob er Nähen zwischen AfD und der Linkspartei sehe, weil auch dort einige vor dem ungezügelten Flüchtlingszustrom warnen, da dies auf Kosten der Ärmeren geht, meinte er: "Gott sei Dank haben das die Linken auch formuliert, weil sie damit aufgedeckt haben, dass es nichts Rechtsextremes ist. Das sind Positionen, die die heimische Bevölkerung und auch die Arbeiterschaft schützen, der sich die Linken verpflichtet fühlen. Das ist eher gesunder Menschenverstand und hat mit links oder rechts nichts zu tun."

Für ihn als Flüchtling aus der Tscheslowakei, der hier politisches Asyl erhalten hat, seien von vorneherein alle linke Parteien wie SPD ("Sozialisten"), Linkspartei ("Kommunisten") oder Grüne ("Grünsozialisten") ausgeschlossen gewesen. Er werde doch nicht zu den Kommunisten gehen, vor denen er vor ein paar Jahren geflohen ist. Dann habe es nur noch die "bayerische Bauernpartei" der CSU gegeben und die Freitheitlich-Liberalen, deswegen sei er zuerst zur FDP gegangen.

Seit der Zustimmung zur Griechenland-Rettung 2008 habe er bereits die innerliche Kündigung vollzogen, viele hätten sich damals "vergewaltigt" gefühlt, weswegen er wie viele andere FDP-Mitglieder dann 2013 zur AfD übergetreten sind. Bystron sieht aber auch nach der Abspaltung von Lucke keinen Rechtsruck: "Wir sind von den Medien schon so oft nach rechts gerückt worden, dass wir von der Erdkugel von links schon wieder zurückkommen."

Wenn er im Video gesagt hatte: "Rechts ist gut", dann sei dies aus dem Blick eines Tschechen gesehen. Auch in Frankreich oder in Polen stehe das für etwas Gutes und Bürgerliches. In Deutschland gebe es einen "komplett anderen Begriff von rechts", was gesamteuropäisch aber eine Anomalie sei. Alles, was vor 1945 geschehen ist, sei aber schon Geschichte. Es gebe ganz andere Probleme, dem Land würde auch "die ewige Selbstbeschäftigung" nicht gut tun. Migration und Asylkrise seien die "dringendsten Probleme", die die Menschen am meisten "berühren". Gleich danach komme die innere Sicherheit und die soziale Frage.

Auf die Frage, warum er und die AfD nur die Migration, aber überhaupt nicht auf das langfristige Problem eingehen, wie es technisch und wirtschaftlich weitergeht, da mit KI und Robotik auch massenhaft Jobs und Existenzen gefährdet würden, sagte Bystron: "Wir sind eine ganz, ganz junge Partei und haben jetzt schon ein Programm mit 100 Seiten. Wir werden uns auch um diese Themen kümmern."

Die AfD sei in einem politischen Vakuum entstanden, weil "große Teile des Bürgertums keine politische Vertretung mehr hatten", da die Union nach links gerückt und die FDP pulverisiert gewesen sei. Man decke "natürlich erst einmal die Primärnachfrage" ab, erst im nächsten Schritt werde man sich der Digitalisierung oder der Frage zuwenden, wie man in einer globalisierten Welt bestehen könne.

Ganz offen gibt er auch seine Sympathie zu den Identitären zu. Es sei interessant, "dass der Aktionismus, der früher ausschließlich von links kam, jetzt von rechts kommt. Was die Identitären machen, ist so ähnlich wie das, was früher Greenpeace für die Grünen gemacht hat." Was die Identitären machen, sei "gewaltfrei, intelligent, gut inszeniert und angepasst an die heute Medienwelt." Bystron wird deswegen vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet.

Im Telepolis-Salon "Separatisten oder die Sehnsucht, unter sich zu sein" am 13. November geht es um Selbstbestimmung, Separatismus, Föderalismus und Subsidiarität. Diskussionsteilnehmer sind der syrisch-kurdische Historiker Dr. Kamal Sido von der Gesellschaft für bedrohte Völker, Thomas Hummel, ein Jurist, der sich mit der Geschichte des Begriffs der territorialen Integrität auseinandergesetzt hat, und die aus zahlreichen Fernsehauftritten bekannte Professorin Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing und Expertin für Föderalismus und Europapolitik.

In der Lobby-Bar im ersten Stock des Lovelace um 20:30, Kardinal-Faulhaber-Straße 1, 80333 München.