Flüchtlingsstatus für die Opfer des Klimawandels?

Markt in Niger (Maradi). Foto: annevbast / CC BY 2.0

Nach Meinung von Oxfam France müssten die Industrieländer auch für die Klimaflüchtlinge aufkommen

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Während der COP23-Klimakonferenz, die vom 6. bis 17 November in Bonn stattfand, hatte die NGO Oxfam France laut EurActiv Frankreich vom 3. November den Hinweis veröffentlicht, dass es bislang keinen offiziellen rechtlichen Schutz für Klimamigranten gebe, denn die Definition nach Artikel 1 der Genfer Konvention erkenne nur solche Menschen als Flüchtlinge an, die aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Ansichten oder Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen verfolgt würden.

Künftig sollten, so die Forderung von Oxfam, jedoch auch Menschen, die aufgrund von Auswirkungen des Klimawandels ihre Heimat verlassen müssten, rechtlich als Flüchtlinge behandelt werden. Der EurAktiv-Beitrag wurde in Deutschland am 11. November vom Berliner Tagesspiegel veröffentlicht. Die Meldung geht zurück auf den Oxfam-Bericht Uprooted by climate change.

In der 55 Seiten umfassenden Studie stellt Oxfam fest, dass der Klimawandel schon heute Menschen zwinge, ihr Land und ihre Häuser zu verlassen. Künftig sei damit zu rechnen, dass noch mehr Menschen aus ihrer Heimat verrieben würden. Seit 2008 mussten, so Oxfam, jedes Jahr ungefähr 26 Millionen Menschen weltweit aufgrund von Umweltkatastrophen ihre Heimat verlassen.

Für das Jahr 2016 wird die Zahl mit 23,5 Millionen angegeben. Zu den Auslösern der Flucht gehören extreme Wetterereignisse wie Stürme oder Starkregen mit Überflutungen. Diese Zahlen enthalten jedoch nicht die Menschen eingerechnet, die aufgrund von sogenannten langsamen Katastrophen wie wiederkehrender Dürre und Wüstenbildung oder dem steigenden Meeresspiegel aus ihrer Heimat vertrieben werden. Die Auswirkungen des Klimawandels würden vor allem die ärmeren Länder und hier vorwiegend Frauen und Kinder verstärkt treffen.

Oxfam weist darauf hin, dass Menschen in Entwicklungsländern fünf Mal häufiger von Klima- und Umweltflucht bedroht sind als Menschen in den Industrienationen, wobei diese in der Hauptsache für den anthopogenen Klimawandel verantwortlich sind. Man dürfe die Entwicklungsländer nicht mit den Auswirkungen des Klimawandels alleine lassen, obwohl sie für den Wandel die geringste Verantwortung trügen.

Der kenianische Viehhirte wird nicht nach Europa fliehen

Unter dem Titel Die Mär von den 200.000.000 Klimaflüchtlingen vertraten Steffen Bauer und Benjamin Schraven aus der Abteilung "Umweltpolitik und Ressourcenmanagement" am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik in Bonn in einem Gastbeitrag für die Zeit die Ansicht, dass der Klimawandel gerade den Armen die Lebensgrundlage nehme, fanden jedoch offensichtlich keine Belege für die Behauptung, dass wirklich so viele Menschen durch die Auswirkungen des Klimawandels in die Flucht getrieben würden.

Sie stellten fest, dass die extremen Wetterereignisse vor der UN-Klimakonferenz gezeigt hätten, dass der Klimawandel real sei und die Menschen weltweit immer härter treffe. Sie stellen in der Folge die Frage, wie die Industriestaaten mit den vielfach erwarteten 200 Millionen Klimawandelflüchtlingen umgehen soll, wo Europa jetzt schon mit den zwei Millionen Kriegsflüchtlingen kaum zu Streich komme.

Die Gleichung mehr Klimawandel ergibt mehr Flüchtlinge gehe nicht auf, zumindest was die Nachweisbarkeit angeht, sehen die Autoren gewisse Komplikationen. Ja, Kleinbauern, Fischer oder städtische Arme, die ohnehin unter besonders harten Bedingungen leben, seinen möglicherweise besonders von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Ob jedoch im Einzelfall Umweltfaktoren zu den maßgeblichen Beweggründen für die Entscheidung, die Heimat zu verlassen, zählten oder andere Ursachen wichtiger waren, lasse sich empirisch kaum erfassen.

Den Armen fehlen meist die Ressourcen, um überhaupt migrieren zu können. Dies Bevölkerungsgruppen leiden nicht nur unter den zunehmenden Gefahren durch Fluten oder Wirbelstürme, sondern auch unter schleichenden Umweltveränderungen, wie Wasserverknappung und Vegetationsverlusten. Die sich daraus ergebende Migration erfolgt zumeist im Heimatland.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zwischen Flucht und Migration. Aktuell ist diese Fragestellung beispielsweise im Zusammenhang mit dem Syrienkonflikt, dem eine mehrjährige Dürre voranging.

Einigkeit herrscht in der Forderung, dass weder die Debatte, ob es den Klimawandel überhaupt gibt noch die Diskussion ob und wie der Klimawandel zu neuen Migrationsprozessen führt, in diesem Zusammenhang hilfreich sind und nur vom eigentlichen Problem ablenken. Die wichtigste Frage bleibt: Wie kann menschliche Sicherheit gewährleistet und geschützt werden? Diese erwartet man als Ausgangspunkt des Berichts "Global Compact on Refugees", der 2018 vom UN-Hochkommissar für Flüchtlinge vorgestellt wird.