Sicherheitskonferenz 2018: Frankreich, Türkei, Russland, USA

Herbert Raymond McMaster. Bild: MSC / Kuhlmann

Der französische Ministerpräsident wirbt mit Leo Trotzki für höhere Militärausgaben, sein türkischer Kollege findet es "einfach angenehmer", wenn jemand seine Muttersprache sprechen darf, und McMaster gibt sich überrascht, dass auch die Russen ausländische Angriffe auf ihre Computer untersuchen

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Nach dem deutschen Außenminister Sigmar Gabriel, der britischen Premierministerin Theresa May, dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, dem polnischen Ministerpräsidenten Morawiecki und dem österreichischen Bundeskanzler Kurz (vgl. Sicherheitskonferenz 2018: Gabriel, May, Juncker, Morawiecki und Kurz) sprach im Samstagsprogramm der 54. Münchner Sicherheitskonferenz der französische Ministerpräsident Édouard Philippe, der für die nächsten Jahre eine Erhöhungen des französischen Verteidigungsbudgets ankündigte. Dazu zitierte er frei nach Leo Trotzki dessen abgewandelten Satz: "Wenn Europa sich nicht für den Krieg interessiert, wird sich der Krieg für Europa interessieren."

Mit deutlich mehr Interesse als Philippes Rede wurde die des nach ihm kommenden türkischer Ministerpräsidenten Binali Yıldırım erwartet. Er hielt sie auf Türkisch und begründete das damit, dass es für ihn "einfach angenehmer" ist, in seiner Muttersprache zu sprechen. Gut möglich, dass sich kurdische Politiker in der Türkei diese Begründung merken werden. In den türkisch besetzten Gebieten in Syrien sorgt die Türkei Yıldırıms Worten nach dafür, dass es wieder Sicherheit und Ordnung gibt, dass die Wirtschaft wieder läuft und dass Kriegsflüchtlinge zurückkehren können.

Osmanlı tokadı bringt Yıldırım in Erklärungsnot

Der Einsatz dort ist seiner Meinung nach von den Regeln der Vereinten Nationen gedeckt, weil er der Terrorbekämpfung dient und es bislang keine UN-Friedensmission in Syrien gibt. Zudem hätten auch Frankreich und die USA für ihre militärischen Operationen in Syrien keine Genehmigung der syrischen Regierung. Außerdem wies er auf 5.800 IS-Kämpfer sowie 4.000 dringend und weitere 56.000 weniger dringend Terrorverdächtige aus Europa hin, die man daran gehindert habe, in die Türkei und weiter nach Syrien oder in den Irak zu reisen.

In Erklärungsnot kam er, als er nach der "Osmanlı tokadı", der "osmanischen Ohrfeige" gefragt wurde, die der türkische Staatspräsident den Amerikanern im Falle einer weiteren Unterstützung der YPG-Milizen androhte. Bei der Terrorbekämpfung, so Yıldırım, dürfe man sich nicht alleine auf den IS konzentrieren, sondern müsse auch andere Terrorgruppen ins Visier nehmen. Die kurdischen YPG-Milizen und die PYG-Partei sind seinen Worten nach der "verlängerte Arm der PKK", die er in der Türkei für 45.000 Tote verantwortlich macht.

Lawrow erinnert an das Münchner Abkommen

Der russische Außenminister Sergei Lawrow, der nach Yıldırım sprach, erinnerte an eine andere Versammlung europäischer Politiker, die vor 80 Jahren in München stattfand, an die Erweiterung der NATO entgegen deren früherer Versprechen und an die Symbole und Inhalte, die ukrainische Nationalisten heute benutzen. Dort hat die EU seinen Worten nach einen "falschen Gegensatz" aufgebaut, indem sie das Land vor eine Wahl zwischen Brüssel und Moskau stellte.

Dass es im Osten der Ukraine immer noch Krieg gibt, liegt seiner Meinung nach auch daran, dass die Kiewer-Staatsführung die Beschlüsse der Normandiegruppe sabotiert. Ein wichtiger internationaler Fortschritt wäre seinen Worten nach eine Einigung der Welt- und Regionalmächte, sich nicht mehr in ethnische und religiöse Konflikte einzumischen.

Donald Trumps Nationaler Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster begrüßte die Teilnehmer der Sicherheitskonferenz anschließend, um 12 Uhr 52 Mitteleuropäischer Zeit, mit "Guten Abend", was entweder auf begrenzte Deutschkenntnisse oder ein enormes Jetlag hinweist. Er formulierte in seiner Rede drei Ziele: Das Verhindern der Verbreitung und des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen, den Kampf gegen den Terror und die "Stärkung der internationalen Grundlagen für Frieden und Wohlstand".

"Cyber-Angriffe" und "politische Subversion"

Bezüglich Ziel 1 verwies er nicht nur auf Nordkorea, sondern auch auf Syrien, wo er trotz einer eher unsicheren Beweislage glaubt, dass die Regierung Gas einsetzte. Ziel 2 sieht er dadurch auf einem guten Weg, dass dem IS fast das komplette von ihm beherrschte Territorium abgenommen wurde. Nun gelte es, den Kampf gegen die Taliban und das Hakani-Netzwerk in Afghanistan sowie den gegen die Ideologie der Terroristen zu verstärken, wobei er überraschenderweise auf zwei Zentren in Saudi-Arabien verwies, in denen das geschehen soll.

Die Anklage des US-Sonderermittlers Mueller gegen 13 russische Staatsbürger, die beschuldigt werden, verdeckt Einfluss auf die Politik in den USA genommen zu haben, ist für ihn ein Befreiungsschlag, weil nun ohne Rücksicht auf Geheimhaltung über "Cyber-Angriffe" und "politische Subversion" gesprochen werden könne. Als ihm ein russischer Teilnehmer an der Konferenz eine Studie russischer Computersicherheitsexperten vorhielt, der zufolge 28 Prozent der Computerattacken in Russland aus den USA kommen, während der Anteil der nachweislich aus Russland kommenden Attacken auf Computer in den USA nicht einmal ein Zehntel dieses Prozentanteils ausmacht, scherzte McMaster, er habe gar nicht gewusst, dass es in Russland solche Experten gibt, weil er glaubte, alle Fachkräfte seien mit Angriffen auf die USA ausgelastet.