OPCW-Bericht bestätigt Zweifel an Giftgasangriff in Ostghouta

Douma; Bild: Sana

"Keine Rückstände von phosphororganischen Nervengiften gefunden." Politisch einem fixen Bild von Syrien verpflichtete Medien halten dennoch unbeirrt an ihrer Gewissheit fest, dass Assad für einen Chemiewaffen-Angriff verantwortlich zu machen sei

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Am vergangenen Freitag veröffentlichte die Organisation für das Verbot der Chemischen Waffen (OPCW) das lange erwartete Gutachten seiner Faktenfinder-Mission (FFM) zum Vorwurf eines Giftgasangriffs im syrischen Douma/Ost-Ghouta, der viele Fragen aufwarf, darunter die, ob es den Angriff überhaupt gegeben hat oder ob er inszeniert war, wie es die syrische und die russische Regierung vermuteten (Das lässt aufhorchen: Angeblicher Chemiewaffenangriff in Ost-Ghouta).

Große Zweifel daran hatte die syrische und die russische Regierung. Während die USA, Frankreich und Großbritannien den Vorwurf zum Anlass nahmen, um völkerrechtswidrige Luftangriffe auf Ziele in Syrien zu fliegen. Sie erklärten der Öffentlichkeit, dass ein Giftgasangriff stattgefunden habe und von der syrischen Regierung zu verantworten sei.

Parteiische Quellen, die vom Westen bezahlt werden

Quellen für die Vorwürfe waren erneut Organisationen wie die White Helmets, bei denen eine Nähe zur bewaffneten Opposition auffällig ist und mit Millionensummen von den USA und Großbritannien unterstützt werden.

Belastbare unahhängige und überzeugende "Beweise", von denen beispielsweise der französische Präsident sprach, wurden nie vorgelegt. Stattdessen wurden über soziale Netze Fotos von Toten verbreitet, die angeblich bei dem Giftanschlag ums Leben kamen. Allerdings wurde dieses "Beweismaterial" von Kritikern in sozialen Netzwerken zerpflückt.

Politisches Leitprinzip der Berichterstattung

Die großen Medien in Frankreich wie Deutschland äußerten zwar hier und da Zweifel an der Legitimität der Luftangriffe - sogar die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags sahen keine Deckung durch das Völkerrecht -, aber die regierungsamtliche, politisch beabsichtigte tendenziöse Anschauung, wonach die syrische Regierung mit allen Mitteln, also auch mit Giftgas, den "Volksaufstand" niederkämpft, blieb auch hier Leitprinzip der Berichterstattung.

Ganz so, wie es die Kanzlerin Merkel dem in Sachen Syrien folgsamen öffentlichen Orchester vorgeigt: "Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen."

Die Gewissheit, dass es der "Verbrecher al-Assad" war, ist eine politische Anschauung und keine, die auf solide sachkundige Erkenntnis beruht. Das erweist sich nun auch in der Reaktion auf das Gutachten der OPCW.

Der Zwischenbericht der Fact-Finding-Mission

Es sei ein Zwischenbericht, heißt es in der Presseerklärung zu den FFM-Ermittlungen. Das FFM-Team war trotz aller Schwierigkeiten an Ort und Stelle, hat mit Zeugen gesprochen und Proben vom angeblichen Ort des Giftgasangriffs entnommen. Das Zwischenergebnis lautet:

Spezielle vom OPCW ausgewiesene Labore führten Analysen mit priorisierten Proben durch. Die Ergebnisse zeigen, dass sich keine phosphororganischen Nervengifte oder deren Zerfallsprodukte in den Proben fanden, die der Umgebung entnommen wurden, oder aus den Plasma-Proben (wörtliche Übersetzung von "plasma samples", Anm. d. A.) der angeblichen Opfern stammen. Zusammen mit Rückständen von Sprengstoffen wurden verschiedene gechlorte organische Verbindungen (im Original "various chlorinated organic chemicals", Anm. d.A.) in Proben von zwei Orten gefunden, wofür eine vollständige Kontrollkette vorliegt. Die Arbeit des Teams, die Bedeutung dieser Ergebnisse zu ermitteln, wird fortgesetzt.

OPCW

An letzterem, dass irgendwie doch eine Chlorverbindung gefunden wurde, hängten sich nun die Überschriften derjenigen Medien auf, die aus ihrer Gegnerschaft zur syrischen Regierung kein Hehl machen und deren Berichterstattung politischen Kampagnen sehr nahekommen: "Ermittler finden Spuren von Chlorgas" (Bild), " OPCW weist Spuren von Chlorgas in Duma nach" (Spiegel) oder Chlorgas-Spuren in Duma.

Das wie immer wachsame (west-)medienkritische Blog Moon of Alabama dokumentiert, wie das in der internationalen Öffentlichkeit aussieht, mit Beispielen aus der Washington Post, der BBC und anderen Medien.

"Lüge" und ein Seitenhieb auf syrische und russische Berichte

Das Blog bezeichnet diese Berichterstattung deutlich als "Lüge", denn der Bericht der OPCW würde nicht behaupten, dass "chlorine" benutzt wurde. "Chlor" werde lediglich zwei Mal erwähnt. Das ist auch dem deutschsprachigen Blog Flutterbareer aufgefallen. Dort heißt es aufgrund der Leküre des ausführlichen 26-seitigen technischen OPCW Berichts:

Die derzeitige Berichterstattung des Geschehens ist äußerst fragwürdig, da keinerlei Beweise gefunden wurden, dass tatsächlich Chlorgas eingesetzt wurde. Die derzeitige Lage zeigt nur, dass Chlorgas nicht auszuschließen ist aufgrund verschiedener Stoffverbindungen, die genauso in der Natur oder im Alltag vorzufinden sind. Das Wort "Chlor" ist im Bericht nur zweimal gefallen - wo es um die mediale Berichterstattung über Douma ging (Seite 3).

Philip Klaus, Flutterbareer

Einen Seitenhieb auf die offizielle syrische und russische Darstellung, die von Sputnik und RT in engster politischer Verbundenheit übernommen und verbreitet wurden, gibt es auch:

Demnach wurden auch Anlagen besucht und untersucht, die beide Regierungen als mögliche Fabrik für Chemiewaffen vermuteten. Dort fand man jedoch keinerlei Spuren von irgendwelchen Chemikalien, die zum Bau von Giftgas relevant sind. Damit entspricht es nicht Darstellungen der Medien wie z.B. RT oder SANA.

Philip Klaus, Flutterbareer