Unionspolitiker fordern Ende des Abschiebestopps für Syrer

Bild: Pixabay / CC0

Nach der Gruppenvergewaltigung in Freiburg, bei der mehrere Syrer unter Tatverdacht stehen, sollen Möglichkeiten geprüft werden, Gefährder und Straftäter nach Syrien zurückzubringen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Auch der bayerische Innenminister Hermann (CSU) spricht sich dafür aus, das Abschiebeverbot für Syrien zu überdenken.

"Es geht sicher nicht darum, anständige und gut integrierte Syrer abzuschieben", sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion. "Aber unsere Verantwortung für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland verpflichtet uns, alle Hebel des Rechtsstaats in Bewegung zu setzen, um syrische Straftäter und Gefährder außer Landes zu bringen, sobald es die Lage erlaubt."

Westfälische Rundschau

In der vergangenen Woche hatten sich CDU-Politiker, so der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl und der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg, nach einer Gruppenvergewaltigung in Freiburg, an der angeblich sieben syrische Asylsuchende und ein Deutscher beteiligt gewesen sein sollen, für eine Neubewertung des Abschiebestopps für Syrien ausgesprochen.

Seit 2012 gibt es das Abschiebeverbot für Syrien, begründet wurde es "mit zahlreichen Berichten über Folter und Mord in allen Teilen Syriens", weswegen "zunächst einzelne, dann 2012 alle Bundesländer Abschiebungen nach Syrien ausgesetzt haben".

Die Innenminister der Bundesländer sollen nun darüber beraten, dies zu ändern. Dazu ist eine neue Lageeinschätzung der Sicherheit in Syrien nötig. Dahinein spielt freilich auch der Krieg in Syrien.

Wie sicher ist Syrien?

Das allein ist schon keine einfache Angelegenheit, weil Syrien nur in bestimmten Gebieten sicher ist und die Frage, was sicher ist, unterschiedlich beantwortet wird. Zum Beispiel: Wie sicher ist Syrien für einen jungen Mann, der wehrpflichtig ist?

Die Kämpfe zwischen der syrischen Armee und den gegnerischen Milizen sind noch nicht beendet und wer bürgt dafür, dass sich die Armee nach sieben Jahren Krieg nicht solche Leute als Frontfutter holt, die als irgendwie politisch "Verdächtige" geflohen waren?

Die Wehrpflicht ist nur ein Aspekt unter mehreren, aber er ist wichtig, wie auch jüngste Maßnahmen der Regierung in Damaskus zeigen. Sie sollen ein neues Signal an Syrer im Ausland schicken, die deren Befürchtung lindern sollen, dass sie bei ihrer Rückkehr sofort in den Militärdienst eingezogen werden. Das zeigt an, wie wichtig das Thema Wehrpflicht ist.

Eine neue Abschieberegelung für Syrien - sollte sie denn zustande kommen - ist nur bedingt als Antwort auf die von syrischen Schutzsuchenden begangene sexuelle Straftat tauglich, weil dies keine Maßnahme wäre, die sich lediglich auf die Gewalttat in Freiburg und die darin verwickelten Männer beschränkt, sondern weitergehende Auswirkungen auf andere Personenkreise hätte.

Vor ein deutsches Gericht stellen

Was spricht dagegen, die Männer, denen die brutale Tat vorgeworfen wird, vor ein deutsches Gericht zu stellen, um sie entsprechend der Beweise und Hintergründe zum Fall wie andere Gewalttäter auch zu verurteilen? Die Kosten des Gefängnisaufenthalts? Die kriminelle Ansteckungsgefahr von Gewalttätern? Ein falsches Signal - "wer in Deutschland Bleiberecht hat, behält dies auch nach einem schweren Verbrechen"?

Vereinbarungen mit Baschar al-Assad?

Als weitere Schwierigkeit für eine neue Abschieberegelung käme hinzu, dass diese mit der syrischen Regierung vereinbart werden muss. Das Flugzeug mit den Abgeschobenen muss in Syrien landen und die Abgeschobenen müssen irgendwo in Syrien untergebracht werden können.

Dafür braucht es offizielle Abmachungen. Seit 2012 unterhält Deutschland aber offiziell keine diplomatischen Beziehungen mehr mit der Regierung Assad (wohl aber mit anderen autoritären Machthabern, Folterern und Kommandeuren von todbringenden Militäreinsätzen).

Allerdings gab es noch längere Zeit Verbindungen des BND zu Damaskus. Vielleicht lässt sich aus dem Draht etwas machen. Um die Regierung in Damaskus dazu zu bringen, sich auf die Rücknahme eher unerwünschter Personen einzulassen, müssten Vertreter deutscher Interessen ihrerseits wahrscheinlich politisches Entgegenkommen signalisieren. Man darf gespannt sein, wie dieses aussehen würde und wie es in der Öffentlichkeit verkauft wird.

Das Problem der Vergewaltigungen mit Beteiligung von Migranten

Damit nicht genug des Komplizierten. Es gibt davon auch genügend allein auf dem Schauplatz Deutschland, wie das Verbrechen in Freiburg offenlegt. Es ist nicht die erste Vergewaltigung in Freiburg, die nicht zuletzt deswegen bundesweite Schlagzeilen macht, weil Migranten Täter sind. Es gibt da ein Problem, das die polarisierten politischen Lager gegeneinander aufschaukelt.

Beide kommen in seltsame, abstrahierende Begründungszusammenhänge, die sich am Unfassbaren einer brutalen Wirklichkeit hochschrauben und - fantasieren. Die einen, meist auf der linken Seite, wollen dahingehend abstrahieren, dass der Einzelfall herauskristallisiert. Die rechte Seite wiegelt - auf dem Extrempol - in Richtung einer "Invasion" auf, einem kriegerischen Einmarsch Fremdkultureller, die Vergewaltigung systematisch für ihre Eroberung einsetzen.

Das Problem selbst, der wiederholte Fall einer Gewalttat mit Verwicklung von Migranten, dem durch die Probleme der Massenflucht besondere Aufmerksamkeit zukommt, ist keines für schnelle, einfache Lösungen.

Das Problem mit der Arbeit der Behörden

Das dürfte jedem klar sein, der seine nüchternen Sinne noch zusammenhält, was aber in der Fassungslosigkeit, die der entsetzliche Fall an sich schon bereitet, auch noch den nächsten Boden wegzieht, ist die Arbeit der Behörden. Anscheinend war der Hauptverdächtige der Gewalttäter als Intensivtäter polizeibekannt:

Ihm werden seit dem Sommer mehrere Gewalttaten vorgeworfen, darunter drei Körperverletzungen und zwei Delikte mit Sexualbezug. Außerdem soll er mit einem weiteren Verdächtigen aus dem jetzigen Fall und einer dritten Person bereits im Sommer 2017 an einer Vergewaltigung beteiligt gewesen sein, hieß es auf einer Pressekonferenz in Freiburg.

swr