Drohnen bewachen die Festung Europa

Hermes 900. Foto (2007): I, Mirgolth / CC BY-SA 3.0

Den Markt für militärische Langstreckendrohnen dominieren zwei Firmen aus Israel und eine aus den USA. Ihre Modelle fliegen jetzt Einsätze zur Überwachung des Mittelmeers

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Die israelische Firma Elbit hat von der Europäischen Union den Auftrag zur Überwachung des Mittelmeers erhalten. Das teilte der auf Rüstungs- und Überwachungstechnologie spezialisierte Konzern Anfang November mit. Für zwei Jahre sollen unbewaffnete Drohnen des Typs Hermes 900 von Portugal aus zu Aufklärungsmissionen starten.

Die Flüge finden vermutlich im westlichen Mittelmeer rund um die Straße von Gibraltar statt. Zuständig ist die Agentur für die Seesicherheit (EMSA), die bereits vor zwei Jahren entsprechende Pläne bekannt gemacht hat. Letzten Sommer hatte die EMSA zwei verschiedene Drohnen in einem Pilotprojekt getestet. Auch sie gehörten mit ihrer hohen Reichweite zur sogenannten MALE-Klasse, sind jedoch deutlich kleiner als die "Hermes 900".

Elbit bewirbt das neueste Modell der "Hermes 900"als besonders geeignet "im Bereich Heimatschutz und Grenzsicherung". So hätten der Zusammenbruch des Islamischen Staates und "andere geopolitische Spannungen" dazu geführt, dass Regierungen ihre Verteidigungsanstrengungen "hin zu den sich verstärkenden Herausforderungen im Bereich Heimatschutz und Schutz der Landesgrenzen" ausrichten.

Die "Hermes 900" entspreche dem Hersteller zufolge den europäischen zivilen Luftraumvorschriften. Das würde bedeuten, dass die Drohnen auch von zivilen Flugplätzen starten dürfen und nicht auf eigens eingerichtete, für Zivilflugzeuge gesperrte Lufträume angewiesen sind.

Drei EU-Agenturen starten Kooperation

Noch ist unklar, ob der Vertrag mit der EMSA über ein oder zwei Jahre abgeschlossen wird. Die Zweijahresoption würde die Europäische Kommission 59 Millionen Euro kosten. Hauptauftragnehmer ist die portugiesische Firma CEiiA. Zum Leasingvertrag gehört auch eine Bodenstation. Die Drohne kann mit verschiedenen Nutzlasten bestückt werden.

Berichten zufolge flog sie in 2014, noch vor ihrer endgültigen Zertifizierung durch das israelische Militär, bewaffnete Einsätze in Gaza. Für die EMSA wird die "Hermes 900" in einer maritimen Version geliefert. Laut der Herstellerfirma trägt sie ein auf die Seeüberwachung spezialisiertes Radar, elektro-optische Kameras und einen Empfänger für Schiffsortungssysteme.

Mit den Drohnenflügen will die EMSA verdächtige Aktivitäten und Gefahren aufspüren. Die Agentur verfolgt beispielsweise die Verschmutzung der Meere durch Ablassen gefährlicher Stoffe. So sind Ölspuren für die Drohnen aus der Luft gut zu erkennen.

Jedoch erhält auch die Grenzagentur Frontex Bilder der Elbit-Drohnen, um damit unerwünschte Migration in die Europäische Union zu verhindern. Hintergrund ist ein Kooperationsabkommen von EMSA und Frontex, an dem auch die Fischereiagentur EFCA beteiligt ist. Zusammen bilden die drei EU-Einrichtungen die neue Agentur für die Grenz- und Küstenwache (EBCG).

Vertrag mit Airbus

Auch Frontex fliegt mit zwei unbemannten Luftfahrzeugen im Mittelmeer. Das größere Modell ist eine israelische "Heron 1", die von der Firma Israel Aeronautics Industries (IAI) gebaut wird. Auftragnehmer für das Pilotprojekt, für das die Kommission fast fünf Millionen Euro ausgibt, ist die Firma Airbus, die auch für die Bundeswehr in Mali und Afghanistan "Heron 1" zur Verfügung stellt. Der europäische Rüstungskonzern fliegt die Drohnen dabei auch selbst, etwa zur Wartung oder im Anschluss an Reparaturen.

Von Kreta aus soll die Frontex-Drohne zunächst 600 Flugstunden absolvieren, unter Umständen könnte der Vertrag dann verlängert werden. Einsätze erfolgen hauptsächlich in der Ägäis. Neben IAI hat auch die italienische Firma Leonardo den Zuschlag für die Nutzung einer Drohne des Typs Falco erhalten. Sie verfügt über eine Nutzlast von rund 100 kg. Der Auftragswert beläuft sich auf 1,7 Millionen Euro, die Drohne fliegt dabei von Sizilien.

Laut IAI hat die "Heron 1", die mit einem großen Aufkleber von Frontex versehen ist, Ende Oktober die Marke von 200 Flugstunden erreicht. Sie war dabei durchschnittlich 14 Stunden in der Luft. Wie das Modell des Konkurrenten Elbit trägt die "Heron 1" elektro-optische Sensoren, mit denen das Mittelmeer tageslichtunabhängig beobachtet werden kann.

Auch ein maritimes Radar und ein System zum Empfangen von Schiffspositionsdaten ist an Bord. Befindet sich die Drohne in Sichtweite, wird sie über terrestrischen Funk gesteuert. Außerhalb der Sichtweite ("Beyond Line of Sight) schaltet die Steuerung auf Satellitenkommunikation.

Die Überwachungsvideos können in Echtzeit an mehrere Nutzer gleichzeitig übermittelt werden. Ein entsprechendes System hatte Frontex ebenfalls letztes Jahr getestet ( EU startet Langstreckendrohnen zur Grenzüberwachung).

Auch "Predator" im Mittelmeer

Schließlich fliegen auch Langstreckendrohnen des US-Herstellers General Atomics Missionen im Mittelmeer. Die Firma wurde mit ihrer "Predator" bekannt, mit der das US-Militär und die CIA seit den 90er Jahren Angriffe und außergerichtliche Hinrichtungen in Ländern wie Pakistan, Afghanistan oder Jemen ausführen. Das Nachfolgemodell der Drohne ist die "Reaper". Außerhalb der USA fliegen die Drohnen von General Atomics derzeit nur in Großbritannien in der bewaffneten Version, viele andere Länder nutzen die "Predator" zur Überwachung aus der Luft.

Das italienische Militär hat mehrere "Predator" auf Sizilien stationiert. Sie wurden unter anderem im Rahmen der Militärmission EUNAVFOR MED eingesetzt, mit der die Europäische Union das zentrale Mittelmeer überwacht. Ziel der Militärmission ist die Verfolgung von Schleusern. Erfolgreich ist EUNAVFOR MED jedoch lediglich mit dem weiteren Missionsziel, der Ausbildung der libyschen Küstenwache zum Abfangen von Flüchtlingsbooten.

Die italienischen Militärdrohnen sollen laut der offiziellen Begründung aufklären, ob die Angehörigen der Küstenwache das Erlernte richtig angewendet haben. Bis Mai waren die "Predator" hierfür 240 Stunden im Einsatz. Sollte EUNAVFOR MED im Dezember um ein weiteres Jahr verlängert werden, könnten die Drohnenflüge in den Regelbetrieb übergehen.