Leaks einer US-Gruppe zur "Dark Side of the Kremlin"

Bild: Tobias_ET/Pixabay/Pixabay-Lizenz

Der Eindruck entsteht, dass es sich um eine Kampagne nicht nur gegen Russland, sondern auch gegen WikiLeaks handelt

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Offenbar ist es an der Zeit zurückzuschlagen, nachdem Leaks bislang vor allem westliche Politiker, Regierungen oder Organisationen wie zuletzt die dubiose antirussische Integrity Initiative der britischen Regierung getroffen haben. Gerne wurden russische Hacker oder auch der russische Geheimdienst GRU als verantwortlich ausgemacht, auch WikiLeaks geriet in den Verdacht, der russischen Regierung zu helfen, Hillary Clinton zu desavouieren und Donald Trump an die Macht zu bringen, der selbst als russisches V-Mann verdächtigt wird.

Jetzt hat ein so genanntes "Transparenzkollektiv" massenhaft gehackte Emails und Dokumente ins Netz gestellt, die von "russischen Politikern, Journalisten, Oligarchen, religiösen und gesellschaftlichen Personen" stammen sollen auch von "Nationalisten/Separatisten/Terroristen, die in der Ukraine operieren".

Das Material wurde am 25. Januar von einer Gruppe ins Netz gestellt, die sich den originellen Namen "Distributed Denial of Secrets" (DDOS) gegeben hat und scheinbar eine WikiLeaks-ähnliche Ideologie vertritt, nämlich die Ermöglichung einer "freien Übertragung von Daten im politischen Interesse". Man arbeitet mit Daily Beast, dem Ableger der transatlantisch, antirussisch, anti-Trump ausgerichteten Washington Post zusammen, die schon des längeren einen guten Draht zu den Geheimdiensten unterhält. Mitbegründerin und Sprecherin von DDOS ist die (Transgender)Journalistin Emma Best, die Daily Beast bereits vor der Veröffentlichung der Daten zur "Dark Side of the Kremlin" informiert oder mit ihr kooperiert hat, um dem Coup mehr Aufmerksamkeit zu geben.

Ihr Mitgründer, genannt "Der Architekt", will anonym bleiben, die Rede ist von einer kleinen Gruppe, die aber auch - trotz aller Transparenz - lieber im Dunklen bleiben will. Daily Beast dramatisiert die Geschichte und erzählt, dass Best schon mal das Gefühl hatte, dass jemand in die Veröffentlichung der Daten eingreifen wollte. Man habe dann Kopien auf anderen Servern angelegt. Man lebt also gefährlich, wollen Daily Beast und Best sagen.

"Kein Anliegen, keine Idee, keine Botschaft"

Best erzählt, sie wäre letztes Jahr in die "Welt des russischen Hacktivism" geraten, als sie einem Kollegen bei der Suche nach einem Leak von der antirussischen Hackergruppe Shaltai Boltai helfen wollte. Nach der Gründung von DDOS hätten Hacker weitere Archive vermittelt. Als sich herumgesprochen habe, dass sie russische Hacks suche, hätten sich die Tore geöffnet und weitere Leaks wären eingegangen. Ob sich Best und ihre Gruppe damit beschäftigt hat, ob die geleakten Dokumente authentisch sind, ist ebenso unklar wie Quelle der Leaks.

Im Unterschied zu WikiLeaks will DDOS vorgeblich "politische, wirtschaftliche oder persönliche Neigungen vermeiden", man will einfach nur vorhandene Information veröffentlichen. Als Kollektiv unterstütze man "kein Anliegen, keine Idee oder Botschaft", man will nur "dem Volk" Information zur Verfügung stellen. Der hehre Anspruch dürfte aber eher das Ziel haben, die kaum versteckte Einseitigkeit zu kaschieren.

Die Gruppe war letzten Monat gegründet worden - gibt es einen Zusammenhang mit der Aufdeckung der Integrity Initiative Ende November? - und stellt nach eigenen Angaben gehacktes Material zusammen, das an verschiedenen Stellen online liegt oder schon wieder aus dem Internet verschwunden ist. Daraus soll für Wissenschaftler und Journalisten eine Bibliothek oder ein Museum von Leaks entstehen, das bislang relativ beliebig erscheint, aber offenbar weniger daran interessiert ist, politische US-Leaks aufzugreifen. Die russischen Leaks sollen nach Best zumindest teilweise noch nicht veröffentlicht worden sein, der Rest sei "ziemlich dunkel und weitgehend unbekannt oder vergessen".

Unter anderem werden die von "Cyber Anakin" geleakten Daten veröffentlicht, der angeblich aus Rache wegen des Abschusses von MH17 wahllos russische Websites gehackt hat. Oder Hacks der Gruppe Shaltai Boltai, die "russische Oligarchen und Entscheidungstreffer" zum Ziel hatten, was ebenso wahllos zu sein scheint und neben etwa angeblichen Emails von Wladislaw Surkow, einem Politiker und früheren persönlichen Berater von Putin, auch private Emails von Nichtregierungsangehörigen einbegreift. Für den angeblichen Hack von Surkows Email-Account 2016 waren ukrainischer Hacker von CyberHunta verantwortlich, Emails sollen belegen, dass sein Büro mit Separatisten in der Ostukraine verbunden war, dass Moskau mit diesen in Kontakt stand und steht, ist allerdings kein großes Geheimnis.

WikiLeaks als eigentliches Ziel?

Man gewinnt den Eindruck, dass DDOS oder zumindest Daily Beast damit WikiLeaks angreifen will, Emma Best machte sich zuvor lustig über nicht sonderlich erfolgreiche Versuche, Spenden einzusammeln. Sie hatte auch schon gehackte Chats von WikiLeaks zwischen 2015 und 2016 veröffentlicht, die aber großenteils schon vorher bekannt waren. Dass sich hier Assange nicht für Trump, sondern die Republikaner ausspricht, hatte allerdings nichts damit zu tun, dass er die Politik der Republikaner bevorzugt, er war der Meinung, dass Clinton die USA schneller wieder in Kriege führen könnte. Überhaupt hat Best seit Juli 2018 WikiLeaks als Ziel einer persönlichen Kampagne entdeckt. Also etwa zu dem Zeitpunkt, als bekannt wurde, dass die neue ecuadorianische Regierung mit der britischen Regierung über eine Übergabe verhandelt haben soll. Im August hatte sich herausgestellt, dass das US-Justizministerium eine Anklage gegen Assange vorbereitet hat, um seine Auslieferung zu ermöglichen.

Hauptvorwurf ist, dass WikiLeaks einseitig gegen die USA, d.h. gegen Clinton und die Demokraten, gerichtete Leaks gemacht haben soll, während 2014 gehackte Inhalte vom russischen Innenministerium nicht aufgenommen wurden. Man habe dies 2016 abgelehnt, als Assange "darauf ausgerichtet war, Dokumente der Demokratischen Partei zu veröffentlichen, die WikiLeaks von Kreml-Hackern erhalten hat", schreibt Daily Beast als Tatsachenbehauptung. Verwiesen wird auf einen Artikel von Foreign Policy, der auch eher den Verdacht gegen WikiLeaks zu bestärken suchte, aber nur Vermutungen anstellt.

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