"Unsere Alliierten und Gegner militarisieren den Weltraum … Wir müssen handeln"

Florence Parly bei der Vorstellung der Weltraumstrategie. Screenshot aus Video des Verteidigungsministeriums

Die französische Verteidigungsministerin Parly will mit dem neuen Weltraumkommando auch zur "aktiven Verteidigung" Nanosatelliten zum Patrouillieren und Laserwaffen zum Blenden gegnerischer Satelliten

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Frankreich will nicht zurückstehen, wenn es um die Militarisierung des Weltraums geht. Nachdem Donald Trump mit der Einrichtung eines Weltraumkommandos das Final gesetzt hat, braucht sich jetzt kein anderes Land mehr zurückhalten, Weltraumprogramme zu betrieben, die darauf abzielen, im Wettrüsten mitzuhalten und nicht ausgespielt zu werden. Dabei sind neben den Großmächten USA, China und Russland auch Israel, Indien und der Iran. Die Nato findet die Aufrüstung im Weltall auch wichtig. Jetzt hat sich auch Frankreich angeschlossen, die stärkste Militärmacht der EU, wenn Großbritannien mit dem Brexit ausschert.

Am 14. Juli verkündete Staatspräsident Macron bereits, dass Frankreich mit den USA mitziehen und ein Weltraumkommando bis September einrichten will (Iron Sky und die Militarisierung des Weltalls. Das blieb ziemlich nebulös, bis sich die französische Verteidigungsministerin Florence Parly meldete und ankündigte, dass Frankreich auch seine Satelliten mit Weltraumwaffen schützen werde. "Unsere Alliierten und Gegner militarisieren den Weltraum … Wir müssen handeln." Handeln heißt, im Wettrüsten mitziehen, aber Parly meint wenig überzeugend, das habe mit offensiven Kapazitäten nichts zu tun.

Parly spricht davon, dass in den 1960er Jahren der Weltraum eine neue "Frontier" gewesen sei, heute sei sie die letzte. Das ist eine verwegene Behauptung, weil der Weltraum auch vom Digitalen abhängt, weswegen die ultimative Grenze eigentlich der Cyberspace wäre. Man kann vermuten, dass dies den Militärstrategen zu wenig konkret und anschaulich ist, weswegen der Weltraum mit physischen Objekten wie Satelliten in den Vordergrund gestellt wird.

Wer die Rede von Parly geschrieben hat, wird vorerst nicht bekannt werden und ist auch egal. Dass sie diese Art der Propaganda betreibt, ist schon erhellend. Die militärtechnische Innovation wird gefeiert, als ob es keine anderen Möglichkeiten gäbe, Kriege zu verhindern:

Der Mensch hat Flugzeuge gebaut, wir haben die Luftwaffe kreiert. Der Mensch hat den Cyberspace geschaffen, wir haben ein den Cyberbedrohungen gewidmetes Kommando kreiert. Der Mensch träumt von Künstlicher Intelligenz, wir haben unseren Armeen eine KI-Strategie gegeben. Heute militarisieren unsere Alliierten und unsere Gegner den Weltraum. Und da die Zeit der Resilienz immer kürzer wird, müssen wir handeln. Wir sind bereit. Denn morgen, ist bereits gestern.

Florence Parly

"Der Weltraum darf kein neuer Wilder Westen werden"

Parly verweist zur Begründung der Bedrohung wie schon vor einem Jahr, als es um das Weltraumkommando ging, auf den russischen Satelliten "Luch-Olymp". Der habe sich, hatte sie im September 2018 erklärt, mit seinen "großen Ohren" dem französischen Satelliten Athena-Fidus genähert, um die Kommunikation zu belauschen. Das sei ein Akt der Spionage, man habe den Satelliten gesichert ("Wir sind in Gefahr": Aufdringliche und indiskrete russische Satelliten mit großen Ohren). Der Satellit muss als Beweis für die Bedrohung erneut herhalten: "Ich halte mich nicht zurück, Ihnen einige Neuigkeiten zu sagen: Er hat seine Visitenkarte seitdem bei 8 neuen Satelliten, die verschiedenen Ländern gehören, hinterlassen."

Es gehe nun darum, die Satelliten der Gegner zu stören, auszuschalten oder zu zerstören. Zu dieser Bedrohung kommen die Nanosatelliten, die ein amerikanisches Unternehmen letztes Jahr in den Weltraum schickte. Diese von der USA schlecht kontrollierten neuen Akteure würden eine Gefahr für die französischen Satelliten darstellen, weil sie eine Verschmutzung des Weltraums sind und die Gefahr von Kollisionen steige: "Der Weltraum darf kein neuer Wilder Westen werden."

Zur Sicherung der Unabhängigkeit sei deshalb eine verstärkte Weltraumrüstung notwendig, man müsse dank des Weltraums und in ihm handeln, was die neue Weltraumstrategie des Präsidenten Macron ermöglichen soll. Bis zum 1. September soll ein "großes Weltraumkommando" eingerichtet werden, das eine Weltraumdoktrin ausarbeiten und die neuen Mittel einsetzen soll. Und weil der Weltraum auch bislang von der Luftwaffe bearbeitet wurde, wird das große Kommando der Luftwaffe unterstellt, die dadurch zum Luft- und Weltraumkommando wird. Die Zentrale des Weltraumkommandos wird in Toulouse sein, die "Stadt im Herzen des französischen Ökosystems des Weltraums". Starten wird das Weltraumkommando mit 220 Mitarbeitern, die Zahl sich nach und nach erhöhen.

Aufforderung an Deutschland

Oberstes Ziel sei es, die Weltraumkapazitäten, auch die strategisch wichtigen zivilen, zu schützen. Es gehe aber keinesfalls um eine Aufrüstung, versichert Parly, in erster Linie verfolge die französische Regierung mit den europäischen Partnern, aber auch mit allen interessierten Staaten die diplomatischen Bemühungen, die friedliche Nutzung des Weltraums zu garantieren. Dieses angeblich prioritäre Thema wird aber von der Verteidigungsministerin nicht weiterausgeführt. Dafür aber, wie die französische Weltraumverteidigung ausgebaut werden soll, nach dem Motto: "Beherrschung des Weltraums".

Ausgebaut sollen die Überwachung und die "aktive Verteidigung" werden. So müssten alle Objekte in der Umgebung beobachtet und unfreundliche Begegnungen mit den französischen Satelliten erkannt werden. Die Nachfolger der Graves-Radarsysteme müssten gegnerische Objekte in der Größe einer Schuhschachtel aus 1500 km sehen können. Ab 2023 soll es Nano-Satelliten zum "Patrouillieren", deren Kameras die "Augen" der großen Satelliten sind. Bei der Überwachung des Weltraums mit allen verfügbaren Techniken soll sich vor allem Deutschland beteiligen, auch Italien wird genannt. Zur "aktiven Verteidigung" rechnet Parly starker Laserwaffen auf den Satelliten, um die Angreifer zu blenden. Diese entwickle man gerade. Oder es könnten die Nano-Satelliten verwendet werden.

Zusätzlich zu den bis 2025 schon bewilligten 3,6 Milliarden Euro zur Totalüberholung der Satelliten kommen erst einmal 700 Millionen. Frankreich setzt bei den entstehenden Kosten auf die Zusammenarbeit mit europäischen Partnern, das sei auch der Vorteil der europäischen Verteidigung. Ganz entschieden ist die Verteidigungsministerin nicht, ob es um Europa oder nur Frankreich geht. Der Zugang zum Weltraum sei "zwingend für unsere strategische Autonomie" und für "unseren Platz in der Avantgarde der Weltraummächte". Und viel Emotion und Nationalstolz muss schon gepflegt werden, um beim teuren Wettrüsten im Weltraum mitzuspielen:

Wir sind eine einzige Mannschaft. Die Weltraummannschaft von Frankreich. Wir glauben an Frankreich, die dritte Weltraummacht. Wir waren ein Teil der Pioniere. Und wir werden Avantgarde sein. Lang lebe die Luft- und Weltraumwaffe!

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