Konferenz in Malaysia fordert Neustart der MH17-Untersuchungen

Bild: https://dan-news.info

Diskutiert wurden angebliche Unstimmigkeiten der JIT-Ermittlungen, unklar blieb aber, welche Rolle Malaysia, das die technische Leitung abgelehnt haben soll, zu Beginn von diesen spielte

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Am 15. bis 17. August fand in Malaysia die internationale Konferenz "MH17: The Quest for Justice" statt, in der die strafrechtlichen Ermittlungen des Gemeinsamen Ermittlungsteams JIT als voreingenommen und mit Tunnelblick auf Russland kritisiert wurden. Als Ergebnis des unter Mitwirkung der Regierung veranstalteten Treffens wird gefordert, den geplanten Prozessbeginn im März in den Niederlanden zu verschieben, die Verfolgung der vier bislang Angeklagten einzustellen und ein neues Verfahren zu beginnen, das weitere Erkenntnisse mit einschließt. Kees van der Pijl, der ein Buch zu MH17 geschrieben hat, war dort als Gast, der Veranstalter hat dessen persönliche Zusammenfassung veröffentlicht. Nik Afanasjew hat im Freitag ebenfalls einen Bericht zur Tagung publiziert: West-Fernost-Konflikt.

Der malaysische Regierungschef Mahathir Mohamad, der schon zuvor dem JIT eine einseitige Ausrichtung auf Russland vorwarf, wurde gebeten, der Forderung Nachdruck zu verliehen. Als Mitglied des JIT neben den Niederlanden, Belgien, Australien und der Ukraine könnte Malaysia zumindest offenkundig machen, dass das JIT nicht einstimmig zu dem Ergebnis gekommen ist, dass mit der Hilfe von russischen Soldaten mit einer russischen Buk die MH17 abgeschossen wurde, vielleicht könnte auch mit einem Veto gedroht werden.

Vom SBU abgehörte Gespräche manipuliert?

Auf der vom International Movement for a Just World (JUST), von der Perdana Global Peace Foundation (PGPF) und vom kanadischen Centre for Research on Globalization organisierten Konferenz wurde zu Beginn der Dokumentarfilm "MH17 - Call for Justice" von Yana Yerlashova, einer früheren RT-Journalistin, und vom niederländischen Blogger Max van der Werff gezeigt.

Auf dem Podium saß neben Yerlashova auch Akash Rosen, der Gründer von IT Forensic Services und zertifizierter Audio-Spezialist. Er behauptet im Film, dass er mit seinem Team die vom ukrainischen Geheimdienst SBU dem JIT übergebenen abgehörten Gespräche, die als Beweise dienen, analysiert und herausgefunden habe, dass sie manipuliert, geschnitten und anders montiert wurden. In einer ausführlichen Dokumentation haben sie ihre Ergebnisse veröffentlicht. Überdies gehen sie Spuren und Zeugen nach, dass an dem Tag ukrainische Kampfflugzeuge unterwegs waren, was schnell auf Widerspruch stieß.

Analyse der abgehörten Gespräche im Film

Die Filmemacher geben wie die Konferenzveranstalter vor, keine bestimmte Erklärung zu verfolgen, sondern auf die angeblich vielen offenen Fragen hinzuweisen, die vom JIT nicht berücksichtigt werden, das sich auch weigert, das Angebot des Privatermittler Josef Resch aufzugreifen, die von ihm während eines Auftrags ermittelten Dokumente im Beisein der Presse zu übermitteln. Resch hatte für einen unbekannten Auftraggeber für eine Belohnung von 15,5 Millionen US-Dollar nach einem Zeugen mit Beweisen für die Schuldigen gesucht und angeblich gefunden.

Im Film kommt der deutsche Luftrechtsjurist Elmar Giemulla zu Wort, der beim Europäischen Gericht für Menschenrechte (EGMR) gegen die Ukraine klagt, weil diese den Luftraum über dem Kriegsgebiet in der Ostukraine nicht gesperrt hat (Der EGMR drückt sich vor einer Entscheidung). Er beanstandet, dass die vom Geheimdienst SBU übergebenen "Beweise" nicht mit größter Vorsicht verwendet werden. Auf der Konferenz brachte der Jurist Gurdial Singh Nijar, ein früherer Rechtsprofessor und Präsident der Malaysian Human Rights Society, ebenfalls die Idee ins Spiel, wie Giemulla eine Zivilklage gegen die Ukraine zu führen. Der ehemalige Lufthansa-Pilot Peter Haisenko war ebenfalls geladen und trug wieder seine lange gehegte These vor, dass die Maschine nicht von einer Buk abgeschossen wurde, sondern wahrscheinlich von einem Kampfflugzeug.

Übergabe der Flugschreiber an Leutnant Sakri. Screenshot aus dem Film

FBI wollte die Flugschreiber an sich nehmen

Ungewissheit herrscht weiter darüber, wie das JIT mit Malaysia umgegangen ist. Fakt ist, dass Malaysia erst nach einem halben Jahr in das JIT aufgenommen wurde, obgleich es sich um eine malaysische Maschine handelte und auch malaysische Bürger zum Opfer wurden. Dagegen wurde die Ukraine früh aufgenommen, obgleich sie am Krieg beteiligt war und keine Opfer zu beklagen hatte. Angeblich gab es hier ein Geheimhaltungsabkommen, nach dem über Informationen, die veröffentlicht werden, Konsens herrschen muss. Trotz der Kritik der Regierung Malaysias wurden aber die Ermittlungsergebnisse offenbar ohne ein offizielles Veto Malaysias der Öffentlichkeit kundgetan.

Auf der Konferenz und im Dokufilm kam allerdings Leutnant Sakri zu Wort, der im Auftrag des damaligen Regierungschefs Najib Razak in die Ukraine flog, um am Absturzort dafür zu sorgen, dass die Leichen ordentlich geborgen werden. Angeblich wollte Kiew verhindern, dass er und sein Team an den von den Separatisten kontrollierten Abschussort kommen. Sie sollen dann trotzdem dorthin gelangt sein und hätten ohne Probleme die beiden Flugschreiber am 21. Juli ausgehändigt bekommen. Auf der Rückfahrt nach Charkiv hätten dann FBI-Agenten versucht, die Flugschreiber an sich zu nehmen, was sein Team nach Rücksprache mit Najib aber verhindern konnte. Der malaysische Botschafter in Kiew übergab diese dann aber dem Dutch Safety Board, der sie britischen Experten von der Air Accident Investigation Branch (AIB) weitergereicht hat.

Offene Fragen

Angeblich hätten malaysische Beamte danach nie Einblick in die Rohdaten erhalten, sondern sie hätten nur erhalten, was AIB freigegeben habe. Nach dem Bericht des Dutch Safety Board gab es aus den Aufzeichnungen keine Warnungen oder Hinweise auf Sicherheitsprobleme, die Aufzeichnungen sollen abrupt geendet haben.

Diskutiert wurde auch darüber, ob Malaysia die technische Führung beim JIT angeboten worden sein soll, was die Regierung aber abgelehnt habe. Angeblich war man wegen der Suche nach der im März 2014 verschollenen MH370 überlastet und wollte dies deswegen nicht übernehmen, zudem sei der Absturzort zu weit entfernt, sagte Datuk Seri Azharuddin Abd Rahman, der ehemalige Leiter der Behörde für zivile Luftfahrt. Er wiederum behauptete, man habe die Rohdaten der Flugschreiber heruntergeladen, da man wissen wollte, was in den letzten Sekunden geschehen war. Unklar ist, inwieweit Malaysia nur als Gehilfe von Russland auftritt, das die JIT-Ermittlungen auch als einseitig zurückweist und moniert, dass viele Informationen nicht berücksichtigt würden.

Oder es gibt nach Wissen der Regierung doch so viele Lücken in den JIT-Ermittlungen, dass die Forderung nach einer neuen, nach allen Seiten ermittelnden Untersuchung berechtigt wäre, zumal das JIT nicht willens zu sein scheint, Hinweise zu berücksichtigen, die in eine andere Richtung gehen als nach Moskau. Der niederländische Botschafter zwar zur Konferenz eingeladen erschien aber dort nicht. Eine geplante Veranstaltung mit Familienangehörigen Opfern kam nicht zustande. Vermutet wird von Konferenzteilnehmern, dass die Botschaft hier Druck ausgeübt haben könnte. Es könnte aber auch sein, dass sie sich nicht instrumentalisieren lassen wollten oder der JIT-Version Glauben schenken.

Russland hielt sich während der Konferenz im Hintergrund. Gestern besuchte allerdings der Vorsitzende des Sicherheitsrates Russlands, Nikolai Patrushev, den malaysischen Verteidigungsminister Mohamad Sabu, um über die Untersuchung des Abschusses von MH17 zu sprechen. Wenig verwunderlich stimmte Patrushev dem Ministerpräsidenten Mahathir Mohamad zu, der das JIT wegen "unbegründeter und voreiliger Anschuldigungen" kritisiert hatte. Abgesehen von russischen und malaysischen Medien wurde die Konferenz ansonsten kaum wahrgenommen.

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