Verzweifelte deutsche Eltern der "Verschwundenen" beim G7

Demonstration für die Festgenommenen in Nürnberg. Bild: Mit freundlicher Genehmigung von Red Side

Auf dem Weg ins baskische Lekeitio wurden drei junge Menschen aus Nürnberg in Frankreich inhaftiert - Die Eltern haben auch zwei Wochen später noch keinen Kontakt zu ihnen

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Telepolis hatte von den drei Jugendlichen aus Nürnberg, die unter sonderbaren Umständen vor dem G7-Gipfel im französisch-baskischen Biarritz in eine Polizeikontrolle gerieten und inhaftiert wurden, kürzlich berichtet. Aus Zufall hatte der in zwei Fällen illegal abgeschobene freie Mitarbeiter von Radio Dreyeckland (RDL) in Freiburg im kleinen Gefängnis von Hendaye Kontakt zu den jungen Leuten zwischen 18 und 22 Jahren und konnte nach der Abschiebung über ihr Schicksal berichten.

Nun liegt Telepolis ein Offener Brief der Eltern vor. Sie sind völlig verzweifelt und wenden sich deshalb an die Öffentlichkeit. Sie machen deutlich, dass auch die minimalsten Rechte der Gefangenen wie z.B., sich mit ihren Eltern in Verbindung zu setzen, in Frankreich ausgehebelt werden. Dort hat man während des G7-Gipfels in Biarritz eine Art "nicht erklärten Ausnahmezustand" hergestellt, der offensichtlich weiter andauert. "Wir wenden uns in unserer Verzweiflung an Sie, da unsere Kinder unter rechtsstaatlich fragwürdigen Umständen in Frankreich verschwunden sind", schreiben die Eltern.

Sie bestätigen die Darstellung, wonach sich die drei Nürnberger auf den Weg ins spanisch-baskische Lekeitio befanden, das im Sommer immer wieder von Nürnbergern besucht wird. Aus der Reisegruppe von 10 Personen fehlten dann die drei jungen Männer, die nicht zum verabredeten Campingurlaub eingetroffen waren. Denn sie waren an einer Kontrolle abgefangen und im Schnellverfahren zu 2 und 3 Monaten Haft verurteilt worden, wie an dieser Stelle berichtet wurde. Wie in anderen Städten wurde auch in Lekeitio gegen die Inhaftierung protestiert.

Es ist fast unglaublich, dass die verzweifelten Eltern nach fast zwei Wochen "bislang kaum offizielle Informationen" erhalten haben. Sie kennen nicht einmal das Urteil genau, das gegen ihre Söhne ausgesprochen wurde. Die Behauptung einiger deutscher Medien, sie hätten Tränengasgranaten und einen Eispickel mitgeführt, hat sich längst als Falschmeldung herausgestellt, weshalb sie auch vom angeblichen Waffenbesitz freigesprochen wurden. Das Urteil, das die Strafen ohne Bewährung aussprach, basiert auf dem Vorwurf, sie hätten sich "spontan zusammengeschlossen", um beim G7 möglicherweise Gewaltakte zu verüben.

Anzumerken ist, dass dies ein weit dehnbarer Standardvorwurf ist, der auch gegen Beobachter der französischen Menschenrechtsliga im Rahmen des G7 erhoben wird. Lächerlich ist er obendrein, weil es bei den Protesten um den G7-Gipfel praktisch zu keiner Gewalt kam.

Kein Zugang und kein Wahlverteidiger

"Bislang haben wir trotz massiver Intervention keinen Zugang zu den Verurteilten", erklären die Eltern einen unsäglichen Vorgang. Sie bestätigen, dass "kein Wahlverteidiger zugelassen wurde". Telepolis hatte über den höchst sonderbaren Vorgang berichtet, dass der zugewiesene Pflichtverteidiger die Wahlverteidiger aus dem Prozess werfen ließ und somit nicht die Interessen seiner Mandanten vertrat, sondern die eines Staates, der offensichtlich an den drei jungen Leuten noch vor dem G7 ein Exempel zu statuieren beabsichtigte.

Die Eltern berichten, dass die jungen Männer auf drei unterschiedliche Gefängnisse verteilt wurden, womit sich ihre Lage weiter verschlechtert hat, da sie kein Französisch sprechen. Auch die Deutsche Botschaft spielt offenbar eine zweifelhafte Rolle. So sei den Eltern erklärt worden, "es gebe keine Information, bzw. die Inhaftierten wünschten keinen Kontakt", allerdings habe die Botschaft das nicht einmal durch ein Telefonat mit den Gefangenen bestätigt.

Inzwischen hat sich die Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen eingeschaltet und den Eltern versichert, dass das "Auswärtige Amt, Kontakt zu den Inhaftierten" herstellen will, was absurderweise aber "nur über den Postweg" möglich sein soll und "bis zu drei Wochen dauern kann". Allein von dem 18-jährigen seien bisher Briefe angekommen.

Um die unglaubliche Aushöhlung des Rechtes auf eine anständige juristische Vertretung noch auf die Spitze zu treiben, läuft heute die "Frist zum Widerspruch" gegen dieses absurde Urteil ab und auch die Eltern haben nach ihren Worten "keine Möglichkeit, unseren Kindern einen Rechtsbeistand zur Seite zu stellen, da es keinerlei Kontakt gibt und die französischen Behörden nicht kooperieren". Angesichts dieser Situation fordern die Eltern alle auf, die "Angehörigen der drei Verschwundenen" zu unterstützen.

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