Erdogan: Unzufrieden mit der Sicherheitszone in Syrien

Bild: Special Operation Joint Task Force - Operation Inherent Resolve

Erste gemeinsame Patrouillen von türkischen und US-Truppen. Für den türkischen Präsidenten gehen die USA zu sehr auf Sicherheitsinteressen der "Terroristen" ein

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Aus Sicht der USA und der kurdischen Verwaltung in Nordsyrien verlaufen die ersten Schritte zur Einrichtung einer safe zone auf der syrischen Seite der Grenze zur Türkei ganz nach Plan. Das U.S. Central Command teilte am gestrigen Sonntag Fortschritte mit: "Eine gemeinsame Patrouille von US-amerikanischen und türkischen Soldaten im Nordosten Syriens …, zerstörte YPG-Befestigungen und Gelände, von dem sich YPG-Mitglieder zurückgezogen haben."

Der Sicherheitsmechanismus innerhalb der abgesprochenen Zone greift, so lautet die Kernbotschaft der offiziellen Mitteilung. Sie nimmt auf, was in der Sprachregelung der schwierigen Verhandlungen zwischen der Türkei und den USA immer wieder herausgerückt wurde: die "legitimen Sicherheitsinteressen der Türkei". Die gemeinsamen Patrouillen würden zeigen, dass die USA ihre damit einhergehenden Verpflichtungen einhalten und anderseits sei damit auch sichergestellt, dass die Koalition und deren Partner SDF sich weiter auf den Kampf gegen den IS konzentrieren können.

Das Letztere deutet den Spreizschritt an, den die USA zwischen zwei untereinander verfeindeten Partnern zu machen hatten. Die YPG werden vom Nato-Partner Türkei als "Terroristen" bezeichnet.

Das offizielle Statement des "Büros für auswärtige Angelegenheiten der autonomen Verwaltung in Nord- und Ostsyrien" fällt etwas präziser aus. Zwei Stunden hätte die gemeinsame Patrouille gedauert, sie habe im Areal zwischen den Dörfern Nus Tal und Hashisha östlich von Tal Abjad (kurdisch: Gire Sipi) stattgefunden.

Ein Fahrzeug-Konvoi des türkischen Militärs, bestehend aus sechs Panzerfahrzeugen, soll rund 15 Kilometer östlich der Grenzstadt Akçakale in nordsyrisches Gebiet gefahren sein, wo neun Fahrzeuge des US-Militärs warteten. Drohnen sollen die Patrouillen unterstützt haben. Anwesend seien auch Kämpfer des lokalen Militärrats gewesen. Nach der gemeinsamen Kontrollfahrt seien die türkischen Soldaten, wie zuvor gemeinsam abgesprochen, wieder in ihre Basen auf türkischem Territorium zurückgekehrt.

Der türkische Präsident Erdogan ist nicht zufrieden. Die Verwirklichung der schon lange angestrebten Sicherheitszone hatte er sich anders vorgestellt. "Wir verhandeln mit den USA über die Sicherheitszone, aber wir sehen bei jedem Schritt, dass das, was wir wollen, und das, was sie wollen, nicht dasselbe ist", wird er zitiert.

Es scheint ganz so, als ob unser Verbündeter nach einer Sicherheitszone für die terroristische Organisation trachtet und nicht für uns. Wir lehnen ein solches Verständnis ab.

Recep Tayyip Erdogan

Die türkische Führung hatte sich eine sehr viel größere safe zone vorgestellt und deutlich mehr Kontrollbefugnisse auf ihrer Seite. Dass US-Truppen obendrein noch andere Partner, nämlich Mitglieder der lokalen Militärräte, in die Sicherung des Grenzgebietes einbeziehen, liegt nicht im Interesse Ankaras.

Seit vergangenem Mittwoch gibt es auch gemeinsame Patrouillenfahrten von US-Soldaten mit Mitgliedern des Militärrats der Grenzstadt Ras al-Ain (kurdisch: Serekaniye) an den Kontrollgängen. Auf Videos sind bei einem Konvoi mit US-Panzerfahrzeugen andere Fahrzeuge mit gelber Beflaggung zu sehen.

Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die YPG/YPJ zwar die militärische Kontrolle den eigens gebildeten lokalen Militärräten abgegeben hat und ihren Verpflichtungen (Abbau von Befestigungen und Gräben, Abzug von schweren Waffen und Kämpfern) nachgekommen ist, aber "präsent bleibt", da sie in den Militärräten vertreten ist.

Plan B und C

Laut Beobachtern könnte dies Erdogan zu Eskalationen veranlassen. Zwar soll Verteidigungsminister Hulusi Akar an der Kooperation mit dem US-Centcom in der Sache festhalten, aber auch Akar gab vergangene Woche Signale, dass die türkische Armee und die Regierung noch einen Plan B oder C bereit haben, falls es, so der türkische Verteidigungsminister, "Ärger mit der Erfüllung der Versprechen gibt, die man uns gegeben hat, die aber nicht eingehalten werden".

Präsident Erdogan ließ verlauten, dass er noch einmal mit Trump über das Gebiet östlich des Euphrat, das für die Türkei Priorität habe, sprechen werde. Das Problem müsse in den kommenden Wochen gelöst werden. Die Türkei besteht auf einer sehr viel breiteren Sicherheitszone als die bislang ausgemachten 5 Kilometer Breite. Ankara will mindestens 30 Kilometer.

Zudem verfolgt sie die Absicht, dort syrische Flüchtlinge anzusiedeln, weswegen Erdogan versucht, internationale Unterstützung für seine Vorhaben einzuholen (Flüchtlinge aus Syrien: Erdogan droht der EU). Vonseiten der Kurden wird ihm aufgrund der bitteren und harten Erfahrungen, die man in Afrin gemacht hat und macht, mit größtem Misstrauen und Sicherheitsgarantien begegnet.

Sollte die Vereinbarung mit Ankara, die über die Vermittlung der USA zustande kam, nicht mehr halten und die USA Syrien fallen lassen, so werde man eher eine Vereinbarung mit der Regierung in Damaskus und Russland treffen, als unter einer türkischen Besatzung leben, so der Kommandeur der SDF, Maslum Kobane.

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