Lagarde übernimmt die EZB und neue Anleihekäufe beginnen

Christine Lagarde bei der Übernahme der Leitung der EZB von Mario Draghi am 28. Oktober. Bild: EZB/CC BY-NC-ND-2.0

Zwar ist die umstrittene Maßnahme noch auf dem Mist von Geldflutungs-Draghi gewachsen, aber sie liegt ganz auf Kurs der Ex-Chefin des IWF

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Die umstrittene und vorbestrafte Christine Lagarde ist seit heute auch offiziell die neue Präsidentin der Europäischen Zentralbank. Und mit ihr beginnen die umstrittenen Anleihekäufe wieder, die aber noch auf dem Mist ihres Vorgängers Mario Draghi gewachsen sind. Doch die liegen auch ganz auf der Linie der früheren Chefin des Internationalen Währungsfonds. Und der Halloween-Termin passt gut, da Geldflutungs-Draghi und seine Nachfolgerin nun wieder in den verschärften Krisenmodus einsteigen, obwohl doch längst keine Krise mehr herrschen soll. So werden wieder verschärft Zombie-Banken und Zombie-Firmen mit den EZB-Maßnahmen als Untote am Leben erhalten.

Nun werden monatlich wieder 20 Milliarden Euro an Anleihen in die Bilanz der EZB übernommen, die schon 2,6 Billionen Euro an Staats- und Unternehmensanleihen aufgekauft hat. Das Gelddrucken ist schwer umstritten und führte vor allem zu etlichen Rücktritten aus Deutschland. Und so titelt auch der Tagesspiegel: "Die EZB entzaubert sich selbst". Verwiesen wird auf Draghis "Dracula-Politik" und ihre bekannten Nebenwirkungen: Zinsen für Sparer nahezu gestrichen, Bankgebühren steigen, ausgeblutete Lebensversicherer, die längst nicht mehr wissen, "wie sie die Summen aufbringen sollen, die sie ihren Kunden vor Jahren garantiert haben". Vorgerechnet wird, dass alleine die Sozialversicherungsträger die EZB-Politik jedes Jahr 67 Millionen Euro kostet.

Die Dracula-Politik von Draghi wurde mit der Zeit immer umstrittener. Früh kritisiert die Notenbank der Notenbanken in Basel, dass Draghis Geldflutung praktisch keine positive, aber viele negative Wirkungen zeitigt. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) plädiert seit langem dafür, die Geldschwemme endlich zurückzunehmen, da die Gefahren für die Finanzmarktstabilität darüber nur weiter erhöht werden.

Aber mit dem "Quantitative Easing" ist die Draghi-EZB in großem Maßstab in eine versteckte Staatsfinanzierung eingestiegen, weil die Zinsen für Pleitestaaten nach unten gedrückt wurden. Das war anfänglich zur Stabilisierung des Euros und zur Absicherung von Pleiteländern gut, aber wenn das nicht zu vernünftigen und erfolgreichen Reformen wie in Portugal führt, dann hat man zwar Zeit teuer erkauft, sie aber nicht oder kaum genutzt, wie zum Beispiel in Spanien.

Die Draghi-Politik zielte immer stärker auf Konjunkturpolitik und damit gegen den Auftrag der EZB, die zentral für Geldwertstabilität verantwortlich ist. So wurden Anleihekäufe nicht einmal wirklich beendet, als die Konjunktur angeblich brummte. Fällig gewordene Gelder wurden auch bisher weiter in neue Anleihen investiert, statt das Geld vom Markt zu saugen. Nun werden aber wieder fleißig neue Anleihen gekauft, da der deutsche Motor der Eurozone merklich stottert. Und damit steigt die EZB tiefer in den Währungskrieg ein. Denn mit der Geldflutung wird der Wert des Euro gesenkt, um den Export anzukurbeln.

Und daran hängt die deutsche Wirtschaft stark, die schon zum vergangenen Jahreswechsel praktisch in die Rezession abgerutscht ist. Als die "Experten" der EZB dann auch endlich im Sommer festgestellt haben, dass die Lage schlechter als von ihnen erwartet ist und Deutschland (und damit die Eurozone) wieder auf Rezessionskurs ging, wurde eben der Krisenmodus angesichts eines sehr schwachen Wachstums in Frankfurt verschärft.

Lagarde will die Quadratur des Kreises versuchen

Lagarde will, dass die Menschen in der Eurozone verstehen, "welche Auswirkungen unsere Entscheidungen haben", welches die kurzfristigen Nachteile und die langfristigen Vorteile seien. "Darauf werde ich viel Zeit verwenden", erklärte sie. Ein Problem ist aber, dass wahrlich seit langen Jahren klar ist, welche Nachteile die Geldpolitik hat, aber Vorteile längst nicht mehr in Sicht sind. Und dass Lagarde unbeirrt an absurden Politiken festhält, hat sie mit dem IWF in Argentinien oder auch in Griechenland bewiesen. Das Land wurde gegen besseres Wissen und Sachverstand von herausragenden Ökonomen immer tiefer im Sumpf versenkt. Portugal dagegen, dass die IWF-Programme abgebrochen und zudem die teuren IWF-Schulden frühzeitig abgetragen hat, um sich aus dem Würgegriff zu befreien, steht praktisch wie ein Musterschüler da.

Im Programm hat Lagarde allerdings reichlich schöne Worte und viel Schminke. Sie will zum Beispiel die massive Spaltung im EZB-Rat überwinden. Dafür müsste sie aber eine andere Geldpolitik machen, da gerade die Anleihekäufe für die Spaltung verantwortlich sind. Eine andere Politik ist mit ihr aber wahrlich nicht zu erwarten. Natürlich hat sie angesichts massiver Klimawandelproteste auch Greenwashing im Portfolio. So ist Lagarde nicht abgeneigt, sogenannte "nachhaltige Anleihen" zu kaufen, erklärte sie bei ihrer Befragung im EU-Parlament. Was das sein soll, ist ohnehin nicht klar definiert.

Man darf gespannt sein, was aus der Ankündigung wird, wieder zum zentralen Ziel zurückzukehren, vor allem für Preisstabilität zu sorgen. "Es ist das oberste Ziel nach Artikel 27", erklärte sie, schränkte aber auch hier gleich wieder ein, dass es auch "sekundäre Ziele" gäbe, "die nach meiner Überzeugung nicht sekundär sind". Und hier öffnet sie nicht nur die Tür für angeblichen Umweltschutz, sondern vor allem dafür, die Politik von Draghi fortzusetzen.

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