Coronavirus: "Made in China" oder "Made in the USA"?

Bild von iXimus und Vektor Kunst auf Pixabay

Verschwörungstheorien um den Ursprung des Coronavirus. Erkrankte "Patient Zero" schon im November?

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Vor drei Wochen, am 23. Februar, meldete China noch eine Rekordzahl von Covid-19-Toten. Nun liegt die Zahl im einstelligen Bereich. In diesen Zeiten kann innerhalb von drei Wochen eine Menge passieren. Das Land scheint die Epidemie überstanden zu haben. Von insgesamt 80.945 Infizierten sind 3.193 gestorben (3,9 Prozent), 65.629 haben sich erholt (81 Prozent). Präsident Xi Jinping besuchte diese Woche Wuhan, wo der Rückbau der temporären Krankenhäuser bereits begonnen hat. China hilft nun anderen Ländern im Kampf gegen das Virus.

Doch Chinas erfolgreicher Bekämpfung des Virus haftet einen Makel an. Es herrscht - vor allem in den USA - die Meinung, dass die Epidemie in China außer Kontrolle geriet, weil die Behörden Ende Dezember die Ausbreitung des Virus vertuschen wollten und dadurch erst die Krankheit sich zu einer Pandemie ausweiten konnte. Der nationale Sicherheitsberater von Präsident Donald Trump, Robert O'Brien, etwa warf China vor nicht schnell genug reagiert zu haben. "Es hat die Weltgemeinschaft wahrscheinlich zwei Monate gekostet", sagte er am Mittwoch. "Wir hätten der Verbreitung des Virus zuvorzukommen und das, was sowohl in China als auch in der ganzen Welt geschehen ist, dramatisch einschränken können."

Auf derartige Vorwürfe reagiert die chinesische Regierung bekanntermaßen allergisch. China scheint es auch darum zu gehen, dass die Pandemie nicht mit dem Land assoziiert - und erst recht nicht für eine weltweite Wirtschaftskrise verantwortlich gemacht - wird. Der Erkrankung durch das Coronavirus soll es nicht ähnlich ergehen wie der "Spanischen Grippe", die nicht in Spanien sondern in den Vereinigten Staaten ihren Ursprung nahm.

Doch die Trump-Regierung scheint in Chinas Augen keine Gelegenheit auszulassen, der Coronavirus-Pandemie das Etikett "Made in China" zu verpassen. Auch US-Außenminister Mike Pompeo verleumde das Land und seine Bewohner, wenn er wiederholt vom "Wuhan-Virus" spreche, beklagte China diese Woche.

So wird neben den vielen Fronten zwischen den USA und China auch die Benennung des Virus zum Politikum. Trotz der Empfehlung der WHO, bei Krankheitsbezeichnungen geografische Standorte zu vermeiden (z.B. Middle East Respiratory Syndrome, Spanische Grippe), verwenden einige US-Politiker den Begriff "Wuhan-Virus" oder "chinesisches Coronavirus", um die Krankheit zu politisieren. Am Dienstag stimmte Dr. Robert Redfield, Direktor der Centers for Disease Control and Prevention (CDC), bei einer Anhörung im Parlament zu, dass es "absolut falsch und unangemessen" sei, den Begriff "chinesisches Coronavirus" zu verwenden.

Made in China?

Über den Ursprung der mittlerweile zur Pandemie erklärten Coronaviruserkrankung ist man sich noch nicht im Klaren. Bekanntermaßen geht die WHO davon aus, dass der Ausbruch des Virus auf dem Seafood-Markt in Wuhan begann und wahrscheinlich von einem lebenden Tier auf einen menschlichen Träger übergegangen ist. Die chinesischen Behörden hatten dann am 31. Dezember 2019 die WHO über den Ausbruch einer Lungenkrankheit mit unbekannter Ursache informiert. Als Krankheitserreger wurde ein neuartiges Virus identifiziert, das im Februar die neutrale Bezeichnung SARS-CoV-2 erhielt.

Doch eine Frage bleibt bislang ein Rätsel: Woher stammt das Virus? Anfang März sagte Zhao Lijian, der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, bei einer Pressekonferenz in Peking überraschend, dass das gar nicht klar sei. Zhao berief sich auf Dr. Zhong Nanshan, einem Spezialisten für Atemwegserkrankungen, der 2003 SARS entdeckt hat. Dieser hatte Ende Februar auf einer Pressekonferenz in Guangzhou gesagt: "Obwohl das COVID-19 zuerst in China entdeckt wurde, bedeutet dies nicht, dass es aus China stammt."

Das Mysterium um den Ursprung regt (natürlich) Verschwörungstheorien an. Die bisher bekannteste hatte US-Senator Tom Cotton in Umlauf gebracht. In einer Sendung von Fox News sagte Cotton, Republikaner aus Arkansas, dass das Virus im "Superlabor der Biosicherheitsstufe 4" in Wuhan entstanden sein soll. China habe das Virus selbst fabriziert. Doch solche Gerüchte wurden von Wissenschaftlern bereits zurückgewiesen.

Auch China hatte das abgestritten, doch so etwas entkräftet Verschwörungstheorien bekanntlich nicht. Zhao mahnte nicht zuletzt daher: "Die Epidemie ist eine globale Herausforderung. Der richtige Schritt sollte sein, sie gemeinsam zu bekämpfen, was bedeutet, dass kein Platz für Gerüchte und Vorurteile ist. Wir brauchen Wissenschaft, Vernunft und Zusammenarbeit, um Unwissenheit und Voreingenommenheit zu vertreiben."

Made in USA?

Doch nun scheint Zhao Gleiches mit Gleichem bekämpfen zu wollen und ebenfalls auf Wissenschaft und Vernunft zu verzichten. "Es könnten US-Militärs gewesen sein, die die Epidemie nach Wuhan gebracht haben", twitterte Zhao am Freitag und legte seinen über 300.000 Followern zwei Artikel von der gerne Verschwörungstheorien verbreitenden Website Globalresearch ans Herz.

Der erste Artikel stellt ausführlich die Vermutung auf, dass der Ausbruch des Coronavirus mit der Teilnahme der US-Armee an den Internationalen Militärspielen (Military Games), die im Oktober in Wuhan stattfanden, im Zusammenhang steht. Globalresearch führt darin vor, was Ende Januar USA-Kritiker Godfree Roberts auf Unz.com veröffentlichte: "300 US-Militärs trafen am 19. Oktober in Wuhan zu den militärischen Weltspielen ein. Der erste Coronavirus-Fall erschien zwei Wochen später, am 2. November. Die Inkubationszeit des Coronavirus beträgt 14 Tage."

Der zweite Artikel, den Zhao twittert, setzt noch einen drauf: Das neuartige Coronavirus habe seinen Ursprung in den USA. Dazu werden in dem Artikel mehrere Ereignisse luftig verknüpft.

Im August letzten Jahres hat die CDC das Biowaffenlabor auf dem US-Militärstützpunkt in Fort Detrick aufgrund von Mängeln geschlossen. Damit habe die CDC verhindern wollen, dass dem Labor experimentelle Krankheitserreger verlustig gehen. Anscheinend zu Recht, denn das Virus soll von dort stammen.

Kurz nach der Schließung habe ein taiwanesischer Arzt bemerkt, dass die USA im August 2019 eine Häufung von Lungenpneumonien oder ähnlichem hatten. Das führten die Amerikaner auf das "Vaping" von E-Zigaretten zurück, deren Symptome aber nach Ansicht des Wissenschaftlers nicht durch E-Zigaretten erklärt werden konnten. Seine Vermutung, dass diese Todesfälle wahrscheinlich auf das Coronavirus zurückzuführen seien, sollen US-Beamte ignoriert haben.

Laut eines ominösen Artikels, der in den chinesischen Sozialen Netzwerken während der Militärübungen kursierte, sollen fünf ausländische Athleten wegen einer unbestimmten Infektion ins Krankenhaus eingeliefert worden sein. Der Artikel erkläre zudem, dass die Wuhan-Version des Virus nur aus den USA stammen konnte, weil es sich um einen "Strang" handele, der bis dato nur in den USA existierte.

Für Larry Romanoff von Globalresearch heißt das: Es könnte sein, dass sich einige Mitglieder des US-Teams durch einen zufälligen Ausbruch in Fort Detrick mit dem Virus infiziert haben, aber ihre Symptome bei einer langen anfänglichen Inkubationszeit unmerklich waren und diese Personen während ihres Aufenthalts bei den Militärübungen in Wuhan möglicherweise Tausende von Anwohnern an verschiedenen Orten infiziert haben, von denen viele später auf den Seafood-Markt gingen, von wo aus sich das Virus wie ein Lauffeuer verbreitet hat.

Zudem wird auf einen Ende Januar in der renommierten Zeitschrift Science veröffentlichten Artikel verwiesen, in dem es heißt: "Mehrere Forschungsgruppen haben berechnet, dass sich das Virus etwa Mitte November 2019 auszubreiten begann - was die These unterstützt, dass die Ausbreitung vor den mit dem Markt verbundenen Fällen stattgefunden haben könnte. Eine Gruppe gab den Ursprung des Ausbruchs mit 18. September 2019 an."

Im Science-Artikel wird ebenfalls ein Spezialist für Infektionskrankheiten an der Universität Georgetown in Washington, David Lucey, zitiert, auf den Globalresearch verweist. Lucey lässt es offen, ob der Markt Ursprung des Ausbruchs war. Ein anderer Arzt, Bin Cao, den Globalresearch dagegen nicht erwähnt, sagte ebenfalls der Science: "Es scheint klar, dass der Seafood-Markt nicht der einzige Ursprung des Virus ist, aber um ehrlich zu sein, wissen wir immer noch nicht, woher das Virus kam."