Hongkong-Sanktionen und ein Meeresgebietsanspruchsmachtwort

Bankentürme in Hongkong. Foto: iqremix. Lizenz: CC BY 2.0

Das Verhältnis zwischen den USA und China verschlechtert sich weiter

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bislang hatten Personen und Produkte aus Hongkong bei der Einreise und der Einfuhr in die USA historisch bedingt einen etwas besseren Rechtsstatus als Menschen und Waren aus dem Rest Chinas. Diese Ungleichbehandlung hat US-Präsident Donald Trump gestern mit der Begründung beendet, dass China die Autonomie der Sonderwirtschaftszone nicht mehr in einem Umfang gewährleistet, der sie rechtfertigen würde. Nun müssen sich Fabrikanten und Reisewillige im ehemaligen britischen Pachtgebiet auf höhere Zölle, schärfere Einfuhrkontrollen und strengere Visabestimmungen einstellen.

Außerdem unterzeichnete Trump gestern ein zuvor vom Kongress einstimmig verabschiedetes Sanktionsgesetz, dass eine Missbilligung der chinesischen Politik in Hongkong zum Ausdruck bringt. Dieses Gesetz soll nicht nur amerikanische, sondern auch ausländische Banken dazu zwingen, Geschäfte mit Partnern zu unterlassen, welche sich aus Sicht der US-Administration maßgeblich an "Repressionen" im "duftenden Hafen" beteiligen. Darüber hinaus werden Einreisesperren und das Einfrieren von Vermögen ermöglicht.

Pompeo: "Mobbingkampagne" gegen Nachbarländer

Bereits am Montag hatte US-Außenminister Mike Pompeo in einer öffentlichen Stellungnahme "Pekings Anspruch auf Gebiete im Großteil des Südchinesischen Meeres" für illegitim erklärt. Chinesische Maßnahmen, diesen Anspruch durchzusetzen, bezeichnete er als "Mobbingkampagne" und meinte, die USA würden "China nicht erlauben, das Südchinesische Meer als sein Imperium auf hoher See zu betrachten".

Die Streitigkeiten, die Pompeo damit ansprach, betreffen die Gebiete um die Spratly- und die Paracel-Inseln. Die Spratly-Inseln bestehen aus insgesamt etwa 100 meist sehr kleinen, aber über eine relativ große Wasserfläche verstreuten Landerhebungen im südchinesischen Meer. Die größte davon, Taiping Dao, umfasst gerade einmal 0,5 Quadratkilometer. Trotzdem streiten sich sechs Staaten um diese Riffe und Atolle: China, Vietnam, Taiwan, Malaysia, Brunei und die Philippinen. Das Interesse resultiert zum einen aus der Rolle der Inseln für die Kontrolle über die Schifffahrt und zum anderen aus Öl- und Gasvorkommen, die unter Wasser lagern könnten.

"Freedom of Navigation Operations"

Mit Ausnahme von Brunei haben alle diese Mächte auf den Inseln Truppen stationiert und bauliche Anlagen wie Landebahnen errichtet: Die Philippinen im nordöstlichen Teil auf den Inseln Thitu, Likas, Parola, Lawak und Kota, Malaysia auf Layang-Layang und einigen Riffen im Südosten und Taiwan auf Taiping Dao und dem Zhongzhou-Riff im Norden. Vietnam und China unterhalten mehrere Stützpunkte über den gesamten Inselbereich hinweg. Beide Staaten streiten sich auch um die nördlich der Spratlys gelegenen Paracel-Inseln (vgl. Vietnamesen zünden chinesische Fabriken an). Wegen dieser chinesisch-vietnamesische Meeresanspruchsschnittmengen kam es in der Vergangenheit mehrmals zu kleineren militärischen Zusammenstößen (vgl. Drohgebärdemanöver chinesischer und vietnamesischer Schiffe).

Seit 2015 führen die USA so genannte "Freedom of Navigation Operations" (FONOPs) durch, bei denen sie mit Zerstörern der Arleigh-Burke-Klasse etwa alle drei Monate relativ nahe an solchen Inseln vorbeifahren. Anfang Juli 2020 fand im Südchinesischen Meer außerdem ein amerikanisches Marinemanöver statt, an dem zwei Flugzeugträger teilnahmen (vgl. Was braut sich im Südchinesischen Meer zusammen?).

Sonderproblem Taiwan

In mindestens zwei der Staaten, die sich mit China um Inseln und Meeresgebiete streiten, kam Pompeos Vorstoß gut an: Die malaysische Regierung wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Schiffe der chinesischen Küstenwache und der Marine der Volksrepublik zwischen 2016 und 2019 insgesamt 89 Mal in Gewässern gesichtet worden seien, die das islamische Königreich für sich beansprucht. Und der philippinische Verteidigungsminister Delfin Lorenzana erinnerte an ein inzwischen vier Jahre altes Urteil des Ständigen Schiedshofs in Den Haag, das chinesischen Ansprüche auf das Nine-Dash-Gebiet für unvereinbar mit der United Nations Convention on the Law of the Sea (UNCLOS) erklärte.

Eher skeptisch äußerte sich dagegen die taiwanesische Außenministeriumssprecherin Joanne Ou. Sie fragte sich öffentlich, "ob die USA auch die Bereitschaft dazu haben, den Worten entsprechende Taten folgen zu lassen und die Ansprüche der Anrainerstaaten zu stützen". Ihr Land befindet sich in einer etwas anderen Position als Malaysia, die Philippinen, Vietnam und Brunei. Die bis ins 17. Jahrhundert ausschließlich von austronesischen Ureinwohnern besiedelte Insel, die das chinesische Kaiserreich 1683 den Niederländern abgenommen hatte, wurde 1949 zum Rückzugsgebiet der nationalchinesischen Kuomintang-Partei.

Die errichtete dort in Konkurrenz zum kommunistischen Festlandchina eine "Republik China", welche in den 1950er und 1960er Jahren von den USA und den meisten anderen westlichen Ländern als offizielle politische Vertretung Chinas anerkannt wurde. Erst in den 1970er Jahren zeichnete sich unter Richard Nixon eine Umkehrung ab, die Jimmy Carter 1979 mit der offiziellen Anerkennung der Volksrepublik als Rechtsnachfolgerin des Chinesischen Kaiserreiches vollendete. Peking sieht Taiwan deshalb ebenso als Teil Chinas wie Taipeh.

Als die USA die Volksrepublik als Nachfolger des Kaiserreichs anerkannten, verabschiedete ihr Kongress aber auch einen Taiwan Relations Act, der sicherstellen soll, dass die Insel "mit Waffen defensiven Charakters" beliefert wird. Im Rahmen dieser Selbstverpflichtung genehmigte Washington letzte Woche einen 620 Millionen Dollar schweren Auftrag an Lockheed Martin, das taiwanesische Patriot-Luftabwehrsystem zu modernisieren. In Peking kam das so schlecht an, dass man Sanktionen gegen den amerikanischen Rüstungskonzern ankündigte. Diese Sanktionen sollen nun um Kontersanktionen gegen die Hongkong-Sanktionen erweitert werden, wobei das chinesische Außenministerium aber noch offen lässt, welche "Personen und Einrichtung in den USA" diese konkret betreffen werden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.