Kalter Medienkrieg zwischen Berlin und Moskau droht zu eskalieren

Sieht sich im Medienkrieg: russisches Außenministerium in Moskau. Bild: Frank Baulo, CC BY-SA 3.0

Sprecherin des russischen Außenministeriums kündigt Maßnahmen gegen deutsche Korrespondenten an. Reaktion auf Kontosperren für Sender RT DE

Die deutsch-russischen Beziehungen stehen vor einer erneuten Belastungsprobe. Diesmal geht es um die in Moskau akkreditierten deutschen Korrespondenten, die Zeitungsleser und Fernsehzuschauer besonders in Krisenzeiten mit Einschätzungen und Reportagen versorgen.

Wäre es vorstellbar, dass ihre Arbeit nun eingeschränkt wird? Dies sei nicht nur wahrscheinlich, sondern so gut wie sicher, sagte Maria Sacharowa Sprecherin des russischen Außenministeriums, nun bei einer Video-Konferenz mit deutschen Korrespondenten.

Sacharowa: "Ethische Normen verletzt"

"Die russischen Medien in Deutschland werden in ihrer Arbeit behindert", sagte die Sprecherin dabei. 2019 habe es selbst von Seiten des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) eine Kampagne gegen den Auslandssender Russia Today gegeben, der seit Ende Oktober vergangenen Jahres als RT DE firmiert.

Dabei seien "ethische Normen frech verletzt" worden, befand Sacharowa. Damals hatte der DJV die Landesmedienanstalten aufgefordert, dem Kanal Russia Today eine Rundfunklizenz zu verweigern.

Russland habe sich ein entsprechendes Verhalten gegenüber deutschen Medien "nie erlaubt", erklärte Sacharowa: "So etwas ist für uns unzulässig." Jetzt würde erneut versucht, die Arbeit russischer Medien in Deutschland zu behindern. So habe die Commerzbank die Konten von RT DE und der Produktionsfirma Ruptly von Ende Februar zum 31. Mai 2021 gekündigt.

Von 20 Finanzinstituten, die RT DE wegen einer Eröffnung eines neuen Kontos anfragte, reagierte überhaupt nur ein kleiner Teil. Und die, die antworteten, erklärten, eine Konto-Eröffnung sei nicht möglich.

Der Bund ist größter Aktionär bei der Commerzbank

Der Sprecher des Auswärtiges Amtes, Christofer Burger, erklärte, die russische Regierung "versucht, uns für eine privatrechtliche Geschäftsbeziehung zwischen RT und seinen Banken verantwortlich zu machen". Allerdings ist der Bund mit 15,6 Prozent der Anteile größter Aktionär bei der Commerzbank.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums zeigte sich gegenüber den deutschen Korrespondenten am Montag davon überzeugt, "dass die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hinter dieser Maßnahme steht". Die Banken hätten "eine entsprechende Anweisung" bekommen. Das Ziel sei, "die Arbeit des Mediums RT DE zu erschweren, das vorhat, Fernsehsendungen zu produzieren".

Den Einwand, die Commerzbank sei ein privates Geldinstitut, auf dessen Geschäftspolitik die Bundesregierung keinen Einfluss habe, ließ Sacharowa nicht gelten. Man wisse, welche deutsche Behörde der Commerzbank die Anweisung gegeben hat, sagte die Sprecherin und hielt einen Zettel hoch, auf dem angeblich der Name der deutschen Behörde stand. Diesen Namen preisgeben wollte sie aber nicht.

"Symmetrische oder asymmetrische Gegenmaßnahmen"

Ob die Maßnahmen gegen deutsche Korrespondenten symmetrisch oder asymmetrisch sein werden, könne sie noch nicht sagen, erklärte die Sprecherin. Sacharowa betonte, "die Maßnahmen richteten sich nicht gegen die Korrespondenten persönlich". Leider gäbe es keine andere Möglichkeit, die russischen Medien in Deutschland zu schützen.

Wie könnten die Maßnahmen der russischen Regierung gegen deutsche Korrespondenten aussehen? Die Deutsche Welle, die ARD und das ZDF unterhalten in Moskau große Studios mit bis zu 30 Mitarbeitern. Die Studios befinden sich in besonders abgesicherten Wohnkomplexen für Ausländer und werden von einer staatlichen Firma vermietet.

Der russische Staat hätte also Hebel, den Korrespondenten das Leben schwer zu machen. Man könnte bauliche Veränderungen in den Studios beanstanden. Eingespielte Zoll-Abfertigungen könnten sich in die Länge ziehen. Die Buchhaltung könnte überprüft werden. Es ist sogar vorstellbar, dass Korrespondenten nicht mehr akkreditiert werden. Russland ist nicht gezwungen, ausländischen Journalisten Akkreditierungen zu erteilen.

Kein mediales Interesse

Im russischen Außenministerium herrscht offenbar Unverständnis darüber, dass deutsche Medien nicht über die Kontensperrungen berichten und die Bundesregierung in der Angelegenheit nicht korrigierend eingreift. Regierungssprecher Steffen Seibert hatte das Desinteresse am 5. März deutlich gemacht. Bei der Bundespressekonferenz erklärte er, angesprochen auf die Kontenkündigung: "Mein Kommentar dazu ist: Kein Kommentar. Das ist nichts, was die Bundesregierung betrifft."

Außenamtssprecher Burger ergänzte, wie oben schon kurz zitiert:

Es ist ja nicht das erste Mal, dass die russische Regierung versucht, uns für eine privatrechtliche Geschäftsbeziehung zwischen RT und seinen Banken verantwortlich zu machen. Ich kann für die Bundesregierung noch einmal klipp und klar feststellen, dass die Bundesregierung in keiner Weise auf die Commerzbank im Sinne einer Beendigung der Geschäftsbeziehungen hingewirkt hat. Wir haben auch keine Kenntnis von sonstigen Geschäftskonten von Russia Today. Insofern geht auch die Androhung harter Vergeltungsmaßnahmen von russischer Seite völlig an der Sache vorbei.

Christof Burger, Sprecher des Auswärtigen Amtes in der Bundespressekonferenz am 5. März 2021

Nach Berichten über die Kontenkündigung sucht man vergeblich im deutschen Blätterwald. Die Deutsche Welle immerhin informierte und lieferte sogar einen Hinweis, woran es liegen könne. Das Bundesamt für Verfassungsschutz gehe nach wie vor von einer "Bedrohungslage durch russische Einflussaktivitäten in Deutschland aus". Die Behörde habe auf einen eigenen Bericht verwiesen, "in dem von russischer Medien-Einflussnahme im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und der deutschen Corona-Politik die Rede ist".

Diese Einschätzung deckt sich mit einer Recherche von Telepolis, nach der das Strategischen Kommunikationsteams Ost (East Stratcom Stask Force) EU-Mitgliedsstaaten unlängst nachdrücklich vor einer gezielten Manipulation der öffentlichen Meinung in der weltweiten Corona-Pandemie gewarnt hat.

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