Die Verlässlichkeit des Covid-19-Impfschutzes und wem die Stadt Berlin gehört

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Wochenkolumne

Verpufft die Impfung nach 70 Tagen?

In einem Kommentar zum Telepolis-Artikel "Am Anfang der vierten Covid-19-Welle" heißt es:

Im Lancet jüngst veröffentlicht zeigt sich im Antikörperspiegel nach der Impfung ein rapider Abfall. Die vermeintliche Immunität durch Antikörper verschwindet viel früher als behauptet und gedacht.

Wer also glaubt, dass die Impfungen eine Immunität bewirken, muss nochmal nachdenken. Entweder man impft die Leute ständig neu (nennt man das dann auch Impfung?) oder man erkennt, dass das ein gescheiterter Weg ist.

Die im Wissenschaftsmagazin The Lancet veröffentlichte Studie zeigt, wie hier richtig festgestellt wird, dass die Menge der Antikörper im Blut gegen das Spike-Protein nach 70 Tagen oder länger bei den meisten Proband:innen deutlich abgenommen hatte. Die Proband:innen waren entweder doppelt mit dem Impfstoff von Biontech oder von AstraZeneca geimpft. Der Antikörperspiegel sank um mehr als die Hälfte beziehungsweise auf etwa ein Sechstel.

Verschwindet die Immunität durch Antikörper dadurch früher als behauptet? Belastbare Angaben zur Dauer des Impfschutzes wurden von Anfang an nicht gemacht, hierzu gab es lediglich Vermutungen. In der Produktinformation zum Impfstoff Comirnaty von Biontech bei der EMA heißt es nur: "Die Dauer der Schutzwirkung des Impfstoffs ist nicht bekannt, da sie noch in laufenden klinischen Studien ermittelt wird."

Dass die Immunität durch Antikörper nachlässt, lässt sich derzeit feststellen. Ob dadurch die Immunität als solche verschwindet, ist eine andere Frage. Wie auch bei von Covid-19 Genesenen spielen als Teil der Immunantwort Gedächtniszellen eine Rolle, die bei neuem Kontakt mit dem Spike-Protein wieder schnell Antikörper produzieren können.

Darauf weisen auch die Autor:innen der Studie hin. Ihre Datenlage zeige, dass die Antikörperspiegel über einen Zeitraum von drei bis zehn Wochen nach einer zweiten Dosis von AstraZeneca oder Biontech/Pfizer abnehmen. (Im englischsprachigen Originaltext werden hierfür die Abkürzungen ChAdOx1 und BNT162b2 verwendet.)

Diese Daten stimmen mit dem nach der Infektion beobachteten Rückgang der Spike-Antikörper- und neutralisierenden Antikörperspiegel überein, obwohl die "Gedächtnis-B-Zellen" - also spezialisierte Lymphozyten, die bei erneutem Kontakt mit einem bekannten Antigen sofort aktiviert werden und innerhalb weniger Stunden eine Immunreaktion auslösen können - anscheinend erhalten bleiben.

Fazit der Studienautor:innen:

Daher sind die klinischen Auswirkungen abnehmender Antikörperspiegel nach der Impfung noch nicht klar, und es bleibt entscheidend, S-Antikörper-Schwellenwerte festzulegen, die mit dem Schutz vor klinischen Ergebnissen verbunden sind.

Die Ausgangsfrage ist noch nicht verlässlich zu beantworten, da noch nicht genügend Zeit seit Beginn der Impfungen gegen Covid-19 vergangen ist, um ausreichend Daten zu haben. Bevor jedoch über Booster-Impfungen in reichen Regionen nachgedacht wird, empfehlen die Autor:innen des Lancet-Artikels auch eine ethische Abwägung vor dem Hintergrund der globalen Ungerechtigkeit in Sachen Impfstoffverteilung. Eine Datenerhebung zu regionalen Antikörperspiegeln und Rückgangsraten könne einen gezielten und gerechten Einsatz von "Boostern" erleichtern.

Hospitalisierungen Geimpfter und nach Impfungen Verstorbene

"Die wirklich interessanten Zahlen fehlen doch aber", schreibt kid1212 im Telepolis-Forum

Mich würde mal interessieren welchen Anteil haben denn vollständig Geimpfte an den Hospitalisierungen?

Das einzig übrig gebliebene Argument für die Impfung ist ja der Schutz vor schweren Verläufen.

Das PEI hat ja gerade Daten zu Impfnebenwirkungen veröffentlicht.

Auch da würde mich mal interessieren wie die Altersstruktur bei den 1.000 Impftoten aussieht.

In seinem Situationsbericht vom 14. Juli meldet das Robert-Koch-Institut 5.374 Impfdurchbrüche. seit dem 1. Februar 2021. "Ein wahrscheinlicher Impfdurchbruch ist definiert als SARS-CoV-2-Infektion (mit klinischer Symptomatik), die bei einer vollständig geimpften Person mittels PCR oder Erregerisolierung diagnostiziert wurde." Zur Zahl der Impfdurchbrüche heißt es: "Unter den Impfdurchbrüchen wurden 0 Fälle (0 Prozent) im Alter von <18 Jahren, 62 Fälle (2,4 Prozent) im Alter von 18 bis 59 Jahren und 614 Fälle (28 Prozent) im Alter ≥60 Jahren hospitalisiert".

Angaben zum Anteil der Impfdurchbrüche an den Hospitalisierungen insgesamt finden sich hier nicht, wohl aber an den Fällen mit klinischer Symptomatik. Hier liegt der Anteil bei den unter 18-Jährigen bei 0,01 Prozent, bei den 18- bis 59-Jährigen bei 0,4 Prozent und bei den über 60-Jährigen bei 1,5 Prozent.

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat am 15. Juli einen Sicherheitsbericht über die seit Beginn der Impfkampagne bis Ende Juni gemeldete Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen veröffentlicht. Auf 74.871.502 verabreichte Impfdosen wurden 10.578 schwerwiegende unerwünschte Reaktionen gemeldet. "Als schwerwiegende Reaktionen gelten solche, bei denen dann Personen im Krankenhaus behandelt werden oder Reaktionen, die als medizinisch bedeutsam eingeordnet wurden. (...) In 1.028 dieser Verdachtsfälle sind die Personen in unterschiedlichem zeitlichem Abstand zur Impfung gestorben", so der Bericht des PEI.

Die Altersstruktur der Verstorbenen wird nicht insgesamt ausgewiesen, sondern in Bezug auf die einzelnen schwerwiegenden Nebenwirkungen und dann noch nach jeweils verabreichtem Impfstoff. So traten beispielsweise die meisten Thrombosen nach der Impfung mit Comirnaty (Biontech) in den Altersgruppen der über 70-Jährigen auf, bei den über 80-Jährigen verstarben 63 Menschen nach einer dem PEI gemeldeten Thrombose.

Bei dieser Zahl dürfte zu beachten sein, dass der Impfstoff Comirnaty mit Abstand am meisten verimpft wurde und die älteren Jahrgänge auch schon zum großen Teil durchgeimpft sind. Dass es sich um tatsächliche "Impftote" handelt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, denn hier muss die Häufigkeit der Fälle mit der durchschnittlichen Häufigkeit des jeweiligen Symptoms in der Bevölkerung (Hintergrundinzidenz) verglichen werden. Beim Impfstoff Vaxzevria (AstraZeneca) gab es leicht erhöhte Fallzahlen von Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen) und Guillain-Barré-Syndrom.

Werden enteignete Immobilieninvestoren vor Schiedsgerichte ziehen?

In Bezug auf den Telepolis-Artikel "Flunkern mit Zahlen: Ist die Enteignung von Wohnungskonzernen unfinanzierbar?" wird gefragt:

Sind nicht die Eigentümer von diesen Immobilienkonstrukten Black Rock und Konsorten? Dann ist das zwar schön, wenn ein deutsches Gericht eine Entschädigung unter Marktpreis erlaubt, aber dann klagen die halt vor einem internationalen Schiedsgericht, wie beim Atomausstieg und dann sieht das ganz anders aus.

Ich kann mich natürlich irren, vielleicht gibt es hier jemanden, der einen besseren Einblick in die rechtlichen Feinheiten hat?"

Tatsächlich sind die Eigentümerstrukturen profitorientierter Immobilienunternehmen in Berlin teilweise äußerst intransparent. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) hat in den letzten Jahren die Eigentümerstrukturen und deren Geschäftspraktiken in Berlin analysiert. Genaueres lässt sich in der Studie "Wem gehört die Stadt?" von Christoph Trautvetter nachlesen. Auch die ehemalige Muttergesellschaft von BlackRock, die Blackstone Group, findet in der Studie besondere Erwähnung.

Was Entschädigungsforderungen vor internationalen Schiedsgerichten angeht, sind diese zwar denkbar, wie die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages berichten, aber es lässt sich dazu bisher kaum eine Prognose erstellen. Zunächst wäre wohl der Weg durch die deutschen Rechtsinstanzen zu beschreiten:

Ein ausländischer Immobilieninvestor, der in Deutschland durch eine Vergesellschaftung nach Maßgabe von Art. 15 GG enteignet worden ist, wird zunächst Rechtsschutz vor den deutschen Gerichten suchen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht gem. Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG im Streitfalle der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (Zivilgerichten) offen. Richtet sich die Klage allein gegen die Enteignung selbst und soll deren Rechtmäßigkeit geklärt werden, sind die Verwaltungsgerichte zuständig.

Hält der in Deutschland enteignete Investor die Höhe der Entschädigung für nicht ausreichend, so kann er - nach Erschöpfung des deutschen Rechtswegs - eine Beschwerde beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg erheben (Art. 35 EMRK). Der EGMR nimmt indes nur noch eine Missbrauchskontrolle vor. Beschwerden gegen Deutschland wegen unzulänglicher Entschädigung nach Art. 1 ZP I EMRK waren in Straßburg - soweit ersichtlich - bislang nicht erfolgreich; dies ist ein Beleg für den weitgehend konventionskonformen Rechtsschutz gegen Enteignungen in Deutschland.

Über die Entscheidung von Schiedsgerichten, die auf der Grundlage eines Investitionsschutzvertrages über die Höhe der Entschädigung entscheiden, lässt sich jenseits eines konkreten Falles kaum etwas prognostizieren.

(Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages)

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