Vorwurf Wahlfälschung: Ungewöhnliche Allianz protestiert in Moskau

Kommunisten waren beim Protest gegen die mutmaßliche Wahlfälschung in Moskau nicht allein. Foto: Ulrich Heyden

Während sich Russlands Präsident Wladimir Putin mit den Führern der Duma-Parteien austauschte, protestierten Kommunisten, unabhängige Linke und Nawalny-Anhänger. Es kam auch zu Festnahmen.

Die Duma-Wahl ist für die Regierungspartei Einiges Russland im Großen und Ganzen gut gelaufen. Die Partei wird zwar jetzt nur noch 324 Sitze in der Duma haben (zuletzt waren es 343), sie verfügt aber immer noch über eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Abgeordneten-Mandate.

Vom Stimmenverlust der Regierungspartei, die jetzt nur noch auf 49 Prozent kam und damit um fünf Prozentpunkte hinter ihrem Ergebnis von 2016 zurückblieb, profitierten die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF), die sich von 13 auf 18,93 Prozent steigern konnte und die Partei "Neue Leute", geführt von dem Kosmetik-Unternehmer Aleksej Netschajew, die nun als fünfte Fraktion mit 5,32 Prozent in die Duma einzog.

Protest in der Moskauer Innenstadt

Für die Moskauer Kommunisten aber auch für Liberale war das Abstimmungsergebnis dennoch schmerzlich. Nach der Auszählung der Stimmen in den Wahlurnen hatten in der Nacht zum 19. September in acht Moskauer Wahlkreisen Direktkandidaten der KPRF und oppositionelle Liberale in Führung vor Einiges Russland gelegen. Nach der Auszählung der über das Internet abgegebenen Stimmen, die sich zehn Stunden hinzog, verloren alle Direktkandidaten der Kommunisten und Liberalen ihre Sieger-Plätze.

Die KPRF-Führung bezeichnete die "von nur drei Personen kontrollierte elektronische Abstimmung" als "schwarzen Kasten" und "Mittel zur Wahlfälschung". Warum diese scharfe Kritik? Moskau war eine von sieben russischen Regionen, in denen die Wähler nicht nur an Wahlurnen, sondern auch per Internet abstimmen konnten. Von den 7,5 Millionen Wählern, die in den Moskauer Wahllisten eingetragen waren, hatten sich zwei Millionen für die Möglichkeit der elektronischen Abstimmung entschieden.

Wie deren Organisatoren - unter ihnen der liberale Chefredakteur des bisher kremlkritischen Radio Moskau, Alexej Wenediktow, - erklärten, habe sich die Auszählung der elektronischen Abstimmung länger hingezogen, weil die Wähler dabei die Möglichkeit hatten, ihre Wahlentscheidung noch einmal zu überdenken und neu zu wählen. Dadurch habe sich die Auszählung verzögert, denn das Computersystem habe einige Zeit gebraucht, um die endgültige Entscheidung herauszufiltern.

Oligarchen bringen keine Opfer

Liberale Zeitungskommentatoren meinten, die KPRF würde wegen der behaupteten Wahlfälschungen laut klagen, aber keinen scharfen Ton anschlagen. Doch dieses Mal kam es anders. Die KPRF-Führung schlug einen scharfen Ton an und erklärte ohne Wenn und Aber, sie werde das Ergebnis der elektronisch abgegebenen Wählerstimmen nicht anerkennen.

Dass die KPRF schärfer auftritt, hängt wohl auch mit der Stimmung ihrer Wähler zusammen, die unter Preissteigerungen und Reallohnsenkungen leiden und wütend ist, dass man von den einfachen Leuten Opfer verlangt, aber nicht von den Oligarchen, deren Verluste durch Sanktionen der Staat teilweise kompensiere.

Im Unterschied zu früheren Wahlen riefen die KPRF-Abgeordnete in Moskau für den 20. und den 25. September zu "Treffen mit Abgeordneten" auf dem Moskauer Puschkin-Platz auf. Die Rechtslage bei solchen "Treffen" ist nicht eindeutig. Die Stadtverwaltung hätte die Treffen mit Verweis auf Corona-Maßnahmen untersagen können, tat dies aber nicht.

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