Dänemark: Covid-19 nicht mehr "gesellschaftsgefährdend"

Dänemark: Optimismus bei Wissenschaftlern wie politischen Entscheidern, aber auch eine rasche Ausbreitung der Omikron-Untervariante BA.2

"Heute Abend können wir unsere Schultern entspannen und unser Lächeln wieder finden. Wir können nun die letzten Corona-Restriktionen in Dänemark aufheben", so Regierungschefin Mette Frederiksen bei der Pressekonferenz am Mittwoch in Kopenhagen. Einschränkungen in der Gastronomie, bei "Coronapass"-Anforderungen sowie die Maskenpflicht sollen aufgehoben werden. Allein in Krankenhäusern muss die Maske getragen werden, auch gibt es weiterhin Einreisebeschränkungen.

Ab dem 5. Februar soll Covid-19 nicht mehr als "gesellschaftsgefährdende" Krankheit gelten. Die Entscheidung der Politikerin beruht auf Empfehlungen der Epidemie-Kommission. Denn trotz steigender Zahlen - am Mittwoch wurden in dem Land mit sechs Millionen Einwohnern über 46.000 Neuinfektionen festgestellt -, bleibt die Anzahl der ins Krankenhaus eingelieferten Menschen mit Covid-19 stabil.

Gegenüber der Zeitung Berlingske verspricht die regierende Sozialdemokratin den Dänen "ihr normales Leben zurück", allerdings hält Frederiksen eine weitere Impfrunde für gut möglich. Ein weiter Grund für die Entwarnung ist die bald kommende "Herdenimmunität" für das Königreich.

Der dänische Epidemiologe und Mathematiker Viggo Andreasen hat diesen Status vorausberechnet, in zwei Wochen könnte es schon so weit sein, wie der Sender TV2 am Dienstag meldete. Zustimmung erhält Andreasen auch von anderen Experten, darunter Tyra Grove Krause, der Chef-Epidemiologin des Landes und Direktorin des "Staatlichen Serum Instituts" (SSI), die von einer "erheblichen Bevölkerungsimmunität" spricht.

Die sogenannten Herdenimmunität ist ein Zustand, bei dem soviel Immunität in der Bevölkerung gegen einen Erreger erreicht wurde, dass sich eine Krankheit nicht mehr flächendeckend ausbreiten kann. Dänemark erreiche dies durch den hohen Impfstand des Landes. Über 80 Prozent der Bevölkerung haben die zweite Impfung erhalten, fast 60 Prozent die dritte.

Gleichzeitig gibt es eine hohe Anzahl an Neuinfizierten, in Dänemark wurde die infektiöse Mutante Omikron bereits Anfang Dezember festgestellt. Seit Ende Dezember gilt diese Variante als dominant, mittels PCR-Tests wurden kürzlich innerhalb einer Woche insgesamt 278.195 Neuinfektionen festgestellt. Das sind fast fünf Prozent der gesamten dänischen Bevölkerung von sechs Millionen.

BA.2

Das Virus, so Krause, würde jedoch nicht verschwinden, sondern in Wellen zurückkehren, wenn in der Bevölkerung wieder mehr Anfälligkeit bestehe, so vor allem in der kalten Jahreszeit. Doch eine unbekannte Variable in den Berechnungen ist weiterhin die Untervariante von Omikron, in der wissenschaftlichen Abkürzung "BA.2" genannt. Nach Virenforscher Anders Fomsgaard könne diese die prophezeite Herdenimmunität in Dänemark gefährden.

"Es ist möglich, dass Sie sich zuerst mit BA.1 Omikron und kurz darauf mit BA.2 infizieren", so Fomsgaard gegenüber TV2. In Norwegen soll es schon entsprechende Fälle gegeben haben.

Sollten Doppelinfektionen die Regel sein, würde die Subvariante den Höhepunkt der Epidemie in den entsprechenden Ländern verschieben. Auch kann es sein, dass die Variante resistenter gegen die Immunität ist, die in der Bevölkerung vorhanden ist, so der Experte, der ebenfalls für das Staatliche Serum Institut arbeitet.

BA.2 soll seit vergangener Woche in Dänemark bereits über die Hälfte aller Neuinfektionen ausmachen. Das Land gilt derzeit als ein "Corona-Labor" für die Weltöffentlichkeit. Bislang konnte in dem skandinavischen Land noch keine Unterschiede bezüglich Sterblichkeit oder Krankenhauseinweisungen im Vergleich zu der ursprünglichen Omikron-Variante festgestellt werden.

Doch gibt es Signale von Wissenschaftlern, dass die Subvariante noch etwas ansteckender sein könnte als die erste Omikron Mutation.

"Omikron ist immer noch ein Virus, das schwere Erkrankungen, Spätfolgen und den Tod verursachen kann", äußerte sich Astrid Iversen, Professorin für Virologie und Immunologie an der Universität Oxford, gegenüber der Zeitung Berlingske bereits in der vergangenen Woche angesichts der angekündigten Zurücknahme von Maßnahmen, die sie kritisch sieht.

Auch warnt die dänische Forscherin davor, den leichten Rückgang der Krankenhausbelegung überzuinterpretieren.

"Wir wissen nicht, ob Omikron zu so vielen und schweren Spätfolgen führt wie frühere Varianten. Es gibt Forscher, die davon ausgehen, dass sie zu immer weniger Spätfolgen führen wird. Aber viele Menschen werden trotzdem davon betroffen sein, weil so viele Menschen infiziert sind", so Iversen.