Streit mit Marokko – Algerien droht Spanien mit Gas-Lieferstopp

Bild: Uriel Shuraki auf Pixabay

Die Gasversorgung ist aktuell Europas Sorgenkind. Nicht nur Russland verhängt Lieferstopp, sondern auch Algerien droht damit, sollte Spanien Marokko versorgen wollen.

Der russische Energiekonzern Gazprom hat Polen und Bulgarien den Gashahn zugedreht. "Gazprom hat die Gaslieferungen an Bulgargaz (Bulgarien) und PGNiG (Polen) wegen ausbleibender Zahlungen in Rubel vollständig eingestellt", heißt es in einer Erklärung von Gazprom.

Seitdem ist die Aufregung groß. Bulgariens Ministerpräsident Kiril Petkow und sein polnischer Amtskollege Mateusz Morawiecki sprachen daraufhin von "Erpressung", der man nicht nachgeben werde. Ein Lieferstopp sei nicht nur "ein direkter Angriff" auf Polen, sondern auch ein Angriff auf "die Energiesicherheit von ganz Europa", so Morawiecki.

Bei der Aufregung um den russischen Lieferstopp droht ein anderer Konflikt übersehen zu werden: Algerien droht ebenfalls damit, seine Gaslieferungen an Spanien einzustellen. Das Energieministerium in Algier hatte am Mittwoch die Regierung in Madrid gewarnt, algerisches Gas entgegen den Verträgen an andere Länder weiterzuleiten.

Algerien deckte im vergangenen Jahr rund 40 Prozent des spanischen Gasbedarfs und lieferte über zwei Pipelines Erdgas nach Spanien: via Gaz-Maghreb-Europe-Pipeline (GME) und mittels rund 750 Kilometer langen Medgaz-Tiefwasserpipeline.

Den Betrieb der GME hatte Algerien allerdings im November eingestellt, um Marokko von der Gasversorgung abzuschneiden. Hintergrund dieses Streits ist der Konflikt um Westsahara, die von Marokko besetzt gehalten wird.

Doch Algeriens Energieminister Mohamed Arkab erklärte nun, sein spanischer Amtskollege habe ihn darüber informiert, dass Madrid den Betrieb der GME-Pipeline in umgekehrter Richtung genehmigen werde, was in Algier für Verstimmung sorgte.

Jede Weiterleitung von "nach Spanien geliefertem algerischem Erdgas, dessen Bestimmungsort kein anderer als der in den Verträgen vorgesehene ist, wird als Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen angesehen", erklärte Arkab laut Nachrichtenagentur AFP. Dies könne zur Kündigung des Vertrags zwischen dem algerischen Energiekonzern Sonatrach und seinen spanischen Kunden führen.

Unerwünschte Zielklauseln

Solche "Zielklauseln" in den Verträgen stellen für die Europäische Union schon länger ein Problem dar: Sie sorgten unter anderem für Streit mit dem russischen Energieriesen Gazprom, der auf diese Weise den Weiterverkauf seines Gases verhindern wollte. Der Konzern hatte diese Klauseln aber schon vor Jahren fallenlassen.

Im aktuellen Konflikt zwischen Russland und dem "Westen" scheint es aber so, dass diese Klauseln wiederbelebt werden könnte. Bei der EU-Kommission dürfte das auf wenig Verständnis stoßen, werden sie doch auch als Hindernis auf dem Weg zu einem vollständig integrierten EU-Energiemarkt gesehen.

Sollten diese Klauseln tatsächlich wieder aktiviert werden, dann könnten Polen und Bulgarien tatsächlich ein Problem mit der Gasversorgung bekommen. Doch noch fließt das russische Gas: Polen kauft es unter anderem von deutschen Händlern. Und Bulgarien könnte schon ab Juni über die Trans Adria Pipeline (TAP) Erdgas aus Aserbaidschan beziehen. Die TAP liefert seit Anfang 2021 Gas über die Türkei nach Griechenland und Italien. Eine Abzweigung nach Bulgarien und Rumänen ist im Bau.

Ob auch Deutschland von einem Lieferstopp betroffen sein könnte und in welchem Ausmaß das die Bundesrepublik treffen könnte, ist noch nicht völlig klar. Der Energiekonzern Uniper hatte zumindest erklärt, sich darauf grundsätzlich vorzubereiten, die Zahlungen gemäß den russischen Vorgaben abzuwickeln.

Auch wenn er nicht davon ausgeht, dass Deutschland als nächstes von einem Lieferstopp betroffen sein könnte, so wollte Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach nicht komplett ausschließen, dass es doch dazu kommen könnte. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sagte er: "Sollte der Westen ein Öl-Embargo beschließen, ist nicht auszuschließen, dass die Russen mit einem Gaslieferstopp reagieren."

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