Pakistan bald zu einem Drittel unter Wasser

Pakistan erlebt erneut, wie schon 2010, großflächige Überschwemmungen. Bild: United States Marine Corps / Public Domain

Energie und Klima – kompakt: Rekordmonsun und Rekorddürren, Gaspreisdebatten und das Versagen des Verkehrsministeriums.

Pakistan erlebt mittlerweile die achte Woche heftiger Monsunregenfälle, die, gepaart mit einer großen Menge von Gletscher-Schmelzwasser zu historisch einzigartigen Überschwemmungen geführt haben. Ein Ende der Katastrophe ist bislang nicht in Sicht, pakistanische Politiker:innen befürchten, dass bald ein Drittel der Landesfläche unter Wasser stehen könnte. (Pakistan ist mit einer Fläche von knapp 800.000 km² mehr als doppelt so groß wie Deutschland.)

1061 Menschen sind seit dem 14. Juni in Folge der Überschwemmungen ums Leben gekommen, 1575 wurden verletzt. Fast eine Million Bauten wurden zerstört oder beschädigt, über 700.000 Nutztiere sind verendet. 33 Millionen Menschen sind von den derzeitigen Überschwemmungen betroffen, so die pakistanische Regierung. Aus dem Hubschrauber aufgenommene Bilder zeigen in den südlichen Provinzen riesige Wasserflächen, aus denen kaum ein Stück trockenes Land hervorschaut.

Rettungskräfte hätten Schwierigkeiten, überhaupt Stellen zu finden, an denen Hilfsgüter per Hubschrauber abgelassen werden könnten, berichtet Pakistans Klimawandelministerin Sherry Rehman im Interview mit der Deutschen Welle, inzwischen würde auch die Marine eingesetzt.

Rehman hebt hervor, dass es sich nicht um ein außergewöhnliches Wetterereignis, sondern um eine Klimakatastrophe handelt, die ihr Land durchlebt. Diese hat nicht erst mit der Monsunsaison begonnen, sondern bereits mit der Hitzewelle Anfang März, bei der im Süden Temperaturen von bis zu 53 Grad Celsius gemessen wurden und die zu vielen Waldbränden geführt hatte.

Bereits im Jahr 2010 hatte Pakistan ein bis dahin historisches Ausmaß von Überschwemmungen erlebt und ein großer Teil der Infrastruktur sei klimaangepasst wieder aufgebaut worden, Brücken beispielsweise höher gebaut worden. Rehman macht auch deutlich, dass ein erneuter Wiederaufbau ohne externe Hilfe nicht möglich sein wird, selbst für unmittelbare Hilfe für die Flutopfer würde eine Milliarde US-Dollar gebraucht. Die Ministerin erinnert die westlichen Länder an ihre Verantwortung, ihre auf der UN-Klimakonferenz gemachten Klimaversprechen einzuhalten und in konkrete Maßnahmen zu übersetzen.

Welchen Anteil der menschengemachte Klimawandel an dem langanhaltenden Monsun hat, werden Wissenschaftler:innen mit Sicherheit noch beziffern. Die Hitzewelle im Frühjahr jedenfalls ist durch die globale Erwärmung um das Dreißigfache wahrscheinlicher geworden, so eine Auswertung von Attributionsforscher:innen vom 23. Mai 2022. Eine Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass umfassendes Datenmaterial von Wetterstationen für Indien und Pakistan nur für einen relativ kurzen Zeitraum verfügbar ist – für Pakistan erst ab dem Jahr 1979.

Schwere Dürren am Horn von Afrika und in Europa

Während Pakistan unter Wasser steht, ist am Horn von Afrika zu befürchten, dass ein fünftes Mal in Folge die Regenzeit ausbleiben könnte, teilt die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) mit. Langzeitwettervorhersagen für die Zeit von Oktober bis Dezember sehen für die ohnehin schon von Dürre betroffenen Gebiete in Kenia, Äthiopien und Somalia nur geringe Niederschläge voraus.

In Äthiopien, Kenia und Somalia stehen wir am Rande einer noch nie dagewesenen humanitären Katastrophe,

sagt Guleid Artan, Direktor des regionalen Klimazentrums der WMO für Ostafrika.

Über 50 Millionen Menschen sind in der Region von extremer Ernährungsunsicherheit betroffen, Resultat der längsten Dürre seit vierzig Jahren. Das Niederschlagsdefizit könnte sich auch auf die angrenzenden Länder Eritrea, Uganda und Tansania ausdehnen; in Dschibuti, im Osten Äthiopiens und in Teilen des Südsudans könnte es hingegen in den nächsten Monaten mehr als gewöhnlich regnen.

Die Dürre in Europa ist möglicherweise die schwerste seit 500 Jahren, ließ die EU-Kommission verlauten. Anfang August hat nach einer Auswertung der Globalen Dürrebeobachtungsstelle (Global Drought Observatory) der EU-Kommission für fast die Hälfte Europas eine Dürrewarnung bestanden, für 17 Prozent der Fläche Europas ein akuter Dürrealarm.

Eine mittlere bis schwere Dürre hat sich seit Februar in Italien, im Südosten und Nordwesten Frankreichs, im Osten Deutschlands, Osteuropa, Südnorwegen und großen Teilen des Balkans entwickelt. Die Dürre hat zu geringeren Ernten, vor allem von Mais, Soja und Sonnenblumen geführt. Der Wassermangel beeinträchtigte den gesamten Energiesektor, zum einen die Stromerzeugung aus Wasserkraft, zum anderen die Kühlung von Kraftwerken.

Seit Mitte August hat es in vielen der betroffenen Regionen mittlerweile geregnet und sich die Situation dadurch etwas verbessert. Für den westlichen Mittelmeerraum wird aber bis Mitte November zu trockenes Wetter prognostiziert.