Scholz am Golf: Warum die Suche nach fossilen Ersatzenergien floppen muss

Bundeskanzler Scholz trifft mit dem saudischen Kronprinz Mohammed bin Salman zusammen. Bin Salman soll den Auftrag zur Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi gegeben haben. Bild: Denzel, Bundesregierung

Kanzler Scholz kommt mit neuen LNG-Lieferungen aus der Golfregion zurück. Ein mehr als zweifelhafter Erfolg. Die fossile Strategie muss aus mehreren Gründen scheitern, während die Lösung zum Greifen nah ist.

Zuerst ein kurzer Überblick über die Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in die Golfregion.

Bundeskanzler Scholz hat am Wochenende drei Länder in 48 Stunden besucht: die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Katar. Es ging vor allem um Importe von Flüssiggas aus den Ölmonarchien.

Das Ergebnis: rund 140.000 Kubikmeter Gas aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und eine Lieferung von rund 250.000 Tonnen Diesel an die niedersächsische Firma Hoyer. Das Kanzleramt sieht darin einen "Anfang", denn der Kanzler habe die großen Perspektiven in den Blick genommen. Weiter heißt es aus dem Kanzleramt:

"Unabhängig von neuen Lieferverträgen will man mit den Golfstaaten auch die technologischen Fortschritte für klimaneutrales Wirtschaften weiterentwickeln und gleichzeitig Energiesicherheit gewährleisten."

Doch anstatt Projekte zur Herstellung von grünem Wasserstoff zu vereinbaren, verlegt sich der Kanzler auf symbolische Gesten beim Klimaschutz. Die ARD-TV-Korrespondentin Nicole Kohnert twittert:

"Der @Bundeskanzler pflanzt ein Baum bei 34 Grad um kurz nach 8 Uhr morgens in Abu Dhabi. Für den Klimaschutz. Parallel schließen Unternehmen vor Ort Energiedeals ab. Es geht um Diesel und Flüssiggas."

Klimaktivistin Luisa Neubauer kommentiert: "Mir fehlen die Worte".

David Goeßmann, Telepolis

Mit Blick auf die deutsche Energiesicherheit kommt Kanzler Scholz mit minimalem Erfolg von seinen Reisen nach Saudi-Arabien, Katar, Mexiko und den Vereinigten Arabischen Emiraten zurück – sofern man weitere LNG-Lieferungen als Erfolg bezeichnen möchte. RWE schloss mit der Abu Dhabi National Oil Company einen Vertrag über eine erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern LNG ab. Was augenscheinlich nach viel klingt, ist weniger als die Menge, die noch im Februar 2022 an einem Tag über Nord Stream 1 bewegt worden ist.

Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group und Mitautor des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes.

Ähnlich substanzlos sind die Ergebnisse der vereinbarten Energielieferungen aus den anderen Ländern, die Scholz in den letzten Tagen und Wochen bereist hat. Der Grund für die magere Ausbeute ist schnell erkannt: Im Rest der Welt lassen sich kaum die Energiemengen an fossilen Energiemengen erschließen, die die russischen Energielieferungen nach Europa ersetzen könnten.

Die Preise für Erdgas, Kohle, Erdöl und Uran sind schließlich nicht erst seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 massiv gestiegen, sondern schon seit Mitte 2021. Da zog die Weltwirtschaft nach der Corona-Krise wieder an, der fossile Energieverbrauch ist deshalb gestiegen, und die Förderung konnte die Nachfragesteigerung nicht stillen, was zwangsläufig in höheren Preisen mündete.

Diese weltweite Verknappung fossiler und atomarer Energierohstoffe wird vielfach übersehen. Kanzler Scholz fährt zwar unentwegt in der Welt herum und sucht nach Diversifizierung von fossilen Energielieferanten, aber nennenswerte Lieferverträge kann er nicht anstoßen.

Natürlich hat die EU seit Februar 2022 mehr LNG, Pipelinegas, Erdöl und Kohle aus anderen Ländern als Ersatz für russische Energielieferungen importiert und damit die globalen Rohstoffpreise massiv nach oben getrieben. Was das insbesondere für viele Entwicklungs- und Schwellenländer bedeutet, hat die Finanzmarktwelt schon im Juli 2022 genauer analysiert.

Insbesondere in Pakistan gehen die Lichter aus, weil das für Pakistan vorgesehene LNG nun in das zahlungskräftigere Europa umgelenkt wird. Auch in Bangladesch, Myanmar und anderen Ländern gibt es erhebliche Verwerfungen.

Dabei wird gerade Pakistan heimgesucht von der größten Klimakatastrophe. Nach bis zu 50 Grad Celsius Mittagshitze mit vielen Hitzetoten von März bis Juni hat ein nie dagewesener Monsunregen ein Drittel der Landesfläche Pakistans überschwemmt mit zig Millionen Obdachlosen, die ihr Haus verloren und Tausenden von Toten. Dass dort durch den Kauf von LNG durch Europa auch eine Energienot herrscht, verschlimmert das Elend zusätzlich.

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