Gaspreisdeckel der EU-Kommission: Experten zweifeln an Wirkung

Bild: Gerd Altmann auf Pixabay

Er soll die Europäer vor extremen Preisspitzen schützen. Doch es bestehen Zweifel, ob der Mechanismus jemals aktiviert wird. Weshalb das Vorhaben ohne praktischen Nutzen sein könnte.

Die Europäische Kommission hat am Dienstag ihren Vorschlag für eine europäische Gaspreisbremse vorgestellt. Monatelang hatten Mitgliedsstaaten Druck ausgeübt und zwischen den EU-Staaten taten sich mitunter tiefe Gräben auf.

Billiges Erdgas verspricht die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag nicht. Der sogenannte "Marktkorrekturmechanismus" soll lediglich in Europa überhöhte Preise begrenzen und soll nur für den wichtigsten Gashandelsplatz der EU, den niederländischen TTF, gelten.

Das Instrument soll auch nur dann aktiviert werden, "wenn die Preise ein im Vergleich zu den LNG-Preisen an anderen Handelsbörsen außergewöhnlich hohes Niveau erreichen", heißt es bei der EU-Kommission.

"Bislang fehlte uns ein Instrument, um solche Situationen wie im August dieses Jahres zu bewältigen", sagte EU-Energiekommissarin Kadri Simson. Sie spielte damit auf die Preisexplosion im August an, als der Gaspreis an der TTF auf 300 Euro pro Megawattstunde (MWh) kletterte.

"Wir sind nach wie vor diesen schädlichen Preiserhöhungen ausgesetzt, die der europäischen Industrie schaden und die Lasten auf unsere Haushalte abwälzen", so Kadri weiter.

Der Mechanismus soll in Zukunft aktiviert werden, wenn die monatlichen TTF-Preise zwei Wochen lang über 275 Euro liegen und die Differenz zum Weltmarktpreis für Flüssigerdgas mindestens 58 Euro beträgt. Fallen die TTF-Preise dann wieder oder ziehen die Weltmarktpreise an, wird die Preisobergrenze wieder deaktiviert.

Experten zweifeln indessen daran, dass die Preisobergrenze jemals genutzt werden wird. Ein Grund dafür liegt in seiner kurzen Geltungsdauer: Stimmen die EU-Länder dem Vorschlag zu, soll die Gaspreisbremse für ein Jahr gelten.

Ein anderer Grund ist der hohe Referenzwert, der deutlich über dem aktuellen Preisniveau von etwa 120 Euro pro MWh liegt. Selbst im Sommer, als die Gaspreise in Rekordhöhen schnellten, wäre der Mechanismus wohl auch nicht ausgelöst worden, heißt es dazu in der Financial Times. Denn die Preise lagen nur etwa eine Woche über 275 Euro pro MWh.

Entsprechend empört zeigte sich auch Simone Tagliapetra, Senior Fellow bei der Brüsseler Denkfabrik Bruegel. Der Vorschlag sei weder wirtschaftlich noch politisch überzeugend. "Das ist ein Witz", sagte er. "Es ist ein Vorschlag, der selbst in dem extremen Szenario vom August niemandem etwas nützen wird."

Es bestehe die Gefahr, fügte er hinzu, dass das Vertrauen in die Kommission bei der Bewältigung der Energiekrise ernsthaft beeinträchtigt wird. Denn der Vorschlag gehe nicht auf die Bedenken ein, die mehr als die Hälfte der EU-Länder zu Forderung nach einer Preisobergrenze veranlasst habe.

Die Kommission ließ sich bei ihrem Plan offenbar nicht von den Argumenten der EU-Länder leiten, die die Preisobergrenze unterstützen. Ein ranghoher EU-Diplomat habe gegenüber der Financial Times erklärt, heißt es in dem Bericht, dass ein höherer Preis als 250 Euro pro MWh "nur ein weiterer Weg ist, die Obergrenze zu killen".

Das Vorhaben wird dennoch als bedeutsam angesehen. Politische Entscheidungsträger in den EU-Staaten gehen davon aus, dass die Gaspreise im kommenden Jahr wieder steigen könnten. Denn es ist denkbar, dass die Europäische Union dann ohne russisches Gas auskommen und Gasspeicher füllen muss. Der Kampf um das knappe Gut könnte dann die Preise wieder in die Höhe schnellen lassen.

Hinzu kommt: Die Höhe des vorgeschlagenen Preisdeckels ist aber offenbar nicht in Stein gemeißelt. Simson betonte, dass sie während der Gespräche mit den Mitgliedsstaaten überprüft werden könne.

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