"Am Ende ist Fußball auch Zufall"

Geht's den Deutschen heute ans Leder? Bild: Doris Meta F, CC BY-NC 2.0

Sprachabgründe, Facharbeitertum und der Starkult des Augenblicks: Vor dem entscheidenden Gruppenspiel gegen Costa Rica haben nur die deutschen Medien Oberwasser

Wir haben viel Demut. Wir haben selbst nur einen Punkt und minus eins im Torverhältnis. Das ist kein Grund, euphorisch zu sein.

Thomas Müller

Mich selbst als WM Hoffnung zu sehen – schwierig.

Niclas Füllkrug

"Wenn die deutsche Mannschaft Costa Rica nicht klar schlägt, dann hat sie bei dieser WM nichts verloren." - viele unter den deutschen Kommentatoren machen es sich gerade so leicht, wie TV-Urgestein Marcel Reif:

Der Sieg im letzten Gruppenspiel ist eigentlich beschlossene Sache, denn das Debakel gegen Underdog Japan liegt zwar erst eine Woche zurück, ist aber schon vergessen und der sieglose Tabellenletzte der Gruppe F inzwischen eigentlich gefühlter Halbfinalist. Doof nur, dass da noch drei Siege dazwischen liegen.

Einzige Ausnahme unter den eben noch zu Tode betrübten, gerade aber wieder himmelhochjauchzenden Sportberichterstattern bildet nur die Berliner Zeitung. Sie erinnert am Mittwoch daran, dass es in WM-Vorrunden für die deutsche Elf fast immer knapp zuging. Aber selbst ein Sieg wäre noch kein Selbstläufer. Dieses Spiel könnte für Deutschland trotz eines Sieges das letzte bei der WM 2022 sein, falls Japan gegen Spanien gewinnt.

Weniger Vereinnahmung

Was wir in diesem Jahr weitaus weniger zu erleben, ist die Vereinnahmung des Fußballs durch Politik, Wirtschaft und Kultur. Natürlich sind immer wieder Politiker auf den Tribünen zu sehen. Aber die offene Korruption der Fifa und die Fragwürdigkeit des Gastgebers Katar sorgen erkennbar für angemessenen Abstand in fast allen Ländern, jedenfalls den demokratischen.

Eine Ausnahme ist Robbie Williams der, wie der Rolling Stone zitiert, seinen Auftritt in Katar in weiser Einsicht begründete: "Es wäre heuchlerisch, wenn ich nicht nach Katar fahren würde, wenn man nur an die anderen Orte denkt, an denen ich jedes Mal singe."

"Wird der Riese zum Risiko?"

Wird es also noch was mit dem deutschen Märchen aus Tausend und einer Nacht? Dafür muss die deutsche Elf erst mal an Keylor Navas vorbei. Der 1,85 Meter große Torwart von Costa Rica gilt als "Kultkeeper" (Berliner Zeitung). Er war lange Zeit Stammtorhüter von Real Madrid und gewann mit Real immerhin dreimal die Champions League.

Gegen Japan half ihm, wie er so schön sagte, "der liebe Gott": Nach sieben Toren gegen Spanien hielt er die Null im Tor und erkämpfte seinem Team nun überraschend eine passable Ausgangsposition. Ein Sieg gegen Deutschland würde sicher fürs Achtelfinale erreichen.

Auch bei den Deutschen steht der Torhüter im Fokus: Das Fachblatt für Sportwissenschaft, die Bild-Zeitung hat ausgerechnet, dass der 36-jährige Manuel Neuer in seiner vierten WM nur 57,14 Prozent aller Bälle, die auf sein Tor kamen, halten konnte. "Wird der Riese zum Risiko?", fragt man besorgt.

Aber Probleme hat die DFB-Elf eigentlich überall. An ein Spiel der deutschen Nationalmannschaft mit so wenig Ballbesitz wie gegen Spanien kann man sich nicht erinnern. In der Abwehr werden zu viele Fehler gemacht, im Sturm zu wenig Tore geschossen, wie vor allem das Spiel gegen Japan zeigte.

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