Hansis Rechenbrett

Die Luft ist raus. Bild: Gunnar Ries zwo, CC BY-NC-ND 2.0

Schock nach dem WM-Debakel: Lange Gesichter daheim, Häme aus dem Ausland. Und ein Haufen Hausaufgaben

Des Winters Sterne Ein Rechenbrett der Geister, Das so geheimnisvoll.

Haiku von Kusadao

Die Sterne über Katar schauten am späten Abend des Donnerstags vermutlich verdutzt auf das Mannschaftsquartier der deutschen Nationalelf. Zwar sind die Temperaturen wohlig, die Stimmung jedoch am Boden. Bundestrainer Hansi Flick musste sich gleich nach dem harschen WM-Aus ungemütlichen Reporterfragen stellen, Altmeister Thomas Müller deutete glaubhaft gefrustet vor laufenden Kameras gar seinen Abschied aus der Nationalmannschaft an.

Wer hatte damit gerechnet?

Germany goes home

Ein Rechenbrett der Geister: Das trifft auf Deutschland und sein Team irgendwie zu bei dieser WM. Jetzt ist die einstige Supermacht raus, allem Rest-Optimismus zum Trotz. Deutschlands Ruf als Fußballnation, definitiv am Boden. Die geschlagenen Geister ab nach Hause, natürlich im demokratisch angemalten Flieger ("Diversity Wins").

Auch Teil des Spiels, der erhobene Zeigefinger vom Werte-Weltmeister (bemühte Moralin-Sauce, zugehaltene Münder usf.), das kam nicht überall gut an und wurde im Medienzirkus immens überbewertet. Nichts Werteweltmeister! Nichts Fußballweltmeister! Am Ende: Häme satt im Blätterwald und in den sozialen Medien.

Einen Tag nach dem Desaster – nunmehr schon das zweite flotte WM-Aus – wird lamentiert und gerätselt, gespottet und geraunzt. All for nothing. Germany goes home. Die Nation ist geschockt und die (kühleren) Experten sind sich anscheinend relativ einig: Hier war alles Mögliche auf dem Platz, aber keine Turniermannschaft.

Was war es dann?

Gibt's gar keine "kleinen" Mannschaften mehr?

Ein verstolperter Haufen, möchte man sagen. Probate Einzelaktionen, Anflüge von Feuer, aber am Schluss des Tages Strohfeuer. Allzu rasch ging den Helden die Offensivpuste aus, Angriff und Verteidigung passten außerdem nicht zusammen auf Hansis Rechenbrett bei dieser WM.

Ist eine Lehre, dass die "Großen" nicht unbedingt mehr das Sagen haben?

TV-Kommentator und Ex-Nationalspieler Christoph Kramer hatte vergangene Woche im ZDF bereits erklärt: "Es gibt keine 'Kleinen Mannschaften' mehr." Und er ergänzte: "Alle Teams sind gut organisiert und kompakt."

Offensichtlich bleibt eins: Der Amigo-Weltverband Fifa stößt mit seinen großartigen Schaustellungen definitiv an seine Grenzen. Das dürfte spätestens qua Qatar bei jedermann mit Verstand angekommen sein. Dem DFB seinerseits fehlt es an Glaubwürdigkeit, sein Protest kam viel zu spät und brachte daher nichts, außer Unruhe im Kader.

Mit im Spiel: Jogis Erbe

Flicks Mannschaft agiert, kurz gesagt, unausgegoren. Teamgeist und Reife lassen sich auch schwerlich "machen" oder beschleunigen. Eine Fußballmannschaft ist keine Maschine, die man an Stellschrauben optimiert. Zumal, wenn im Kader Individualisten aufeinandertreffen, die zur Einheit nicht geboren sind, sondern allenfalls zusammenwachsen könn(t)en.

Hier sind sich die Deutschen seit Jahren anscheinend selbst im Weg. Auch eine Mentalitätsfrage. Zu lange wurde geschlafen: "Kleinere" Mannschaften machen vor, wie es geht. Auch das gehört zum Erbe von Joachim Löw, der einerseits Maßstäbe setzte, dann aber den Abgang verpasste. Da schlief auch der DFB.

Also doch nicht geisterhaft nebulös, das Ganze. Die Sterne am (Fußball-)Himmel werden es überleben, die Sterne auf den Trikots der deutschen Mannschaft sind fürs Erste verblasst. Auch Ilkay Gündogan soll sich Pressemeldungen zufolge Gedanken um einen Rücktritt aus dem Nationalteam machen.

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