Boycott, Divestment and Sanctions bald völkerrechtlich verbindlich?

In Deutschland tritt in wenigen Tagen ein Gesetz zu Lieferketten in Kraft. Auch international laufen entsprechende Debatten. Warum das den Donbass, Westsahara und Gaza betrifft.

In Deutschland gibt es bereits ein Lieferkettengesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft tritt. In der EU wird eine vergleichbare Vorlage noch durch die Mühlen des Aushandlungsprozesses geschleust. Und da sieht es gar nicht gut aus: Anfang Dezember 2022 hat der Ministerrat der Union einen Beschluss gefasst, der prompt auf heftige Kritik der Zivilgesellschaft stieß.

Das Cora-Netzwerk, ein Bündnis von rund 60 Menschenrechtsorganisationen, machte unter anderem darauf aufmerksam, dass in dieser Vorlage Waffenexporte gar nicht erfasst sind.

Weit weniger Menschen wissen jedoch, dass auch auf UN-Ebene ein Prozess läuft, bei dem es um die Versöhnung von wirtschaftlichen Aktivitäten und Menschenrechten geht. Denn dass vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern tätige transnationale Unternehmen grundlegende Menschenrechte verletzen, ist leider immer noch viel eher die Regel als die Ausnahme.

Doch das Ringen um Wirtschaft und Menschenrechte bei den Vereinten Nationen dauert mittlerweile auch schon über 17 Jahre. Leitlinien der Vereinten Nationen (und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD) zu dem Thema existieren schon eine ganze Weile, sind aber, wie der Name bereits verrät, nicht verbindlich.

Verbindlicher Rahmen

Jetzt geht es darum, einen völkerrechtlich verbindlichen Rahmen zu schaffen, mit dem (vor allem große, international agierende) Unternehmen verpflichtet werden können, bei ihren geschäftlichen Aktivitäten weltweit und in ihrer gesamten Wertschöpfungskette auf die Einhaltung der Menschenrechte zu achten, und darüber regelmäßig Rechenschaft abzulegen.

Seit 2014 arbeitet eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe an diesem völkerrechtlichen Abkommen. Mittlerweile hat der Vorsitzende der Arbeitsgruppe einen dritten, überarbeiteten Entwurf für ein Verbindliches Internationales Abkommen für Wirtschaft und Menschenrechte (legally binding instrument to regulate, in international human rights law, the activities of transnational corporations and other business enterprises) vorgelegt.

Am schwierigsten in der Umsetzung und politisch sehr heikel dürfte – neben den allfälligen Fragen nach der Haftung für Menschenrechtsverletzungen – die Frage werden, ob und wie weit Unternehmen künftig darauf achten müssen, dass ihre Aktivitäten Konflikte weder befeuern noch Menschenrechtsverletzungen in Konflikten begünstigen.

Das Sanktionsregime westlicher Regierungen gegen Russland belegt, dass hier Nachholbedarf zu bestehen scheint. Und es wäre wünschenswert, wenn es dafür eine völkerrechtliche Grundlage gäbe. Im deutschen Lieferkettengesetz wird zwischen Unternehmensverantwortung und Konflikten übrigens lediglich ein Zusammenhang in Bezug auf Kindersoldaten hergestellt (Art 2 (2) a).

Da in bewaffneten Konflikten und in ihrem wirtschaftsgeografischen Umfeld ständig Menschenrechte verschiedenster Gruppen verletzt werden – weit häufiger als im Frieden –, müssen Unternehmen, die in Konfliktgebieten tätig sind oder Vorprodukte von dort beziehen, besondere Vorsicht walten lassen.

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