Autobauer fordern aktive Industriepolitik und weniger Vorgaben

Auspuff

Vorschriften beim Klima- und Gesundheitsschutz würden die Autoindustrie gängeln, erklärte der Branchenverband. Infrastruktur müsse zudem schneller gebaut werden. Weshalb Moral in der Politik nicht immer der richtige Wegweiser sein soll.

Die deutsche Autoindustrie ist unzufrieden mit der Bundesregierung und der Europäischen Union. Sie brächten den Industriestandort Deutschland und Europa in Gefahr, tönten letzte Woche die Lobbyisten vom Verband der Automobilindustrie (VDA).

"Die Lage der Industrie ist schlechter als die öffentliche Stimmung", erklärte Verbandspräsidentin Hildegard Müller. Gründe dafür sah sie in der deutschen und europäischen Energie-, Steuer- und Infrastrukturpolitik.

Die Töne, die bei der Jahresauftakt-Pressekonferenz des VDA angeschlagen wurden, sind auch Ausdruck einer Krise im transatlantischen Verhältnis. Während auf der anderen Seite des Atlantiks die Industrie mit Steuergeldern angelockt wird, sieht man in Europa zum Teil hilflos dabei zu, wie die europäischen Betriebe und Standorte unter Druck geraten.

"Andere Regionen setzen die Kräfte ihrer Wirtschaft frei, die Wirtschaft in Europa wird zunehmend gegängelt", sagte Müller. Sie meinte damit Maßnahmen, die dem Gesundheits- und Klimaschutz dienen sollen, etwa eine strengere Einstufung der Gesundheitsrisiken von Lithium, welche "die Batteriezellenproduktion ausbremsen" würden.

Ihre Kritik bezog sich aber auch auf neue CO₂-Grenzwerte, strengere Abgasnormen oder das Lieferkettengesetz.

Mit den vorgeschlagenen Euro-7-Normen würden Grenzwerte für Schadstoffe wie Stickoxide verbindlich festgeschrieben, welche von der Autoindustrie bis 2025 nicht eingehalten werden könnten. Diese Vorgaben würden sich auch negativ auf den Klimaschutz auswirken: Investitionen, die in die Produktion von Elektrofahrzeugen fließen könnten, müssten stattdessen in die Verbrenner-Technologie fließen.

Beim Ausbau der Infrastruktur sieht Müller dringenden Handlungsbedarf. "Den Straßenbau mit Klimaargumenten zu verhindern, ist gerade falsch", sagte sie. Darunter leide die Attraktivität des Industriestandortes Deutschland und damit letztlich auch die Fähigkeit zu Innovationen im Klimaschutz.

Das Vorhaben des Bundesverkehrsministeriums, Straßen schneller bauen zu wollen, wird momentan noch von den Grünen in der Bundesregierung blockiert. Ein Krisentreffen der zuständigen Minister endete kürzlich ohne Einigung und damit erhält der Gesetzentwurf nicht den Segen des Bundeskabinetts.

Die Grünen streben an, dass weniger Autobahnen gebaut werden. Stattdessen solle ein schlüssiges Verkehrskonzept erarbeitet werden, das Schienen und Bahnhöfe in den Mittelpunkt der Infrastrukturpolitik rückt. Allenfalls marode Autobahnbrücken sollen noch saniert werden.

Die Vorstellungen über die Mobilität der Zukunft sind nicht die einzigen Punkte, bei denen die Autoindustrie und die Grünen auf Konfrontationskurs gehen. Der Umgang mit China wird zu einem weiteren Problem in dem angespannten Verhältnis.

Hildegard Müller sprach sich dafür aus, dass Deutschland und Europa auch weiterhin gute Wirtschaftsbeziehungen mit China unterhalten. Schließlich sei der chinesische Markt zu wichtig – und ohne China verliere man "das Geld, um die grüne Transformation zu stemmen".

Die Autoindustrie sieht China aber nicht nur als Handelspartner, sondern auch als Konkurrenten auf den Weltmärkten. Um den europäischen Autokonzernen neue Exportmärkte zu erschließen, sollte die EU mit mehr Drittstaaten entsprechende Abkommen abschließen – und dabei auf eine moralisierende Politik verzichten.

Man müsse die Länder Afrikas, die Golfstaaten, Brasilien oder Indien "von uns überzeugen und ihnen mehr Partnerschaft anbieten, zum Beispiel als China", sagte Müller und fügte hinzu: moralische Perfektion sei international nicht allein durchsetzbar.

"Moralische Festlegungen werden oft ohne technisches und wirtschaftliches Fachwissen getroffen", betonte Müller. Dieses sei aber notwendig, um funktionsfähige Lösungen zu finden. Im Gegensatz zu China hätten die Europäer zunehmend darauf gedrungen, dass etwa Vorgaben beim Umweltschutz und Standards beim Arbeitsschutz Teil von Handelsabkommen werden müssten. Bei einigen Handelspartnern habe sich das als unpopulär erwiesen.

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