Welchen Pass hat der Täter? Herkunftsnennungen im Journalismus

Bild: Mahesh Patel auf Pixabay

Nach der Gewalt in der Silvesternacht wird über Notwendigkeit oder Zulässigkeit von genaueren Täterbeschreibungen diskutiert. Kurz zuvor erschien dazu ein Beitrag in einer führenden Fachzeitschrift. Eine Einordnung. (Teil 1)

Bei der Diskussion um "Böller-Exzesse" besonders in Berlin hat sich früh und erwartbar eine Metaebene aufgetan: Kann, darf oder muss man gar die ethnische Herkunft von Tatverdächtigen nennen?

Die Polizei gab recht bald an, in der Nacht auf Neujahr insgesamt 145 Menschen vorläufig festgenommen zu haben, sechs Frauen und 139 Männer. Von ihnen haben 45 die deutsche Staatsbürgerschaft, 100 Personen eine von insgesamt 17 anderen: 27 sind Afghanen, 21 Syrer, je neun Iraker und Libanesen, je fünf Polen und Türken, drei Iraner, zwei Serben und Jordanier und je eine Person wird den Ländern Australien, Frankreich, Indien, Italien, Mali, Nigeria, Rumänien und Tunesien zugeordnet.

Da die Staatsangehörigkeit nichts über die Herkunft der Deutschen oder ihrer Eltern aussagt, wollte die Berliner CDU die Vornamen dieser 45 deutschen Tatverdächtigen wissen. Der Berliner Tagesspiegel persiflierte dieses Interesse in seinem morgendlichen Newsletter "Checkpoint" mit der Vornamensliste der Christdemokraten im Abgeordnetenhaus.

Auszug aus dem Tagesspiegel Checkpoint vom 6. Januar 2023

Politisch korrekte Herkunftsbezeichnungen

Welche Blüten die Sorge um die politisch korrekte Bezeichnung ausländischer Mitmenschen in Deutschland treiben kann, zeigte ein Tweet von Monitor-Redaktionsleiter Georg Restle. "Blanker Rassismus innerhalb der CDU, der an schlimmste Zeiten erinnert", schrieb er zu einem Kommentar des Bundestagsabgeordneten Christoph de Vries.

Dieser hatte im Kontext der Silvesterkrawalle in Berlin von "Personen, Phänotypus: westasiatisch, dunklerer Hauttyp" geschrieben. De Vries antwortete Restle:

Diese Bezeichnung entstammt dem Leitfaden für 'diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch' des LKA Berlin von der Beauftragten für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und soll statt des Begriffs "Südländer" verwendet werden. Die Ironie sollte man erkennen können.

Die Debatte um die Herkunftsnennung von Tätern und Tatverdächtigen beschäftigt die Medien schon lange. Der Deutsche Presserat sagt dazu derzeit:

In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.

(Richtlinie 12.1 zu Ziffer 12 des Pressekodex des Deutschen Presserats)

Praxis-Leitsätze führen dies noch genauer aus.

Um diese Richtlinienformulierung rankt sich ein langer und anhaltender Streit. 2016 scheiterte ein Änderungsantrag, 2017 wurde die bis dahin gültige Fassung doch geändert, sie lautete:

Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse.

(Aus Richtlinie 12.1 des deutschen Pressekodex bis zur Änderung im März 2017)

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