40 Minuten, die die Welt erschütterten: US-Ukraine-Allianz zerbricht vor laufender Kamera

Trump sagt bei dem Treffen heute, hier allerdings Archivbild, wenig durch die Blume. Bild: Drop of Light/ Shutterstock.com
Dramatisches Treffen im Weißen Haus endet im Eklat. Trump und Vance attackieren Ukraine-Präsident Selenskyj. Das Ende der US-Hilfen droht.
Ein beispielloser Vorfall erschüttert die Beziehungen zwischen den USA und der Ukraine: Bei einem Treffen im Weißen Haus kam es zum Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump, seinem Vize JD Vance und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Vor laufenden Kameras und Reportern entwickelte sich ein hitziges Wortgefecht, in dem Trump und Vance den ukrainischen Staatschef scharf attackierten.
Trump warf Selenskyj vor, nicht dankbar genug für die bisherige US-Unterstützung zu sein und einen "Dritten Weltkrieg" zu riskieren. "Sie setzen das Leben von Millionen Menschen aufs Spiel", sagte der sichtlich ungehaltene Trump seinem Gast.
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Selenskyj versuchte zu erwidern, wurde aber immer wieder von Trump und Vance unterbrochen und zurechtgewiesen.
Vance bezeichnete es als "respektlos", dass Selenskyj ins Oval Office komme und dort vor der Presse versuche zu verhandeln. "Sie sollten dem Präsidenten dafür danken, dass er versucht, den Konflikt zu beenden", betonte der US-Vizepräsident.
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Als Selenskyj darauf verwies, dass nach der Krim-Annexion 2014 niemand Putin aufgehalten habe, reagierte Trump aufgebracht: "Wenn Sie unsere Militärausrüstung nicht hätten, wäre der Krieg nach zwei Wochen zu Ende gewesen. Sie haben dankbar zu sein."
Nach rund 40 Minuten eskalierte der Schlagabtausch derart, dass Trump das Treffen abrupt beendete. "Ich denke wir haben genug gesehen. Das wird großartiges Fernsehen sein", sagte er in Richtung der Kameras. Danach wurden ein geplanter Rohstoff-Deal mit der Ukraine sowie die Pressekonferenz abgesagt. Selenskyj verließ das Weiße Haus, ohne sich zu äußern.
Ende der US-Hilfe droht akut
Die Demütigung Selenskyjs durch Trump und Vance hat dramatische Folgen für die Ukraine. Es droht ein Bruch der amerikanisch-ukrainischen Beziehungen und ein Ende der US-Unterstützung, auf die Kyjiw existenziell angewiesen ist. Ohne Rückendeckung des Westens, insbesondere der USA, wäre die Ukraine ihrem Aggressor Russland weitgehend schutzlos ausgeliefert.
Die Angst vor der Pax Trumpiana
Die Aussicht auf einen von den USA vermittelten Frieden mit Moskau, über den Selenskyj in Washington sprechen wollte, scheint in weite Ferne gerückt. "Ich habe festgestellt, dass Präsident Selenskyj nicht zum Frieden bereit ist", schrieb Trump nach dem Eklat. Er deutete an, jedwede Unterstützung der Ukraine einzustellen, sollte es nicht zu einer Einigung zu US-Konditionen kommen: "Sie werden entweder einen Deal machen oder wir sind raus."
Hilfsangebote aus der EU
In Europa schrillen die Alarmglocken. Staats- und Regierungschefs von Frankreich bis Italien sicherten der Ukraine demonstrativ ihre Unterstützung zu. Die Europäer sind aber auf die USA als Führungs- und Schutzmacht angewiesen. Zwar hat der britische Premier Keir Starmer eine 30.000 Mann starke Schutztruppe vorgeschlagen. Diese wäre aber auf amerikanische Luftabwehr, Satellitenüberwachung und Logistik angewiesen. Ein Commitment dazu verweigerte Trump bei Starmers Besuch.
Berlin, kraftlos
Von Berlin geht derzeit kein kraftvolles Signal aus. Zwar forderten die Grünen schnelle zusätzliche Militärhilfen für die Ukraine. Doch die ist abgewählt und eine neue Regierung wird sich zweimal überlegen, den bisherigen Kurs fortzuführen.
In den laufenden Sondierungsgesprächen rückt nun eine Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeit nach vorn.
Die Optionen der EU ohne die USA sind begrenzt. Europa muss aufrüsten, eigene militärische Stärke und Abschreckung aufbauen, um nicht zum Spielball zu werden. Jede Schwäche würde Putin in die Hände spielen. "Die Sicherheit Europas wird in der Ukraine verteidigt", warnt der Europaausschuss-Vorsitzende Anton Hofreiter.
Für die Ukrainer ist die Entwicklung bitter. Immer wieder wurde das Land vom Westen in eine militärische Eskalationslogik gedrängt. Die Folge war, dass radikale Kräfte in der Ukraine die Oberhand gewannen, darunter profaschistische Milizen. Seit Beginn der heißen Phase des Krieges war dies wiederholt deutlich geworden: Immer wieder wurden Bilder veröffentlicht, die ukrainische Milizionäre mit Runen aus der Zeit des deutschen Faschismus oder ähnlichen Emblemen zeigten. Entsprechende Warnungen wurden in Westeuropa nie ernst genommen. Inzwischen sind die gemäßigten Kräfte in der Ukraine so isoliert, dass eine Exit-Strategie aus eigener Kraft kaum noch möglich ist.
Es ist möglich, dass mit dem Showdown in Washington das politische Ende von Wolodymyr Selenskyj besiegelt ist. Die Frage ist: Wie geht es für die Soldaten auf der ukrainischen Seite der Front weiter? Und wie für die Europäische Union, deren führende Politiker den Ernst der Lage bisher nicht erkannt zu haben scheinen.
Die Presseabteilung des weißen Hauses äußerte sich am heutigen Freitag nicht unmittelbar zu dem Vorfall, sondern veröffentlichte eine lange Liste von Äußerungen, die Donald Trump unterstützen. Darunter beachtliche Aussagen, wie die folgenden:
Senator Lindsey Graham: "Ich war noch nie stolzer auf Präsident Trump, weil er dem amerikanischen Volk und der Welt gezeigt hat, dass man mit diesem Mann nicht leichtfertig umgeht. Er wollte einen Waffenstillstand erreichen. Er will den Krieg beenden und Selenskyj fühlte sich, als müsste er Trump im Oval Office provozieren."
Außenminister Marco Rubio: "Danke @POTUS, dass Sie sich für Amerika einsetzen, wie es kein Präsident zuvor gewagt hat. Danke, dass Sie Amerika an erste Stelle setzen. Amerika steht hinter Ihnen!"
Vorsitzende Lisa McClain: "Präsident Trump hat diesen Krieg geerbt. Er hat von Anfang an gesagt, dass er Frieden bringen will. @POTUS ist ein starker Führer und ich weiß, dass seine Verhandlungen zu einem Deal führen werden."
Abgeordnete Marjorie Taylor Greene: "Präsident Trump und Vizepräsident Vance werden Amerika jedes Mal an die erste Stelle setzen. Selenskyj in seine Schranken zu weisen, während er die USA im Oval Office respektlos behandelt, ist genau das, wie amerikanische Führung aussehen sollte. Das ist, was WIR, DAS VOLK, sehen wollen!"
Abgeordneter Greg Steube: "Lächerliches Getue von Selenskyj im Oval Office. Die Vereinigten Staaten haben Hunderte von Milliarden Dollar ausgegeben, um die Ukraine zu verteidigen. Und das ist der Dank, den das amerikanische Volk bekommt? Es ist an der Zeit, diesen Krieg zu beenden."
Senator Josh Hawley: "Denken Sie daran: Der US-Senat hat wiederholt und jahrelang MILLIARDEN von Steuergeldern ohne Bedingungen und ohne echte Aufsicht an die Ukraine gesandt. Es ist Zeit für Rechenschaftspflicht."
Abgeordnete Victoria Spartz: "Selenskyj erweist dem ukrainischen Volk einen schweren Dienst, indem er den amerikanischen Präsidenten und das amerikanische Volk beleidigt – nur um Europäer zu beschwichtigen und seine niedrigen Umfragewerte in der Ukraine zu erhöhen, nachdem er kläglich darin gescheitert ist, sein Land zu verteidigen. Dies ist kein Theaterstück, sondern ein echter Krieg!"
Mehrheitsführer Steve Scalise: "Präsident Trump kämpft für den Frieden auf der ganzen Welt und setzt Amerika als unseren besten Verhandler an die erste Stelle – er ist der Einzige, der Russland an den Tisch gebracht hat, um ein ernsthaftes und dauerhaftes Friedensabkommen mit der Ukraine zu erwägen."