AI-Report: Israels Besatzungspolitik wird immer gewaltsamer
Seite 2: Westjordanland immer mehr zerstückelt
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- Westjordanland immer mehr zerstückelt
- Selbst Freunde Israels befremdet das Vorgehen
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Zugleich wird schon seit Langem, beschleunigt seit dem Friedensabkommen von Oslo 1993, das Westjordanland immer mehr zerstückelt und durch israelische Siedlungen, Mauern und Straßen voneinander abgetrennt. Heute gibt es über 200 Enklaven im Westjordanland, in denen die Palästinenser auf wenig Raum leben müssen. Die Übergänge, versehen mit 600 Checkpoints, sind oft schwer zu passieren. Zum Jordantal gibt es nur sehr eingeschränkten Zugang für Palästinenser. Das Gebiet gleiche einem "Schweizer Käse", sagt Roy.
Das mache ein normales Leben unmöglich und die Bewohner abhängig von internationalen Hilfslieferungen. Letztlich weigere sich die israelische Regierung, "das Land mit den Palästinenser:innen zu teilen". Viele Israelis, die an sich Frieden wollten, schauten aber weg. Das sei fatal, da Verständnis für die Lage der Palästinenser Schlüssel für eine Konfliktlösung sei, so die Harvard-Forscherin.
Doch von einer Konfliktlösung ist man weit entfernt. Ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) kommt zu dem Ergebnis, dass seit dem Amtsantritt des israelischen Premiers Naftali Bennett die Gewalt gegen Palästinenser:innen eskaliert ist. Seit 2008 sei die Zahl der getöteten Menschen nie mehr so hoch wie im März und April 2022 gewesen – und das ohne akute bewaffnete Auseinandersetzung.
Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) und gemäß Zahlen von Amnesty International töteten die israelischen Streitkräfte zwischen dem 21. Juni 2021 und dem 11. Mai 2022 mindestens 79 Palästinenser:innen, darunter 14 Kinder.
Im März 2022 töteten israelische Streitkräfte zwölf Palästinenser:innen, darunter drei Kinder. Ein weiterer Palästinenser wurde von einem israelischen Siedler getötet. Im April 2022 brachten israelische Streitkräfte laut AI mindestens 22 Palästinenser:innen um, darunter drei Kinder. Seit dem 22. März töteten bewaffnete palästinensische Einzeltäter 18 Menschen in israelischen Städten.
Die gewaltsame Tod der bekannten Journalistin Shirin Abu Akleh (Telepolis berichtet darüber) ist ein erschreckender Hinweis auf das tödliche System, mit dem Israel die Palästinenser:innen unterdrückt und beherrscht. Israelische Streitkräfte töten Palästinenser:innen ungestraft. Wie viele Palästinenser:innen müssen noch sterben, bis die internationale Gemeinschaft handelt und Israel für die anhaltenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Rechenschaft zieht?,
fragt Saleh Higazi, stellvertretender Direktor von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika.
Menschenrechtsorganisatoren kritisieren darüber hinaus das brutale Vorgehen der israelischen Polizei gegen muslimische Gläubige während des Ramadan von April bis zum 8. Mai. Augenzeugen zufolge zielte die Polizei beim Abfeuern der Gummigeschosse auf Oberkörper, einschließlich Gesicht, Rücken und Brust. Sie hätten auch auf Journalist:innen, Sanitätspersonen, Frauen, ältere Menschen und Behinderte gezielt.