Aktivisten blockieren zeitweise Rüstungsproduktion in Kassel

Blockade-Aktion am Freitagmorgen in Kassel.

Breitenwirkung? Sie hängt davon ab, ob der Antimilitarismus in die soziale Bewegung integriert werden kann, die gegen Inflation und Energiearmut auf die Straße gehen will.

Antimilitarismus heißt Frühaufstehen. Bereits früh um 4 Uhr früh machten sich am Freitagmorgen Antimilitaristen auf dem Weg aus dem Rheinmetall-Entwaffnen-Camp in Kassel-Wilhelmshöhe zu den Krauss-Maffei-Werken in einem anderen Kasseler Stadtteil.

Dabei blockierten sie zwei Tore der Rüstungsschmiede, sodass die Frühschicht gar nicht erst mit der Arbeit beginnen konnte. So war zumindest für einige Stunden die Rüstungsproduktion in dem Werk lahmgelegt. Die Polizei reagierte mit einem Pfefferspray-Einsatz. Trotzdem zogen die Antimilitaristen am Ende ein positives Fazit ihrer Aktion.

"Unser Ziel war es, die Waffenproduktion lahmzulegen – und das haben wir geschafft!", sagte Gerd Sauer vom Bündnis "Rheinmetall entwaffnen": "Wir haben uns heute früh auf die Beine gemacht, um uns direkt an jene zu adressieren, die als alleiniger Gewinner aus der Spirale von Aufrüstung und Tod hervorgehen: die Rüstungskonzerne!".

Nun sollten sich die Aktivisten nicht am eigenen Erfolg zu sehr berauschen. Ein kurzzeitiger Produktionsausfall ist noch kein Lahmlegen der Rüstungsproduktion. Aber die Aktion in Kassel ist beachtenswert.

Die Stärke der Aktion liegt in einem Umstand, der in der Pressemitteilung leider gar nicht erwähnt wird: Mit der Aktion schließen jetzt auch in Deutschland Antimilitaristen an eine Serie von Blockaden von Rüstungsgütern an, die seit dem Ukrainekrieg die in vielen Staaten gelaufen sind.

In Belorussland, Russland und der Ukraine gab es Sabotageaktionen gegen die Logistik von Rüstungsgütern und Soldaten. Aufseiten der Nato-Staaten streikten im März und April in Griechenland und Italien linke Basisgewerkschaften gegen Waffentransporte in die Ukraine.

Damit wurden diese Transporte für mehrere Stunden behindert. Auch hier war interessant, dass sich die Organisationsversuche nicht auf die Rüstungsproduktion, sondern auf die Logistik konzentriert haben. Auch in Deutschland gab es in der Vergangenheit bereits Blockaden von Munitionstransporten, die sich aber nicht verstetigt hatten.

Über die alte Friedensbewegung hinaus

Die kurzzeitige Blockade der Kasseler Rüstungsschmiede hat so auch hierzulande die Frage auf die Agenda gesetzt, wie gegen Aufrüstung und Militarismus gekämpft werden kann.

Für das Bündnis Rheinmetall Entwaffnen war klar, dass man über die Aktionsformen der alten Friedensbewegung hinausgehen und konkret Rüstungsproduktion oder Logistik lahmlegen müsse.

Das Verhältnis zwischen den verschiedenen Strömungen des Antimilitarismus ist relativ entspannt, was sich auch in Kassel zeigte. Vertreter des Kasseler Friedensforums haben auf einer eigenen Kundgebung in der Kasseler Innenstadt für Abrüstung demonstriert.

Ganz in der Nähe beteiligten sich Teilnehmer des Rheinmetall-Entwaffnen-Camps an einem "antifaschistischen Stadtrundgang" durch die Innenstadt von Kassel. Geleitet hat den Spaziergang Ulrich Schneider, der seit Jahren in der Kasseler Friedensbewegung aktiv ist.

Bündnisse wie "Rheinmetall Entwaffnen" haben auch in der Vergangenheit immer wieder mit Gruppen der alten Friedensbewegung kooperiert, haben sich aber zum Ziel gesetzt, eine antimilitaristische Bewegung auf der Höhe der Zeit zu etablieren, die konkret Militarismus und Kriegsvorbereitungen behindern will. Das zumindest ist am Freitag für kurze Zeit gelungen.